1860 München:Unheimlicher Ausflug

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Die Löwen beweisen auch beim Zweitliga-Tabellenführer RB Leipzig ihre neuen Qualitäten, verlieren aber nach einer Leipziger Drangphase doch noch 1:2.

Von Markus Schäflein

Der TSV 1860 München hatte sich vor der Partie beim Tabellenführer RB Leipzig nicht zu Unrecht als aussichtsreicher Außenseiter gefühlt. Erstens flog der jordanische Investor Hasan Ismaik ein, der den Löwen zuletzt stets Glück brachte. Zweitens hatte in der vergangenen Woche eine Grippewelle die Leipziger heimgesucht, vier Spieler konnten nicht mitwirken, und auch Stürmer Davie Selke saß nach einer Erkältung auf der Bank. Und drittens hatten die Löwen bei den drei Siegen in Serie, die ihnen zuvor gelungen waren, ja eine Menge neue Qualitäten für den Abstiegskampf gezeigt, gute Ordnung, großen Willen, starke Standardsituationen, Torgefahr. Sie machten es den Leipziger dann tatsächlich sehr schwer, gingen durch Sascha Mölders sogar kurz nach der Halbzeit in Führung - doch am Ende stand eine 1:2-Niederlage zu Buche. "Ich denke, einen Punkt hätten wir verdient gehabt", sagte Mölders.

Wenngleich in Dominik Stahl, Kai Bülow und Goran Sukalo gleich drei etatmäßige Sechser ausfielen und das defensive Mittelfeld mit den Jungspunden Romuald Lacazette und Milos Degenek besetzt war, überzeugten die Sechziger in der ersten Spielhälfte. Sie ließen nur wenige Chancen der Leipziger zu und kamen ihrerseits zu guten Möglichkeiten. Glück hatten sie bei einem Distanzschuss von Diego Demme (17.) und einem Kopfball von Willi Orban (33.), die jeweils an der Querlatte landeten; Pech hingegen nach 28 Minuten, als Sascha Mölders RB-Torwart Peter Gulacsi unter Druck setzte; der Versuch eines Abschlags prallte erst an Mölders ab und anschließend am Torpfosten.

Nach einem weiten Schlag setzt sich Mölders wuchtig durch

Fünf Minuten nach der Pause gelang dem Angreifer dann doch die Führung für den Tabellen-15.; nach einem weiten Schlag von Levent Aycicek setzte er sich gewohnt wuchtig gegen RB-Verteidiger Marvin Compper durch. Nun war allerdings schnell zu spüren, dass sich die Leipziger das nicht bieten lassen wollten. Sie waren ohnehin angesäuert, weil ihnen Schiedsrichter Robert Kampka nach einem deutlichen Handspiel von Gary Kagelmacher im Strafraum kurz vor Mölders' Treffer einen Elfmeter verwehrt hatte. Das Spiel änderte sich, es wurde plötzlich schnell und raffiniert, schneller und raffinierter als üblich in der zweiten Liga, und zu schnell und zu raffiniert für die Münchner.

Das lag maßgeblich an der Einwechslung von Angreifer Selke. Die Chancen häuften sich: Ein Kopfball von Orban verfehlte das Tor knapp (58.), Selke scheiterte nach einer Ecke an 1860-Torwart Stefan Ortega (60.), einen Schuss von Emil Forsberg lenkte Gary Kagelmacher zur Ecke (61.). In der 64. Minute fiel dann der erwartbare Ausgleich. Bruno setzte bei einem Freistoß den am linken Strafraumeck wartenden Compper ein, dessen Flanke Selke per Kopf aus elf Metern ins rechte untere Toreck beförderte. Auch 1860-Trainer Möhlmann blieb nichts anderes übrig, als zu loben: "Vor allem nach dem 0:1 haben die Leipziger eine unheimliche Power auf den Platz gebracht, daher war ihr Sieg absolut verdient." Für diesen sorgte Demme, dem in der 77. Minute ein Lupfer auf Lukas Klostermann gelang; der Verteidiger sorgte aus spitzem Winkel, aber ungedeckt, für den Siegtreffer. "Das war ein genialer Ball von Diego. Der ist dann schwer zu verteidigen", sagte RB-Trainer Ralf Rangnick, der angesichts von weiterhin sechs Punkten Vorsprung auf dem Relegationsplatz in jeder Hinsicht in Jubelstimmung war: "Ich bin stolz darauf, was die Jungs in der zweiten Halbzeit gemacht und dass sie das noch gezogen haben. Sie haben eine super Reaktion gezeigt", fand er. "Das war ein hartes Stück Arbeit nach den täglichen Ausfallmeldungen im Laufe der Woche." Nicht nur die Leipziger zollten den tapferen Sechzigern Respekt, sondern auch Gesellschafter Ismaik. "Ich bin stolz auf diese Leistung", teilte er bei Facebook mit. "Wir werden von Spiel zu Spiel stärker."

"Wir haben zumindest gezeigt, dass wir hier was wollten."

Die Löwen durften sich für ihre Leistung loben lassen, hatten sich insgeheim aber mehr erhofft gehabt. Das gerade mal um zwei Treffer bessere Torverhältnis trennt sie von Fortuna Düsseldorf auf dem Abstiegs-Relegationsrang, und sie müssen sich darauf einstellen, dass der harte Abstiegskampf noch länger weitergeht. Denn die Konkurrenz reagiert, der Vorletzte Paderborn gewann am Freitag mit dem neuen Trainer René Müller beim FC St. Pauli und schob sich bis auf einen Zähler heran, und die Düsseldorfer entließen am Sonntag ihren Übungsleiter, den früher in Giesing tätigen Marco Kurz. Möhlmann blickt jedoch lieber auf sein Team, das ihm Mut macht: "Wir haben zumindest gezeigt, dass wir hier was wollten und die Mannschaft insgesamt funktioniert", stellte er fest. Das soll am Sonntag zu einem Heimsieg reichen. Dann kommen die Bielefelder nach Fröttmaning, die an Schnelligkeit und Raffinesse eher das übliche Maß aufbringen.

© SZ vom 14.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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