1860 München:Hübsch auf Platz 15

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Aufs falsche Tor geköpft: Sechzigs Christian Gytkjaer (am Ball) besiegelt mit seinem Eigentor die Niederlage. (Foto: imago/Thomas Frey)

Der TSV 1860 München spielt schönen Fußball, aber verliert erneut. Einige Spieler wirken verunsichert ob ihrer Zukunft.

Von Markus Schäflein

Der TSV 1860 München hatte mal wieder "einen guten Ball" gespielt, wie Michael Liendl meinte - eine schöne Spielanlage gezeigt also beim 0:1 (0:0) in Kaiserslautern. Und wenn der österreichische Feinfuß aus dem zentralen Mittelfeld das meint, wird es schon stimmen. Seit der portugiesische Trainer Vitor Pereira im Winter übernommen hat, seit drei Winterzugänge aus seiner Heimat in jeder Startaufstellung stehen, seit das 3-4-3-System in exzessiven Geheimtrainings einstudiert wird, sieht es ja tatsächlich viel hübscher aus, wie die Löwen kicken. Die Frage seit dem 0:1 am Freitagabend ist nur, ob das im Abstiegskampf der zweiten Bundesliga eine gute Nachricht ist. Oder vielleicht eine beunruhigende. Jedenfalls punkteten in schöner Regelmäßigkeit immer die Konkurrenten, die hässlich spielten.

Noch vier Spieltage, Platz 15: Das vom jordanischen Investor Hasan Ismaik gewollte und mit weiteren Darlehen finanzierte Portugal-Experiment droht zu scheitern. Was in der dritten Liga passieren würde, mit Ismaik, mit Pereira, mit dem neuen Geschäftsführer Ian Ayre, der eigens aus Liverpool kam - all dies weiß keiner. Man muss davon ausgehen, dass sich klubintern auch nie jemand damit beschäftigt hat. Viel zu groß erschien die Qualität des Kaders, der nach Stuttgart und Hannover der drittteuerste der Liga sein dürfte.

Pereira muss nun versuchen, das Schlimmste zu verhindern. Er versucht trotzig, den Spielern Mut einzureden. "Ich kann meine Mannschaft nur beglückwünschen zu ihrer Leistung", übersetzte der Übersetzer, und die Menschen im Presseraum des 1. FC Kaiserslautern staunten. "Ich beglückwünsche meine Mannschaft auch, denn die Punkte bleiben hier", entgegnete ihm daraufhin Kaiserslauterns Trainer Norbert Meier, der mit Pereiras Ausführungen zur kompletten Dominanz der Löwen offenkundig nichts anfangen konnte.

Meier konnte allerdings nicht einmal behaupten, dass seine spielerisch deutlich schlechtere Mannschaft wenigstens kämpferisch besser gewesen wäre - davon war nämlich auch nichts zu sehen gewesen. Dabei gäbe es ja genügend Gründe, zu vermuten, dass es den Sechzigern an Einstellung mangelt. Im kommenden Jahr, so war es von Ismaik vorgesehen, sollen sie den Aufstieg in die erste Liga anpeilen, statt den Abstieg in die dritte zu verhindern. Dabei haben die Verantwortlichen nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie auf einen Großteil des bestehenden Kaders verzichten werden, sofern es die Vertragssituation zulässt.

Selbst Kai Bülow, der Relegationsheld und zuletzt Torschütze gegen Sandhausen, sowie Standardschütze Liendl und Romuald Lacazette, die in der Startformation das zentrale Mittelfeld bilden, sind davon betroffen. Dazu kommen Leihspieler wie Lumor, Marnon Busch und Abdoulaye Ba. Die erfahrenen Zweitliga-Recken im Kader wie Daniel Adlung, Jan Mauersberger und Sascha Mölders empfindet Pereira wohl als zu schlecht, die kreativen Zugänge nach Gusto von Ismaik wie Frank Boya und Ribamar aber auch.

"In Schönheit sterben nützt nichts", sagt Michael Liendl

Unsichere Zukunft, selbst bei Klassenverbleib - förderlich ist diese Situation nicht. Symptomatisch war eine Szene kurz vor dem Gegentor, als sich Lumor den Ball zu weit vorlegte, so dass FCK-Torhüter Julian Pollersbeck noch zuschnappen konnte. "Wir müssen im letzten Drittel konsequenter sein", klagte hinterher der Österreicher Liendl, "wenn die letzte Konzentration bei der Ballannahme fehlt, vergibst du die Chancen."

Ismaik glaubt weiter an seinen Wunschtrainer, Pereira glaubt weiter an sein System und seine Stammelf. Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren wird es diesmal wohl keine einschneidenden Änderungen geben, um eine Trendwende herbeizuführen - das ist mal was Neues bei Sechzig. Nur die Spielweise, die sollten sie vielleicht doch mal überdenken - Liendl sagt: "Wir brauchen nicht immer wieder zu betonen, dass wir genug Qualität haben, sondern müssen unbedingt Spiele gewinnen. In Schönheit sterben nützt nichts."

© SZ vom 24.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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