Martin Max und die Nationalmannschaft:Und er brodelt doch

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Der ehemalige 1860-Profi Martin Max kritisiert DFB-Trainer Michael Skibbe und deutet seinen Ärger darüber an, dass ihm die großen Spiele verwehrt geblieben sind.

Von Ronny Blaschke

er Blick von Martin Max flüchtet. Seine Arme hängen schlaff nach unten, sein Lächeln wirkt aufgesetzt. Er sagt die gleichen Sätze, die er schon vor einer Woche gesagt hat. Schnell trägt er sie vor, zurechtgelegt. Martin Max ist es leid, dass Journalisten in seiner Psyche auf Exkursion gehen wollen. Er hasst die Diskussion um seine Person, das verrät seine Körpersprache.

Max hat seinen Abschied von Hansa Rostock angekündigt, nach der Saison wird er die Bundesliga verlassen. Unfreiwillig hat er damit die Öffentlichkeitsarbeit des Klubs an sich gerissen. Aus ganz Deutschland haben ihn in dieser Woche Reporter besucht. Als die Kollegen längst auf dem Heimweg waren, stand Max noch im Foyer des Ostseestadions. Höflich gab er seine Erklärungen ab, routiniert. Alles hat er nicht mit sich machen lassen. Ein Radioreporter bat ihn, ein paar werbende Worte für das Heimspiel am Sonntag gegen 1860 ins Mikrophon zu sprechen. Er hat dort schließlich vier Jahre gespielt, 51 Bundesligatore geschossen. Max aber verweigerte die Gefälligkeit. ¸¸Interviews gehören dazu, aber nach 15 Jahren Profi-Fußball will ich endlich meine Ruhe", sagt er.

Es gibt das Gerücht, dass Max nach Katar wechseln wolle. Bereits vor einem Jahr überlegte er, an den Persischen Golf zu reisen, doch er entschied sich dagegen. Er wollte es sich noch mal beweisen, und den Kritikern, die an ihm zweifelten. Das ist ihm gelungen, 19 Tore hat Max in dieser Saison erzielt, er war an fast 60 Prozent aller Rostocker Treffer beteiligt. Bei 1860 vermissen sie ihn seit langem. ¸¸Hätte er die Tore für uns geschossen, hätten wir jetzt keine Probleme", sagt Harald Cerny. Max kann beruhigt abtreten, auf dem sportlichen Zenit, im Alter von 35 Jahren.

Max fühlt sich müde, er sagt, dass er keine Spritze mehr sehen könne, dass er nicht mehr auf Massagebänken liegen wolle. Viele glauben ihm nicht. Wie, fragen sie, kann jemand so etwas behaupten, der in der gesamten Saison lediglich ein Spiel versäumt hat? Und das wegen einer Gelb-Sperre. Der seinen Bewachern auf dem Spielfeld enteilt, als hätte er es im heimischen Vorgarten mit den Nachbarssöhnen zu tun.

Die Offiziellen des FC Hansa wollen ihn nicht ziehen lassen, ein Jahr läuft sein Vertrag noch. Max wird in Rostock verehrt wie kein anderer Spieler. 4000 Trikots mit seinem Namenszug wurden in dieser Saison verkauft, der Verein hat einen Max-Schal ins Fanartikel-Sortiment aufgenommen, das hat es an der Küste noch nicht gegeben. Ein 50 Meter langes Spruchband wird am Sonntag auf einer Tribüne ausgebreitet, es soll Max zum Umschwung bewegen. Trainer Juri Schlünz hat ihm mehr freie Tage versprochen, an denen er zur Familie nach München fliegen könne. Die Abstiegsangst, die sich zum ersten Mal seit Jahren nicht in Rostock eingenistet hat, ist der Abschiedsangst gewichen.

Doch die Entscheidung ist zementiert. Nun möchten die Vereinsoberen wenigstens an Max verdienen. Sollte er nach Katar wechseln, ¸¸wird das einiges kosten", sagt Rainer Jarohs, Hansas Vizepräsident. Max möchte nicht im Streit gehen. Er weiß, dass er den Rostockern viel zu verdanken hat. Sie haben ihn aufgenommen, nachdem er in München weggeschickt wurde. Er ist noch immer nicht gut auf Falko Götz zu sprechen, den ehemaligen TSV-Trainer. ¸¸Der denkt, er hat die Weisheit gepachtet", sagt er. Die Enttäuschungen haben sich getürmt in der Karriere, jetzt sagt er: ¸¸Alles abgehakt." Er sagt es schnell. Er kann sich wohl selbst nicht erklären, warum er immer wieder gebremst wurde, von Erich Ribbeck und Rudi Völler zum Beispiel, die ihm den Zugang zur Nationalelf verwehrten. Sieben Minuten durfte er spielen, 2002, in einem Test gegen Argentinien.

Er hat das alles ertragen, er hat es hingenommen, beinahe stoisch. Einmal ist ihm dann doch der Kragen geplatzt in dieser Woche; da hat er sich im Interview mit dem Tagesspiegel dazu geäußert, dass Rudi Völlers Assistent Michael Skibbe ihn noch einmal beobachten wolle. ¸¸Man fragt sich doch, ob Skibbe noch alle Tassen im Schrank hat, wenn er so einen Mist erzählt, dass er mich noch mal beobachten will, meine Laufwege studieren, und das nach 15 Jahren Bundesliga." Unter der ruhigen Oberfläche brodelt er doch, der Ärger darüber, dass ihm die großen Spiele verwehrt blieben.

Er hätte diese Atmosphäre gern öfter genossen, diese überwältigenden Spiele, wie damals, 1997, als er mit Schalke 04 den Uefa-Cup gewann. ¸¸Trotzdem bereue ich nichts", sagt er. Wieder so ein Satz. Was würde er jetzt anders machen in seiner Karriere, wenn er die Chance dazu hätte? ¸¸Offensivere Interviews geben", sagt Max, ¸¸mich ins Gespräch bringen." Aber dann hätte er sich verstellt, schiebt er hinterher. Er wollte seine Ideale, seine natürliche Unscheinbarkeit nicht von rhetorischer Willkür wegwischen lassen. Bald muss er keine Interviews mehr geben.

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