Mark van Bommel:Der "aggressive Leader"

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Kraft der Wiederholung Mark van Bommel schießt sein Madrid-Tor noch einmal und wird zum Anführer der Bayern ernannt.

Klaus Hoeltzenbein

Eine ausgeprägte Servicementalität kann dem FC Bayern niemand absprechen. Für alle, die am Dienstag nicht dabei sein konnten, das Spiel war spät, weit weg und nur im Pay-Programm zu sehen gewesen, wurde das Tor, das einen kompletten Verein wiederbelebt hat, einfach noch einmal wiederholt. Herr van Bommel war so frei -, er hat den zweiten Bayern-Treffer von Madrid am Samstag gegen Wolfsburg (2:1) gleich noch einmal geschossen.

Neuer Leader: Mark van Bommel (Foto: Foto: dpa)

Nun gut, wer's ganz genau nimmt, wird sagen, dass er in Madrid etwas klarer mit dem Vollspann traf und einen Tick näher dran war am Ziel, deshalb könne von einer korrekten Wiedergabe nicht die Rede sein, doch: Maß genommen wurde aus der Distanz, das linke untere Toreck anvisiert, das linke untere Toreck getroffen. Dienstag gegen Madrid in Minute 88 zum 2:3-Endstand, Samstag in Minute 55 zum 2:0-Zwischenstand -, und wer da wirklich in Original und Fälschung unterscheiden will, der hat keinen Respekt vor der Kraft einer solchen Wiederholung.

Das Tor von Madrid hat den FC Bayern reanimiert, bis hin zu der Tatsache, dass die alten Verdrängungsreflexe greifen. Wahrscheinlich weiß schon heute kein bekennender Rot-Weißer mehr, dass in Madrid nicht 3:2 gewonnen wurde, sondern 2:3 verloren - und dass da in zehn Tagen noch ein Rückspiel wartet. Selten hat man das Münchner Publikum so dankbar erlebt, selten derart bereit, einen Durschnittskick wie gegen den VfL Wolfsburg zu tolerieren.

Anfangs wurde jeder gelungene Rückpass bejubelt, später wurde es ein wenig ruhiger, denn den Bayern gelang es, auch diese lange überlegen geführte Partie nach Toren von Lukas Podolski (26./Elfmeter) und van Bommel noch in einem Zitterfinale ausklingen zu lassen. Doch nach dem Anschlusstreffer von Cedrick Makiadi (79.) bestätigten die Gäste nur, dass sie nicht wirklich gewillt waren, das Münchner Reha-Programm für Leib und Seele ernsthaft zu stören. ,,Auf einem guten Weg'', sieht Mark van Bommel die Bayern wieder: ,,Jetzt müssen wir in der Liga eine Serie hinlegen und gegen Madrid durchkommen, dann kann alles passieren.''

Der Tor der Woche

Sollten auch die nächsten Gegner, die Hertha am Samstag in Berlin und Madrid am Mittwoch drauf in München, so karitativ unterwegs sein wie die Wolfsburger, muss den Bayern um ihre Zukunft kaum bange sein. Beispielgebend war der Elfmeter. Würde man in der ARD nicht nur ,,Das Tor der Woche'', sondern auch den ,,Tor der Woche'' wählen - Alexander Madlung wäre aktuell konkurrenzlos. Schon allein deshalb, weil er bei der Handball-WM nicht aufgepasst hat, denn so dämlich hat selten ein Verteidiger versucht, einen Stürmer, in diesem Fall Claudio Pizarro, wie einen handgeschnitzten Bauernschrank vom Spielfeld zu schieben. Nicht vor, sondern fernab vom eigenen Gehäuse, was die Torheit noch vergrößerte. Überhaupt, die Wolfsburger: Kreiselten um sich selbst wie der Brasilianer Marcelinho, dem am Ende so schwindlig war, dass ihn Trainer Klaus Augenthaler nach 72Minuten vom Feld befahl. Man mag's kaum glauben, dass diese Lämmchen im grünen Wolfsgewande von eben jenem Augenthaler eingestimmt wurden, der 21Jahre lang als Profi beim FC Bayern eine Art Sinnbild fürs Rustikale und Hemdsärmlige war.

So konnten die Münchner sogar allerlei Personalexperimente wagen. Auf vier Positionen hatte Hitzfeld die Real-Mannschaft verändert, in Andreas Görlitz und Christian Lell kamen gar zwei Spieler in dieser Saison erstmals von Beginn an zum Einsatz. Görlitz, der letztmals im Oktober 2004 zur Startreihe zählte, hatte seine stärkste Szene, als er dem vor der Linie einschussbereiten Diego Klimovicz mit eingesprungener Grätsche den Ball vom Fuß spitzelte. Dreimal reckte Görlitz anschließend die Faust, und das Publikum feierte ihn, als habe er soeben eine Meisterschaft im Freistilringen gewonnen. Auch Christian Lell wurde in dieser Atmosphäre der Dankbarkeit mitgetragen, obwohl ihm bei fast jedem Defensivakt anzumerken war, dass er als Innenverteidiger nur eine Aushilfskraft für den erkrankten Daniel van Buyten war.

Fünf Spiele hat Hitzfeld die Bayern nun als Nachfolger von Felix Magath gecoacht, noch ist seine Bilanz (drei Auswärts-Niederlagen, zwei Heimsiege) keine Offenbarung, aber er wirkt, als finde er mehr und mehr Spaß im alten Arbeitsfeld. Falls er im Sommer doch noch weitermachen will, so stellen ihm die Bayern gerade den künftigen Kader zusammen.

Buenos Aires: Sosa kommt!

Aus Buenos Aires kommt die Kunde, dass Estudiantes de La Plata dem offensiven Mittelfeldspieler Jose Ernesto Sosa, 21, die Freigabe für die Münchner erteilt habe. Die Ablösesumme soll bei sechs Millionen Dollar (4,6 Millionen Euro) liegen. Sosa wäre nach Jan Schlaudraff (Aachen) und Hamit Altintop (Schalke) der dritte Neuzugang bei den Bayern. In München wird das Trio auf Unbekanntes treffen - auf Mark van Bommel beispielsweise, der Tore originalgetreu wiederholen kann, wahlweise provokant (in Madrid) oder dezent (in München) jubelt, und für den sein Trainer nun eine neue Charakteristik erfand: ,,Er ist ein Aggressiv-Leader. Ähnlich wie Stefan Effenberg.'' Vorsicht!, Spieler beißt!, soll das wohl heißen.

© SZ vom 24.2.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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