Nationalmannschaft:Löw zürnt

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Nicht-WM-Teilnehmer der beim Pokalfinale zwischen Russland-Fahrern zunächst auf der Bayern-Bank Platz nehmen darf: Sandro Wagner. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Der Bundestrainer wirft dem zurückgetretenen Sandro Wagner in ungewohnt harten Worten vor, Mitspieler als "Vollidioten" zu verunglimpfen.

Von Javier Cáceres, Berlin

Bundestrainer Joachim Löw speiste am Freitagmittag in einem der besseren Lokale in Berlin-Mitte - das Gefühl, etwas sattzuhaben, verspürte er schon vorher. Denn dass Sandro Wagner, Stürmer des FC Bayern, seinen mit großem Getöse vollzogenen Rücktritt aus der Nationalelf mit der Bemerkung garniert hatte, er passe mit dem DFB-Trainerteam wohl nicht zusammen, weil er "die Art" habe, die Dinge "immer offen, ehrlich und direkt anzusprechen", das machte Löw auf ungekannte Art wütend.

Bei allem Verständnis für Wagners Enttäuschung darüber, nicht für die am 14. Juni beginnende WM nominiert worden zu sein, sagte Löw: "Ich empfinde es als Kritik gegenüber seinen Kollegen, die auch spielen. Er stellt manche dar, die bei uns schon ewig spielen, die zu den Führungsspielern gehören, als wären sie ausgemachte Vollidioten", grollte Löw beim TV-Sender Sky: "Als ob sie nur deswegen bei uns sind, weil sie nicht ihre Meinung sagen ..." Und: "Er sagt, dass andere ihren Mund nicht aufmachen. Was sollen Jérôme Boateng oder Mats Hummels da denken? Das ist ja völlig hanebüchen."

Auch von Vertretern des FC Bayern wurde Wagner gerüffelt. "So böse hätte er jetzt nicht unbedingt reagieren müssen", sagte Klubchef Uli Hoeneß. Auch nach Ansicht von Trainer Jupp Heynckes hat Wagner "voreilig emotional reagiert".

Am Samstag soll Wagner beim Pokalfinale gegen Eintracht Frankfurt zunächst auf der Ersatzbank Platz nehmen - ganz in der Nähe eines Spielers, der am Freitag erstmals seit seinem letzten Mittelfußbruch vor acht Monaten wieder zum Kader zählte: Torwart Manuel Neuer. Spekulationen über eine mögliche Neuer-Aufstellung in der Startelf erteilte Heynckes aber eine Absage - es spielt Sven Ulreich.

Über eine mögliche Einwechslung von Neuer bei deutlicher Führung wollte Heynckes auch nicht reden: "Ich habe keinen Plan mit Manuel. Ich habe einen Matchplan." Dass Neuer auf dem Weg zu alter Stärke sei, bestätigte Heynckes jedoch mit eindrücklichen Worten: "Ich denke, dass er zur WM nicht nur fit, sondern ein großer Rückhalt für die Mannschaft sein wird." Dass Heynckes im Indikativ und nicht im Konjunktiv sprach, dürfte vor allem Neuers möglichen Vertreter im DFB-Tor, Marc-André ter Stegen vom FC Barcelona, beunruhigen.

Der Bayern-Trainer lieferte zudem aktuelle Beobachtungen: Es sei "sehr" erfreulich, wie Neuer sich präsentiere, er habe "überhaupt keine Beschwerden" mehr und sei physisch "super" präpariert. Heynckes berichtete, er habe Neuer im Kraftraum beobachtet und gestaunt, wie sehr sich der Torwart - "obwohl er sehr vorsichtig sein musste", um die Verletzung nicht wieder aufbrechen zu lassen - immer wieder gesagt habe: "Ich schaffe das." Fast noch beeindruckender sei aber, wie Neuer wieder im Mannschaftstraining wirke: "Er hat eine Präsenz im Tor, eine Autorität, das ist fast mit niemandem zu vergleichen. Ich denke, dass er sich relativ gut in den Wettkampfmodus einfügen kann, dafür spricht seine Klasse und sein Talent." Deshalb, so Heynckes: "Die Nation kann ganz beruhigt sein."

© SZ vom 19.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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