Motorsport:Terror besiegt Sport

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Wegen Drohungen von Terroristen und einer französischen Reisewarnung sagt der Veranstalter die 30. Rallye Paris-Dakar ab. Zum ersten Mal muss sich eine sportliche Großveranstaltung Gewalttätern beugen.

Islamistische Terroristen haben einen traurigen Sieg errungen: Zum ersten Mal in der Geschichte der Rallye Dakar haben die Veranstalter das Rennen in der Wüste aus Sicherheitsgründen abgesagt. Es ist das erste Mal in der Historie des internationalen Spitzensports, dass ein Großereignis wegen einer terroristischen Bedrohung ganz gestrichen wurde. Der Schreck über den Mord an vier französischen Touristen an Heiligabend in Mauretanien sitzt Veranstaltern und Teilnehmern tief in den Knochen.

Acht der 15 Etappen der Rallye Dakar sollten durch Mauretanien führen. (Foto: Foto: dpa)

"Es ist schlimm, dass Terroristen alles so beeinflussen, dass die freie Welt eben doch nicht so frei ist", sagte der Kölner Matthias Kahle, der 2006 bei der Dakar-Premiere von VW dabei war.

Es habe direkte Drohungen terroristischer Gruppen gegeben, teilte der Veranstalter Amaury Sport Organisation (A.S.O.) mit. "Die oberste Verantwortung ist, die Sicherheit aller zu gewährleisten", betonte die Organisation. Die Sicherheit bei der Rallye Dakar könne niemals Gegenstand von Kompromissen sein. Unmittelbar nach der Absage wurden erste Forderungen nach Schadenersatz laut. Die portugiesische Stadt Portimao, durch die der Motorsport-Klassiker in seiner 30. Auflage führen sollte, verlangte von der A.S.O. 1,5 Millionen Euro für entstandene Kosten zurück.

"Immense Frustration" in den Ländern

Die französische Regierung hatte mehrfach vor Reisen nach Mauretanien gewarnt. Das Sicherheitsrisiko gelte auch für die Rallye Dakar, betonte ein Regierungssprecher. Einen Tag vor dem geplanten Start zogen die Veranstalter die Notbremse. Eine Streichung der mauretanischen Strecke schien keine Lösung, denn acht von 15 Teilstrecken führen durch Mauretanien - und in der mauretanischen Sahara ist die Tour besonders anspruchsvoll.

A.S.O. sei sich der "immensen Frustration" in den beteiligten Ländern Portugal, Marokko, Mauretanien und Senegal bewusst, so die Organisatoren. "Die Rallye Dakar ist ein Symbol, und ein Symbol kann nichts zerstören. Die Absage der Auflage 2008 stellt in keiner Weise die Zukunft der Dakar in Frage", betonten die Veranstalter. 2009 solle allen Anhängern der Rallye "ein neues sportliches Abenteuer" geboten werden.

55 Tote in 29 Rennen

Seit 1978 begeistert die Wüsten-Rallye Abenteuer-Fans aus aller Welt. Der Franzose Thierry Sabine, der in der libyschen Wüste beinahe ums Leben gekommen wäre, gründete die Rallye. Die ursprüngliche Strecke führte von Paris nach Dakar, später variierte die Tour mehrfach. Es dürfen Autos, Motorräder und Lastwagen teilnehmen. Bei den bislang 29 Ausgaben kamen 55 Menschen ums Leben.

Vor sieben Jahren siegte Jutta Kleinschmidt im Mitsubishi Pajero als erste und bisher einzige Frau. Die 30. Auflage sollte 9273 Kilometer lang sein, 570 Teilnehmer, 60 mehr als 2007, waren angemeldet. Scharfe Kritik an der Absage übte die ehemalige DTM-Siegerin Ellen Lohr, die in diesem Jahr zum vierten Mal an der Wüsten-Rallye teilnehmen wollte: "Es war eine Fehlentscheidung der Organisation, sich der Regierung zu beugen. Wir hätten starten und wenigstens durch Marokko fahren sollen." Volkswagen wollte 2008 die Siegesserie von Mitsubishi beenden. Die Japaner haben siebenmal hintereinander und insgesamt zwölfmal das Rennen durch die afrikanische Wüste für sich entschieden.

Die Terrorgruppe im islamischen Maghreb ist im vergangenen Jahr aus der algerischen Gruppe GSPC hervorgegangen. Sie hatte sich unter anderem zu dem doppelten Selbstmordanschlag in Algier am 11. Dezember bekannt, bei dem nach offiziellen Angaben mehr als 40 Menschen getötet wurden, unter ihnen 17 UN-Mitarbeiter. Experten gehen von einer Nähe zum Al-Qaida-Terrornetz von Osama Bin Laden aus, da algerische Terroristen früher nie Selbstmordattentate verübten. Nach den Anschlägen vom Dezember hatten die Veranstalter der Rallye Dakar zunächst geplant, 3000 private Sicherheitskräfte einzusetzen, um die Tour zu ermöglichen.

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