1860 München:Weiter Ball in die Schwachstelle

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Die Löwen geraten gegen Fürth leichtfertig in Rückstand, rennen an - und verlieren 0:1. Der Trainer erkennt immerhin eine Verbesserung gegenüber dem Auftritt in Karlsruhe.

Von Markus Schäflein

Der Mann des Tages beim TSV 1860 München breitete die Arme aus und lief jubelnd über den Platz. In der siebten Minute hatte er zum 1:0 für seine Mannschaft getroffen, in der 13. Minute das 2:0 nachgelegt und damit den Weg zum 4:0-Sieg geebnet. Es soll nun niemand mehr behaupten, dass der frühere 1860-Sportdirektor Gerhard Poschner keinen Weitblick bewiesen habe, als er einst den Stürmer Bobby Wood wegschickte: Der frühere Löwe trug mit seinen Treffern für Union Berlin entscheidend dazu bei, dass der Tabellenvorletzte SC Paderborn sein Heimspiel gegen die Berliner 0:4 verlor. So bleiben die Münchner trotz ihrer zeitgleichen 0:1-Heimniederlage gegen die SpVgg Greuther Fürth immerhin auf dem Abstiegs-Relegationsplatz.

Das einzige Tor des Abends in der Fröttmaninger Arena fiel schon nach 105 Sekunden: Sechzigs Ersatz-Linksverteidiger Sertan Yegenoglu war nicht auf dem Posten, nach einem weiten Schlag flitzte Veton Berisha ganz allein auf der rechten Seite entlang und flankte, Robert Zulj traf zum 1:0 für die Fürther. "Wir hatten eine Schwachstelle ausgemacht, das ging genau auf", erklärte Fürths Trainer Stefan Ruthenbeck mit Blick auf die linke Abwehrseite, während sein Kollege Benno Möhlmann bedient war, dass schon das Anspiel auf Berisha nicht verhindert worden war: "Wir haben da sehr leichtfertig einen langen Ball zugelassen, der vollendet wurde", sagte Möhlmann, "wir haben es leider nicht geschafft, dass wir sofort griffig und wach im Spiel waren."

Pas de deux auf unorthodoxe Art: Paderborns Niko Gießelmann (rechts) und Torwart Stefan Ortega von den Münchner Löwen bei einem Duell am Freitagabend. (Foto: Adam Pretty/Getty )

Nach dem Tor entwickelte sich ein irrwitziger Schlagabtausch, denn die Löwen griffen mutig und weiterhin enorm risikoreich an, die Fürther konterten zielstrebig. Fürths Torwart Sebastian Mielitz verhinderte auf der Gegenseite den Ausgleich mit einer Parade gegen Sascha Mölders (5.). Für die Fürther spielte dann Sebastian Freis einen Steilpass, Niko Gießelmann lief aus Tor zu, 1860-Keeper Stefan Ortega schoss beim Klärungsversuch den Fürther an, der Pressschlag kullerte am Tor vorbei (8.). Und nur zwei Minuten später verpasste Ante Vukusic eine Hereingabe von Berisha nur ganz knapp, als Yegenoglu auf seiner linken Seite einmal mehr nicht gut aussah (9.). In der 17. Minute herrschte erneut Durcheinander im Münchner Strafraum, als Ortega auch noch den Ball verpasst hatte, klärte Christopher Schindler einen Kopfball von Vukusic auf der Linie (18.).

"Bei uns hat gar nix gepasst", sagt Fürths Trainer Ruthenbeck

Nach der aufregenden Anfangsphase wurden die Fürther defensiver, Sechzig übernahm die Spielkontrolle, ohne allerdings zwingend zu werden. Ein Drehschuss von Michael Liendl ging über die Querlatte (28.), ein abgefälschter Schuss von Mölders flog am Tor vorbei (30.), auch Kagelmachers Versuch war etwas zu hoch geraten (38.). So ging es mit 6:0 Ecken und 0:1 Toren aus Sicht des TSV 1860 in die Pause - in einem Spiel, das schon 2:1, aber auch schon 0:3 hätte stehen können.

Siegtorschütze Robert Zulj. (Foto: Peter Kneffel/dpa )

Wer den ersten Durchgang schon kurios fand, wurde auch vom zweiten überrascht. Der Abstiegskandidat drängte Fürth fast über die gesamte Spielzeit in die eigene Hälfte, die SpVgg kam kaum mehr zu Entlastung. "In der zweiten Hälfte war es ein ganz schwaches Spiel von uns, wir hatten keine Ballbesitzphasen, keine Konter, da hat gar nix gepasst", sagte Ruthenbeck. Umso erschreckender durfte man es finden, dass die Löwen Torgefahr fast nur mit Distanzschüssen zu erzeugen vermochten. Liendl schoss knapp am linken Pfosten vorbei (49.), Daylon Claasens Versuch ging übers Tor (53.), SpVgg-Torwart Mielitz parierte einen Freistoß von Levent Aycicek (56.). Beim einzigen guten Fürther Konter setzte Sebastian Freis einen Schlenzer am entfernten Pfosten vorbei (68.). Die beste Chance zum Ausgleich hatte dann Romuald Lacazette, dessen Kopfball an die Querlatte ging (73.). Der Ausgleich wäre selbstredend längst verdient gewesen. "Das Ergebnis steht auch noch morgen, das ist leider so. Aber wir haben heute läuferisch und kämpferisch das gezeigt, was nötig ist", stellte Möhlmann fest - und das war schon ein gewaltiger Fortschritt gegenüber dem 1:3 in Karlsruhe.

Möhlmann schien, im Rückblick auf das KSC-Spiel, wahrlich angesäuert gewesen zu sein über die blutleere Vorstellung seines mutmaßlichen Torjägers Rubin Okotie. Gegen Fürth wechselte er jedenfalls zuerst Maximilian Beister (65. für Aycicek) und den genesenen Daniel Adlung (73. für Kai Bülow) ein, ehe er sich doch noch erbarmte und Okotie in der 78. Minute auf den Platz schickte. Vier Minuten später verpasste der Österreicher einen Freistoß von Liendl ganz knapp, in der Nachspielzeit gab es eine letzte Ecke für Sechzig, Ortega rückte mit auf, es brachte auch nichts. 12:0 lautete am Ende das Eckenverhältnis für Sechzig. "Wir wollten die Standards verhindern - da ist dann nicht viel aufgegangen bei der Idee", lästerte Ruthenbeck. Er tut sich leicht, lockere Sprüche zu machen: Seine Mannschaft hat mit dem Sieg in München die 40-Punkte-Marke erreicht. Die Löwen hingegen können sich bei Bobby Wood bedanken, dass sie mit 25 Zählern noch Sechzehnter sind.

© SZ vom 09.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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