1860 München:Der Abend des schüchternen Torjägers

Lesezeit: 2 min

Nach zwei torlosen Partien zeigt der TSV 1860 beim 4:0 im Toto-Pokal gegen Unterföhring die erhoffte Reaktion. Alle Treffer erzielt Angreifer Nico Karger.

Von Christoph Leischwitz

Nico Karger hatte am Dienstagabend eigentlich nur ein einziges Problem: Es blieb ihm verwehrt, sich bei seinen Mitspielern zu bedanken. Zwei Mal, in der 27. Minute und der 42. Minute, wollte der 24-jährige Angreifer bei einem Konter auf den mitgelaufenen Mitspieler querlegen, beide Male stellte er sich nicht gerade souverän an. Das störte aber niemanden beim TSV 1860 München, denn da war Karger schon ein Hattrick gelungen im Toto-Pokal-Achtelfinale gegen den Liga-Konkurrenten FC Unterföhring. Als er nach der Pause einem Mitspieler ein Tor aufzulegen versuchte, traf der freistehende Nicholas Helmbrecht nur den Innenpfosten. Den Abstauber? Drosch Karger zum 4:0 ins Netz. Danach wurde der Mann des Abends ausgewechselt, er blieb trotz drückender Überlegenheit der einzige Torschütze. "Das letzte Mal in der E-Jugend", sagte er später über seine vier Tore.

"Ich habe Nico vorher gesagt, er muss mehr überzeugt sein von sich"

Man fahre "nicht zur Gaudi" ins Grünwalder Stadion, hatte Unterföhrings Trainer Thomas Seethaler vor dem Spiel beim Favoriten gesagt, und in gewisser Weise sollte er Recht behalten - es wurde ein gänzlich gaudifreier Abend für den noch sieglosen Regionalliga-Aufsteiger, der komplett chancenlos blieb. Wohl auch, weil wichtige Spieler fehlten: Der defensive Mittelfeldspieler Martin Büchel etwa spielte am Dienstagabend fast zeitgleich mit Liechtenstein in der WM-Qualifikation gegen Spanien. Sechzig hingegen zeigte nach zwei torlosen Partien eine energische Leistung. "Das war schon sehr ordentlich heute", fand Trainer Daniel Bierofka.

Schon nach wenigen Sekunden hätte Unterföhrings Torwart Daniel Sturm beinahe das erste Tor verschuldet, als er bei einem Befreiungsschlag Markus Ziereis anschoss, danach aber mit einem Hechtsprung noch zur Ecke klären konnte. Das erste Tor der Sechziger ließ aber trotzdem nicht lange auf sich warten: Karger traf in der zweiten Spielminute mit einem Schlenzer ins ferne Eck. Angreifer-Kollege Ziereis erledigte viel Laufarbeit und legte dann die nächsten beiden Karger-Tore uneigennützig auf (14., 23.). "Jan Mauersberger hat vor dem Spiel zu mir gesagt: ,Das letzte Mal den Torabschluss gesucht hast du doch in Memmingen'", erzählte Karger später - am ersten Regionalliga-Spieltag also. Auch Trainer Bierofka hatte sich den Angreifer zur Brust genommen: "Ich habe Nico vorher gesagt, er muss mehr überzeugt sein von sich. Ich habe manchmal das Gefühl, dass er sich nicht wirklich viel zutraut." Umso froher sei er nun, sagte der Trainer.

Karger ging in der 66. Minute unter Standing Ovations vom Feld, es war der Höhepunkt eines aus Sechziger-Sicht stimmungsvollen Abends, auch wenn diesmal das Grünwalder Stadion erstmals seit der Rückkehr der ersten Mannschaft nicht mal annähernd ausverkauft war, 6900 Zuschauer waren gekommen. Für Karger kam der lange verletzte Benjamin Kindsvater in die Partie, wenige Sekunden später gab in Kodjovi Koussou ein anderer Rückkehrer sein Saisondebüt. Die besten Chancen der zweiten Halbzeit vergab Helmbrecht (62.).

"Wir haben die richtige Reaktion gezeigt", sagte Bierofka. Damit meinte er nicht nur die beiden vorigen Partien ohne Tore, sondern auch die Reaktion auf die Verletzung des fraglos wichtigsten Spielers Timo Gebhart, der mit einem Muskelbündelriss bis zu zwei Monate ausfallen wird. "Mit so vielen Spielen wird jeder in der Mannschaft gefragt sein", sagte der Coach, und der für Gebhart eingesetzte Ugur Türk habe seine Sache gut gemacht. Schwachstellen hatte das Spiel der Sechziger an diesem Abend nicht, was allerdings auch am Gegner lag. Nach dem 2:0 für die Gastgeber sei die "Taktik über den Haufen geworfen" gewesen, sagte Unterföhrings Trainer Thomas Seethaler, er sprach hernach sogar "fast von einem Klassenunterschied" gegen den Liga-Konkurrenten. Unterföhring spielt bereits am Freitag gegen 1860 Rosenheim, die Münchner Sechziger spielen in Garching. "Ein ganz anderes Spiel", weiß Bierofka. Unterföhring ist in der Liga Siebzehnter - Garching ist Sechster.

© SZ vom 06.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: