Meisterfeier des FC Bayern:Tatsächlich: Stimmung

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Feiernde Menschen, eine Schale - doch das Highlight ist die Brille. David Alaba bei der Meisterfeier des FC Bayern auf dem Rathausbalkon. (Foto: Pool/Reuters)

"Herzlich willkommen zum alljährlichen Klassentreffen": Der Meister feiert routiniert auf dem Rathausbalkon. Pep Guardiola erklärt noch mal seine Liebe zur Stadt - aber ist nicht der Party-Hauptdarsteller.

Von Gerhard Fischer, München

Torwart Manuel Neuer nahm die Meisterschale in die Hand und reckte sie so schnell in die Höhe, als müsse er einen Ball mit einem Reflex über die Latte lenken. Witzbold Thomas Müller zeigte erst die Rückseite der Schale, dann schwenkte er sie wie einen Cognac. Aber nicht Neuer und Müller hatten den lässigsten Auftritt, den hatte einer, der wenig machen muss, um cool zu wirken: Xabi Alonso, der große, alte Stratege. Alonso also schritt auf den Balkon des Rathauses, nahm die Schale und hob sie nonchalant mit einer Hand in die Höhe. Es war die majestätischste Tat bei der Meisterfeier des FC Bayern.

An diesem Pfingstsonntag hat der FC Bayern also mal wieder einen Meistertitel gefeiert, den 26. in seiner Geschichte und den vierten in Serie - das gab es noch nie in der Bundesliga. Wie immer war der Marienplatz proppenvoll. Wie immer schwenkten Tausende ihre roten Fahnen. Aber wird das nicht langsam Routine? Für die Spieler, aber auch für die Fans?

"Herzlich willkommen zum alljährlichen Klassentreffen auf dem Marienplatz", sagt ein Einpeitscher vom Balkon des Rathauses herab; es ist 13 Uhr, um 14.30 Uhr sollen die Spieler kommen. Verena Trabelsi aus Dachau trägt die volle Bayern-Kluft, sie lässt sich gerade mit einer nachgemachten Meisterschale auf dem Marienplatz fotografieren. "Nein, für mich ist das keine Routine", sagte sie, "ich freue mich jedes Jahr wieder darauf."

Berni hüpft - bricht gleich der Balkon?

Ein Wort noch zu Pep, zu Pep Guardiola. "Es ist okay, dass er geht", sagt Verena Trabelsi, "die Herzen der Fans hat er nicht erreicht." Guardiola allerdings wird später einem Reporter des Bayerischen Rundfunks ins Mikrofon sagen: "Ich liebe diese Stadt." Er werde zurückkommen, zu Besuch. Und seine Kinder seien ganz traurig, München verlassen zu müssen.

Es regnet nicht zur Feierstunde am Sonntag, aber es ist kühl und windig. Stephan Lehmann, der Stadionsprecher, heizt die Menge auf dem Marienplatz an. Das musikalische Angebot ist eher etwas für Freunde des rustikalen Geschmacks: Super-Bayern hej, hej, Humbahumbatäterä und Beckenbauers Lieblingslied "Gute Freunde kann niemand trennen."

Im Innenhof des Rathauses warten Reporter, Sicherheitsleute, Funktionäre und ausgewählte Fans auf die Ankunft der Spieler. Viele tragen wichtige Gesichter zur Schau, wie das so ist, wenn man glaubt, Teil eines bedeutsamen Ganzen zu sein. Um 14.35 Uhr kommen die Spieler, einige lachen und geben Autogramme, andere rauschen hoch in den ersten Stock, wo sie dann auf den Balkon hinaustreten werden.

Dort hüpft schon Berni, das Maskottchen der Bayern, zu den Gesängen der Fans, und weil Berni ein Bär und dick ist, hat man Angst, der Balkon könnte hinunter brechen. Ja gut, nicht wirklich. Aber man stellt es sich vor. Dann kommen die Spieler und Spielerinnen des FC Bayern (die Frauen sind ja auch Meister geworden, zum zweiten Mal nacheinander), jeweils paarweise, der junge Joshua Kimmich trägt einen schicken grünen Hut zur Tracht, Douglas Costa auch, aber er hat ihn so cool aufgesetzt, dass er damit locker in einem Mafia-Film mitspielen könnte.

"Ein Trainer spricht durch seine Spielweise. Nicht durch Worte, Worte, Worte"

Matthias Sammer, der erkrankte Sportvorstand, und Uli Hoeneß, der gerade keine richtige Funktion in seinem Verein hat, sind nicht da. Als Pep Guardiola den Balkon betritt, gibt es keinen besonderen Applaus. Kapitän Philipp Lahm, Vorstandschef Kalle Rummenigge und OB Dieter Reiter sagen ein paar nette Sachen, wie sie an solchen Tagen eben gesagt werden ("stolz auf den FC Bayern", "kommen bald wieder auf den Balkon"), und dann sollen die kickenden Herren und Damen des FCB ein bisschen singen und Spaß machen, aber das gelingt nur leidlich, Fußballspielen können sie besser als das Improvisieren.

Thomas Müller muss es dann richten, er bringt die mehr als 10 000 Fans tatsächlich in Stimmung, und dann holt er den Franzosen Franck Ribery, "unseren Deutschprofessor", wie er sagt, nach vorne. Ribery, dessen Deutsch ausbaufähig erscheint, ist sehr witzig, aber er ist lange nicht so lässig wie einer, der ganz hinten steht und die Hände in die Taschen der Lederhose versenkt hat: Xabi Alonso.

Und Pep Guardiola, der zum letzten mal dort oben steht und die Meisterschale in die Luft reckt, sagt vielleicht die Sätze, die am besten die eher müde Feier beschreiben: "Ein Trainer spricht durch seine Spielweise. Nicht durch Worte, Worte, Worte."

© SZ vom 15.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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