Michael Hofmann:Nur noch 08/15

Lesezeit: 2 min

Die öffentliche Kritik an Kollegen und Transferpolitik seines Vereins hätte sich Michael Hofmann besser erspart: Jetzt muss der 1860-Torwart dafür die Konsequenzen tragen und beugt einem ähnlichen Ausrutscher mit einer ungewöhnlichen Eigenmaßnahme vor.

Von Gerald Kleffmann

Der Moment passte zum Konflikt. Vor dem Trainingsplatz stand Rudi Bommer, der redselige Trainer des TSV 1860, er fasste die Ereignisse zum Fall Michael Hofmann zusammen, während der Torwart im Hintergrund spektakulär über den Rasen hechtete. Hofmann ließ sich den Ball von Daniel Baier aus zwölf Metern hart auf den Körper schießen, die anderen Löwen-Profis waren bereits beim Duschen. Bußarbeit für seine Vereinskritik, ausgesprochen am Freitag nach dem 1:3 in Aue?

Bommer wiegelte ab. Noch gebe es keine Strafe, sagte er, darüber würden Präsident Karl Auer und Geschäftsführer Roland Kneißl befinden. Er, der Trainer, werde jede Entscheidung mittragen. Zudem, "Michael hat mich um ein Gespräch gebeten", sagte Bommer, "wir werden uns gleich unterhalten." Während des Trainings und auch jetzt, in diesem Moment, herrschte ein spürbarer Graben zwischen den beiden.

Nach dem Aue-Spiel hatte der Torwart dummerweise seine Meinung öffentlich hinausposaunt, die Transferpolitik sowie aktuelle Kollegen kritisiert. Hofmann ist manchmal so, offen und ehrlich. Er hat einige Freunde unter den Profis, die den Klub verlassen haben, Martin Stranzl etwa und Marco Kurz. Deshalb hat er losgepoltert, er vermisst sie.

Entschuldigung und Geldstrafe

Aus der Vereinsetage hört man, dass es für diese Meinung kein Verständnis gebe. "Wenn die so gut waren, warum sind wir dann abgestiegen?", sagte ein Offizieller schnippisch. Hofmann, dies kann ihm niemand vorwerfen, identifiziert sich mit 1860, "wenn ich etwas gegen den Verein hätte, hätte ich nicht ein Zeichen gesetzt und als Erster nach dem Abstieg den Vertrag verlängert", teilte er mit.

Für sich hat Hofmann einen Entschluss gefasst: "In Zukunft wird man von mir nur 08/15-Statements hören." Interviews nach einem Spiel wolle er keine mehr geben. Dass diese Affäre so schnell nicht ausgestanden ist, deutete Bommer an. Vor versammelter Mannschaft werde er in wenigen Tagen wegen Hofmann ein paar Dinge ansprechen, "auch Hofmann hat dann wohl etwas zu sagen", verriet Bommer gestern Nachmittag nach dem Gespräch der beiden. Klingt, als müsste sich der Torwart intern entschuldigen. Eine Geldstrafe, die 1860 inzwischen verordnet hat, hat Hofmann grummelnd akzeptiert. Es soll sich um eine niedrige vierstellige Summe handeln.

Bommer hat seine Ansprache im Fall Hofmann deshalb verschoben, weil einige Profis fehlen. Roman Tyce, der Kapitän, wurde für die Partie der tschechischen Nationalmannschaft gegen Europameister Griechenland (am Mittwoch in Prag) nominiert. Karlheinz Pflipsen hat eine Magengrippe, Pascal Ojigwe ist an der Kniescheibe angeschlagen, Jiayi Shao erkältet.

Christophe Lepoint spielt mit der belgischen U 21-Nationalelf in Kongsvinger gegen Norwegen, Denis Bushuev erhielt vom russischen Fußballverband eine Einladung für das Spiel der A2-Elf gegen Gastgeber Kasachstan. Lance Davids trifft mit Südafrika in Tunis auf Tunesien. Mit jenen Spielern, die anwesend waren, plant Bommer eine intensive Schulung in Sachen Defensivverhalten. "Wir werden Zweikämpfe üben, Dinge feilen, damit es nicht wieder heißt, die Abwehr sei schuld."

Beim 2:2 gegen Unterhaching und in Aue sah die Verteidigung nicht gut aus. Bommer weiß das, allerdings nahm er gestern leidenschaftlich seine Hintermannschaft in Schutz. Auch die anderen Spieler müssten sich endlich mehr in das Abwehrspiel einbringen, sagte er und blickte streng.

Bereits am Sonntag im DFB-Pokal hofft der Trainer auf erste Fortschritte, Bommer nimmt das Spiel gegen den Verbandsligisten Schöneiche sehr ernst. "Die Null muss hinten stehen", forderte er, "jeder muss hinter dem Ball her sein." Seine Profis sollten diesen Wunsch erfüllen, andernfalls könnte wieder ein Straftraining folgen. So wie vergangenen Samstagmorgen, als die Spieler nachts sprinten mussten.

© Süddeutsche Zeitung vom 17.8.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: