Maccabi Games:Wettkampf und Gedenken

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Die Vergangenheit ist mit dabei, sagt Alon Meyer, Präsident von Maccabi Deutschland. Angeboten wird etwa ein Besuch der Gedenkstätte Sachsenhausen. (Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa)

Mehr als ein Sportfest: die European Maccabi Games finden demnächst in Berlin statt. Nicht alle Vertreter aus dem Dachverband der jüdischen Sportler befürworten die Ausrichtung in Deutschland.

Von Javier Cáceres, Berlin

Nichts von dem, was in ziemlich genau zwei Wochen in Berlin beginnen soll, ist selbstverständlich. Und so sagt Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) am Dienstag, dass man es "in Deutschland als eine Art unverdientes Geschenk" empfinde, wenn am 28. Juli in der Berliner Waldbühne die "European Maccabi Games" eröffnet werden. Wenn also das größte jüdische Sportfest beginnt, das es je auf europäischem Boden gab. 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und damit auch 70 Jahre nach dem Ende der Judenvernichtung werden mehr als 2000 jüdische Sportler aus 40 Ländern um Medaillen kämpfen. In Berlin, "wo die Shoah ihren Ausgang nahm", wie Maas in Erinnerung rief.

Das Haus der Wannsee-Konferenz ist vom Austragungsort der meisten Wettkämpfe nur 20 Kilometer entfernt. Diese wiederum liegen auf dem Berliner Olympiagelände, wo jüdische Sportler bei den Spielen von 1936 ausgegrenzt worden waren und die Nazis auch andere Propagandaveranstaltungen inszenierten. Sportlich betrachtet mag es auch in diesem Jahr gewichtigere Veranstaltungen in Berlin gegeben haben, sagt Helmut Böger, der Chef des örtlichen Landssportbundes, und denkt an das Champions-League-Finale vom 6. Juni. Gesellschaftspolitisch jedoch? Keine einzige.

Zumal die Organisatoren nachgerade beseelt sind von der Idee, das Deutschlandbild aufzuhübschen - ein Unterfangen, das in diesen Zeiten nicht gerade einfacher geworden ist. Alon Meyer, Präsident von Makkabi Deutschland, dem hiesigen Dachverband der jüdischen Sportvereine, räumt ein, dass es im Kreis der weltweiten Makkabi-Bewegung Skepsis gegen den Veranstaltungsort Deutschland gegeben habe. Ältere hätten es für verfrüht gehalten, nach Deutschland zu gehen, solange es Holocaust-Überlebende gebe; Jüngere seien zu einem "Vertrauensvorschuss" für Deutschland bereit gewesen und hätten letztlich für Berlin votiert. Zur unverhohlenen Freude Meyers, der selbst wohl ein Musterbeispiel ist für ein neues, deutsch-jüdisches Selbstbewusstsein.

Die Vergangenheit werde nicht ausgeklammert, betonte Meyer. Die Teilnehmer werden in die KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen fahren, Zeitzeugen werden die bestialischen Menschenversuche an Juden schildern. In erster Linie wolle man aber demonstrieren, dass das jüdische Leben nicht bloß nach Deutschland zurückgekehrt sei. Sondern aufblühe. Auch daher verwendet man besondere Anstrengungen darauf, Publikum zu mobilisieren, zum Beispiel mit einer Plakatserie, die alte jiddische Begriffe aufgreift, die in die deutsche Umgangssprache eingeflossen sind. Und so ist nun an den Berliner Litfaßsäulen zu lesen, dass bei den Maccabi-Games auch "die schnellste Ische Europas" am Start sei. Unter anderen.

© SZ vom 15.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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