1860 München:Ismaiks Vorstoß läuft ins Leere

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Trotz des Versprechens, ein Stadion zu bauen, lehnen die Fans den Investor ab.

Von Markus Schäflein, München

Am Freitagabend hatte der jordanische Gesellschafter Hasan Ismaik vor ausgewählten Fans in einem Landgasthof seine neuesten Pläne für den Fußball-Zweitligisten TSV 1860 München präsentiert: Ein Stadion im Stadtteil Riem wolle er bauen, für 52 000 Zuschauer, nebst angeschlossenem Zoo mit echten Löwen, die er aus seiner Löwenfarm in Kenia nach München bringen werde. Jedes Tier werde den Namen eines verdienten Spielers tragen. Zudem, forderte Ismaik, müssten dringend die beiden Geschäftsführer entlassen werden, Markus Rejek und Noor Basha, der Ismaiks Cousin ist. "Die Investition gilt, egal ob zweite, dritte oder vierte Liga! Gefällt Euch die Idee?", fragte Ismaik die Fans, Raunen ging durch den Saal, einige Anhänger klatschten verhalten Beifall.

Vor dem Spiel gegen Bochum am Sonntag (1:1) äußerte sich 1860-Präsident Peter Cassalette zu Ismaiks Forderung, Rejek und Basha zu entlassen - mitten im Lizenzierungsverfahren für die kommende Saison. "Grundsätzlich lassen wir uns nicht von außen diktieren, welche Geschäftsführer wir bestellen oder entlassen", sagte er, was grundsätzlich eine notwendige Aussage ist angesichts der 50+1-Regel der Deutschen Fußball-Liga. Ismaik halte aber ja 60 Prozent der Anteile (wenngleich nur 49 Prozent stimmberechtigte; d. Red.), also gelte es, seine Meinung zu respektieren. "Wir brauchen ja einen Geschäftsführer", sagte Cassalette, "vielleicht finden wir einen Kompromiss." Am Sonntagabend wollte er sich mit Ismaik treffen, um "die Kuh vom Eis zu bekommen".

Viele Fans des TSV 1860 München zeigten am Sonntag beim Heimspiel gegen Bochum mit Zetteln, auf denen eine durchgestrichene Illustration des jordanischen Gesellschafters Hasan Ismaik zu sehen war, was sie sich wünschen. (Foto: Tobias Hase/dpa)

Zuvor kam der Investor zu dem Heimspiel, und die Anhänger im Fanblock reagierten etwas anders auf Ismaiks neuesten Auftritt als das mit Freibier und Datteln beschenkte Auditorium in der Dorfgaststätte. "Hasan verpiss dich!!!", stand auf einem großen Banner der Ultras, auf Hunderten von kleinen Plakaten war Ismaiks durchgestrichenes Konterfei zu sehen nebst der Aufschrift "Not welcome", die Anhänger riefen "Hasan raus!"

Die Mannschaft wirkte wenig beeindruckt vom Chaos drumherum. Im Kampf um den Klassenverbleib verordnete Trainer Benno Möhlmann seinem Team diesmal ein defensiveres System mit zwei Sechsern und Rubin Okotie als einziger Spitze. Der Plan ging zunächst auf, Bochum dominierte die Partie, ohne zu größeren Chancen zu kommen, und Okotie brachte die Löwen nach einem Eckball in Führung (36.). Kurz vor der Pause allerdings trudelte ein von Christopher Schindler abgefälschter Schuss von Marco Terrazzino via Innenpfosten zum 1:1 ins Tor. "Wir haben heute versucht, kompakt zu stehen, wenig zuzulassen, das ist uns relativ gut gelungen. Der Ausgleich war dann ein Schlag ins Gesicht", sagte Okotie, "mit der Führung in die Pause zu gehen, hätte uns viel Selbstvertrauen gebracht."

Im zweiten Durchgang hatten beide Mannschaften noch die Gelegenheit zum Sieg: Bochums Arvydas Novikovas vergab einen Elfmeter nach Foul von Dominik Stahl an Jannik Haberer (62.); er scheiterte an 1860-Torwart Stefan Ortega. Und auf der Gegenseite traf Kai Bülow das Lattenkreuz (86.). "Wir sind wieder in der Spur", fand Möhlmann, aber das Remis bringt Sechzig nicht näher an den Relegationsplatz, weil der SC Paderborn in Bielefeld ebenfalls 1:1 spielte.

Treffen auf der Tribüne: Investor Hasan Ismaik (rechts) im Gespräch mit Vereinspräsident Peter Cassalette. (Foto: Tobias Hase/dpa)

15 Zähler aus 22 Spielen und der vorletzte Platz stehen für 1860 zu Buche, und Rejek, der bei Ismaik in Ungnade gefallene Geschäftsführer, äußerte eine bittere Wahrheit: "Ich kenne keinen Verein der Welt, der jemals wegen einer Entlassung oder einem Rücktritt des kaufmännischen Geschäftsführers zu mehr Punkten in der Tabelle gekommen wäre." Daher dachte er auch nicht daran, freiwillig hinzuwerfen, sondern wollte die Entscheidung der Vereinsvertreter abwarten. Ismaiks Attacke kritisierte er scharf: "Ich finde, dass er da eine Grenze überschritten hat. Ich lasse mich gerne an meinen Leistungen messen. Aber nur in Bereichen, die in meine Zuständigkeiten fallen. Und ich verantworte nicht den Sport." Auch mit dem Vorwurf, die Personalkosten auf der Geschäftsstelle seien zu hoch, könne er nichts anfangen: "Das halte ich für populistisch. Wir bewegen uns bei den Gehältern in der Verwaltung weit unter dem Ligadurchschnitt."

Wenn es sich bei Ismaiks Aussagen um Populismus handelte, hatte er das Volk damit nicht erreicht - zumindest nicht das Volk im Fanblock. Jetzt wird spannend, wie er auf die Proteste reagiert. Der Gesellschafter hatte am Freitagabend behauptet, negative Kommentare auf seiner Facebook-Seite kämen von "Menschen, die lügen". Dass ihn so viele Menschen nicht mehr bei 1860 haben wollen, dürfte ihn überrascht haben.

© SZ vom 22.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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