Liga-Debatte:St. Pauli provoziert

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Zweitligist FC St. Pauli will Werksklubs wie Leverkusen, Wolfsburg und Hoffenheim die Einnahmen aus der zentralen Fernseh-Vermarktung streichen - die Betroffenen werfen St. Paulis Manager Andreas Rettig Populismus vor.

Zweitligist FC St. Pauli sorgt mit einem provokanten Antrag zur Verteilung der TV-Gelder für Ärger in der Fußball-Bundesliga. Der Kiez-Klub fordert von der Deutschen Fußball-Liga (DFL), dass bestimmte Vereine keine Einnahmen aus der zentralen Vermarktung mehr bekommen sollen: nämlich alle, die sich aufgrund einer Ausnahmegenehmigung nicht an die "50+1"-Regel halten, wonach die Stimmenmehrheit bei einem eingetragenen Verein liegen muss. Dies würde die Werksklubs Bayer Leverkusen und VfL Wolfsburg sowie 1899 Hoffenheim mit Mäzen Dietmar Hopp betreffen. Von 2017 an könnte auch Hannover 96 dazugehören.

Die betroffenen Vereine reagierten überrascht. VfL-Manager Klaus Allofs sagte: "Für die gesamte Bundesliga wäre dies eine schädliche Entwicklung, die die Grundwerte des Erfolgs des deutschen Profifußballs in Gefahr bringen würde." 96-Präsident Martin Kind hält den Antrag für "unüberlegt und substanzlos". Sollte ihm stattgegeben werden, so Kind, "ist die Zentralvermarktung am Ende, dann würde es eine Einzelvermarktung geben." Diese wiederum wäre sicherlich nicht im Sinne von St. Pauli, schließlich käme eine Aufkündigung der Zentralvermarktung gerade großen Klubs entgegen. Bayern München etwa könnte mit einer eigenen Vermarktung viel höhere Erlöse generieren. Derzeit regelt die DFL die "satzungsgemäße Verteilung" der Einnahmen durch Übertragungsrechte zentral. Von den 2,5 Milliarden Euro des im kommenden Jahr auslaufenden Vierjahresvertrags erhielten die Bundesligisten in dieser Saison 680 Millionen Euro, 170 Millionen Euro gingen an die Zweitligisten. Müssten die sich selbst vermarkten, wäre es eher weniger.

"Ein typischer Rettig. Er gibt ein bisschen Schweinchen Schlau"

Auch deshalb wird Rettig nun Populismus vorgeworfen. "Ich bin davon enttäuscht und halte das für populistisch. Das ist ein typischer Rettig: Er macht ein bisschen auf Schweinchen Schlau", kommentierte Bayer-Sportchef Rudi Völler. Über den wohl chancenlosen St.-Pauli-Antrag soll auf der DFL-Mitgliederversammlung am 2. Dezember in Frankfurt beraten werden. Der Dachverband wollte sich zu dem Vorgang am Montag nicht äußern. Pikant ist allerdings: St.-Pauli-Geschäftsführer Andreas Rettig war früher in gleicher Funktion bei der DFL tätig.

© SZ vom 24.11.2015 / sz, sid, dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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