Mainzer 2:0-Sieg:Kerle, die kicken können

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Bevor seine Kräfte nachließen, zeigte Bojan Krkic eine Stunde lang ansehnliche Finten und gute Pässe. (Foto: Jan Huebner/imago)

Erstmals in diesem Jahr zeigt der FSV Mainz 05 wieder seinen typischen Fußball - und Bojan Krkic ein paar Tricks. Trainer Martin Schmidt ist vorerst zufrieden - aber spricht auch eine Warnung aus.

Von Tobias Schächter, Mainz

"Und, wie hat das Raclette geschmeckt?", wollte Martin Schmidt dann noch wissen, als der Freitag sich Richtung Mitternacht bewegte. Wunderbar, lautete die Auskunft und Schmidt lachte zufrieden. Der Trainer von Mainz 05 war gut gelaunt nach dem Spiel gegen den FC Augsburg. Es waren zwar sehr wenige Menschen ins Stadion gekommen, insgesamt nur 23 371 Zuschauer, darunter aber viele aus dem Wallis, Schmidts Heimat. Raclette wurde vor dem Anpfiff im Stadion verkauft, in der Halbzeitpause gaben Alphornbläser ein Konzert und aus einer Loge ertönten Kuhglocken.

Und wie Schmidt so dort saß und lustig über Käse plauderte, sagte es viel über seine Erleichterung nach dem 2:0-Heimsieg der Mainzer gegen Augsburg: Er kam zur rechten Zeit.

Nach dem 0:4 in Hoffenhem vom vergangenen Wochenende hatten sich schon erste Zweifel geregt, ob die Mainzer den Abwärtstrend von vier Spielen ohne Sieg würden stoppen können. Aber wie schon in den fast zwei Jahren seit Schmidt den FSV trainiert, gewinnt seine Elf immer jene Spiele, in denen sich entscheidet, ob der Weg nach unten oder nach oben geht. Schmidt sagte: "Man muss die richtigen Spiele gewinnen, diese Mentalität braucht eine Mannschaft wie Mainz 05."

Ein Tor, das die Mainzer Situation symbolisiert

Überhaupt zeigten die Mainzer gegen Augsburg seit langem mal wieder, was sie auszeichnet: ihre ureigene Spielart, das überfallartige Umschaltspiel. Das 1:0 durch Levin Öztunali (31.) entsprang einem rasanten Konter nach einer Ecke für den Gegner. Trotz der Foulversuche von Augsburgs Philipp Max ließ Schiedsrichter Manuel Gräfe den Angriff bis zum erfolgreichen Ende laufen: Gbamin spielte auf Cordoba, der überragende Mittelstürmer leitete per Kopf direkt auf den Torschützen weiter - der wiederum bei seinem entscheidenden Kopfball auch vom Zögern des Augsburger Torwarts Marwin Hitz profitierte. "Dieses Tor steht symbolisch für Mainz 05", freute sich FSV-Manager Rouven Schröder.

Schröder hatte vor zwei Wochen in Bojan Krkic von Stoke City zur Leihe einen prominenten Nachfolger für den nach Wolfsburg gewechselten Spielmacher Yunus Malli bis Saisonende verpflichtet. Am Freitag gab das einst an der Seite von Lionel Messi beim FC Barcelona gewachsene Leichtgewicht sein Startelfdebüt. Nach anfänglichem Fremdeln zeigte der Techniker ein paar schöne Finten und spielte ein paar gute Pässe, bevor er nach einer Stunde mit den Kräften ziemlich am Ende war. Schmidt wechselte den 26-Jährigen nach 69 Minuten aus. Zu diesem Zeitpunkt war die Partie schon entschieden: Hitz hatte Cordoba (gäbe es die Bezeichnung Sturmtank nicht schon, wäre sie für diesen athletischen Stürmer erfunden worden) nur durch ein Foul stoppen können - Jairo verwandelte den Elfmeter zum 2:0 (62.).

Krkic hat noch Luft nach oben

Krkic fehlte noch deutlich die Durchschlagskraft und die Wettkampfhärte. Ob er Malli tatsächlich ersetzen kann, ist nach seinem ersten Auftritt von Beginn an noch nicht abschließend geklärt. Schmidt aber war fürs Erste zufrieden mit der Leistung des Spaniers: "Man hat gesehen, dass der Kerl kicken kann. Dass es nicht einfach für ihn wird, war klar. Er kommt aus einer Verletzung und mit wenig Spielpraxis." Auch der Effekt, dass sein großer Name die Mitspieler ansporne, wie Schröder gesehen haben wollte, entsprang wohl mehr der Euphorie des Managers. Wie die ganze Mannschaft hat Krkic ("Ich fühle mich gut und habe das Spiel genossen") noch Luft nach oben. Doch wie für die ganze Mannschaft war der Sieg gegen Augsburg immerhin auch für Krkic ein verspäteter guter Start ins Fußballjahr 2017.

Die ganz große Erleichterung wollte sich bei Schmidt aber noch nicht einstellen. Er schätzt den Abstiegskampf in diesem Jahr als "sehr gefährlich" ein: "Der Kampf wird bis zum 34. Spieltag andauern", sagte er, Mannschaften wie Wolfsburg, Schalke oder Gladbach würden nicht ewig hinter Mainz bleiben.

Der Sieg gegen Augsburg, so wirkte es nach dem Spiel, hat in Mainz noch niemanden satt gemacht, aber Appetit angeregt. Bevor sich Martin Schmidt, der Mann aus dem Wallis, Freitagnacht noch mit seinen Landsleuten zum Plausch traf, sprach er noch mal über Käse und Fleisch. Und sagte zum Abschied, jetzt war es wirklich fast Mitternacht: "Jetzt bekomme ich aber noch richtig Hunger."

© SZ vom 12.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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