Mainz-Gladbach (18 Uhr):Lieferservice Schwarz

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Gemeinsam auch durch Regen: Mainz' Sportlicher Leiter Rouven Schröder (links) möchte auch trotz Abstiegsgefahr an Trainer Sandro Schwarz (daneben) festhalten. (Foto: imago/Jan Huebner)

Ein Trainerwechsel ist keine Option: Mainz 05 will der einzige Klub im Tabellenkeller bleiben, der auf die klassische Grausamkeit verzichtet. Sportchef Rouven Schröder nimmt viel Schuld auf sich.

Von Tobias Schächter, Mainz

René Adler sollte ja eigentlich ein Garant für eine sorgenfreie Saison des FSV Mainz 05 sein. Im Sommer vom Hamburger SV verpflichtet, steht die bisherige Leistung des ehemaligen Nationaltorwarts mittlerweile aber auch stellvertretend dafür, was in dieser Runde alles schief läuft in Mainz. Zunächst gut gestartet, verletzte sich der Routinier und fiel fast vier Monate aus, in denen er von Robin Zentner, 23, vertreten wurde. Nachdem dieser sich verletzte, patzte der gerade genese Adler beim 0:3 im Viertelfinale des DFB-Pokals bei Eintracht Frankfurt und erkrankte danach. Plötzlich debütierte Florian Müller, 20, im Mainzer Kasten und rettete den Mainzern beim 0:0 im Abstiegsduell in Hamburg einen Punkt. Dann aber schwächelte Müller vor der Länderspielpause beim 0:3 in Frankfurt und verletzte sich anschließend bei der U 21-Nationalmannschaft. Nun könnte René Adler sieben Spieltage vor Saisonende doch wieder zum Hoffnungsträger beim Tabellensechzehnten aufsteigen. Vor dem Heimspiel am Ostersonntag gegen Borussia Mönchengladbach ließ der Mainzer Trainer Sandro Schwarz die Besetzung der Nummer 1 offen und rief mitten im Abstiegskampf den Konkurrenzkampf auf der Torwartposition aus.

Es ist kein leichter Weg, den Sandro Schwarz, 39, in seiner ersten Runde als Chefcoach in der Bundesliga geht. In den vergangenen 26 Spielen wechselte er immer wieder Personal und Grundordnung, eine Stammelf, eine klare Hierarchie sind immer noch nicht zu erkennen. Dabei sollte in dieser Saison alles besser werden. In der vergangenen Runde gelang mit dem Trainer Martin Schmidt der Klassenerhalt nur knapp, der Fußball der Mainzer unter der Führung des Schweizers sei zu ausrechenbar und zu wenig "Mainz 05 like", hieß es damals. Die DNA des Mainzer Spiels ist ein Überfallfußball aus einer selbstbewussten Underdog-Rolle heraus, geprägt durch die Trainer Jürgen Klopp und Thomas Tuchel. Schwarz, geboren in Mainz, einst Zweitligakicker bei Nullfünf und im Sommer vom U 23- zum Cheftrainer befördert, sollte die alten Tugenden wieder hervor kitzeln. Doch weiter weg vom eigenen Ideal als in den letzten Monaten hat man Mainz 05 noch nie kicken sehen. Die maue Ausbeute von 25 Punkten reicht derzeit noch für den Relegationsplatz, weil Köln die Vorrunde vergeigte und der HSV noch schlechter ist. Zum bisherigen Tiefpunkt wurde die traurige Pleite zuletzt im Derby bei Eintracht Frankfurt, die die Zweifel an Mannschaft und Trainer verstärkten.

Der Trainer spricht vor den Fans - und wird am Ende gefeiert

Doch in der Länderspielpause errang Sandro Schwarz abseits des Rasens einen wichtigen Erfolg. Bei einer Aussprache mit den Fans, an der auch die Vorstände Rouven Schröder und Jan Lehmann sowie der Vereinsvorsitzende Stefan Hofmann teilnahmen, gewann Schwarz Respekt und an Profil. Schwarz nutzte das Podium vor 600 Fans und konterte die Kritik an seinem angeblich zu emotionslosen Coaching-Stil mit einer flammenden Rede, in der er die Fans auf den Saison-Endspurt einschwor. Auch mögliche Relegationsspiele seien kein vorprogrammierter Abstieg, sondern eine Chance, sagte er. Er wurde mit "Sandro, Sandro"-Sprechchören gefeiert.

Eine Trainerentlassung ist in Mainz keine akute Option, Sportchef Schröder und Vereinsboss Hofmann wollen auf die klassischste aller Grausamkeiten verzichten und mit Schwarz in die Zukunft gehen. Schröder gab auf der Veranstaltung zu, in der Kaderzusammenstellung Fehler gemacht zu haben. Außer dem famosen französischen Verteidiger Abdou Diallo verstärkt bislang kein Zugang die Mannschaft. Auch die im Winter verpflichteten Routiniers Nigel de Jong und Anthony Ujah sind nur Mitläufer. Doch all das soll erst nach der Saison aufgearbeitet werden. Der Abstieg wäre eine große Herausforderung, die Verantwortlichen haben zuletzt die Erfahrung gemacht, dass der Rückhalt der Fans auch in Mainz nach zwei Jahren Führungskrise kein Selbstläufer mehr ist.

In der Länderspielpause gab es deshalb neben dem Treffen der Macher mit den Fans weitere Aktionen, die den Zusammenhalt stärken sollen. Die Mitarbeiter des Klubs versammelten sich bei einem Training und hielten ein Banner, auf dem stand: "1 Team - 7 Spiele - 1 Ziel, Klassenerhalt durch Zusammenhalt." Um die Widerstandskraft der zuletzt seltsam widerstandslosen Mannschaft zu erhöhen, standen neben vielen Einzelgesprächen und einer verschärften Ansprache auf dem Trainingsplatz auch lange Läufe auf dem Programm. Den Spielern wurde außerdem verboten, private Bilder auf Instagram zu posten, Bilder von protzigen Autos etwa waren an dem bodenständigen Standort zuletzt nicht gut angekommen.

Doch am Ostersonntag endet die Spielpause auch für Mainz, und Sandro Schwarz weiß: "Reden reicht nicht - wir müssen jetzt liefern!"

© SZ vom 01.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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