Leverkusener 3:2-Sieg:Bayer Hoffnung 04

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Dosenöffner: Hakan Calhanoglus Hammer besorgt das 1:0 für Bayer Leverkusen gegen Darmstadt. (Foto: Lukas Schulze/Getty Images)

Die Startaufstellung gegen Darmstadt ist Werbung für den Nachwuchs. Und dann gelingt auch der dritte Sieg der Woche.

Von Ulrich Hartmann, Leverkusen

Roger Schmidt sah glücklich aus, das ist ja gerade durchaus eine Erwähnung wert. Die Republik hat den Leverkusener Trainer zuletzt ja eher als grimmigen Zeitgenossen kennenglernt, der sich mit Kollegen anlegte. Am Samstag saß er nach abgelaufener Zwei-Spiele-Sperre nach der Auseinandersetzung mit Hoffenheims Julian Nagelsmann wieder auf der Leverkusener Bank - und hatte Grund zur Freude: Sein Team gewann gegen Darmstadt 98 mit 3:2 (1:0). "Wir sind total glücklich, diese Woche so abgeschlossen zu haben", sagte Schmidt, "wir haben sowohl in der Champions League als auch in der Bundesliga jetzt wieder eine Basis, auf der wir weiter aufbauen können." Doch Schmidt war nicht der glücklichste Leverkusener.

Am Abend stand ein junger Mann in den Katakomben der Leverkusener Arena im Mittelpunkt, den bis vor knapp einam Jahr noch niemand kannte, der es nicht zu seinen Hobbys zählt, Jugendspiele am Leverkusener Kurtekotten zu verfolgen. Ein Mann, der im Sommer noch für die deutsche U-19-Nationalmannschaft spielte. Benjamin Henrichs, 19, sagte. "Drei Siege in einer Woche und eine Nominierung für die Nationalmannschaft - da kann man jetzt mal feiern." Der Außenverteidiger war am Freitag erstmals von Joachim Löw berufen worden. Und am Samstag stand er für einen Augenblick Leverkusener Zufriedenheit.

Fünf Nationalspieler - so viele stellt sonst nur der FC Bayern

Noch beim peinlichen Pokal-Aus gegen die Sportfreunde Lotte hatte ja manches nach einer kleinen Krise unterm Bayer-Kreuz ausgesehen. "Wir woll'n Euch kämpfen sehen", sangen dementsprechend die Leverkusener Fans, da hatte das Heimspiel gegen die schwächste Auswärtsmannschaft der Bundesliga noch gar nicht begonnen. Schwante den Bayer-Anhängern Böses? Sie sind gebrannte Kinder und kennen ihre Pappenheimer - aber diesmal erfüllte sich ihre Vorahnung nicht, vielmehr machte der Auftritt Hoffnung, wie schon die jüngsten Siege gegen Wolfsburg und Tottenham.

Am kommenden Wochenende stellt Bayer Leverkusen in Bernd Leno, Jonathan Tah, Kevin Volland (in der Bundesliga rot-gesperrt), Julian Brandt und Henrichs fünf Spieler im aktuellen Kader der Nationalmannschaft - fünf Spieler stellen sonst nur die Münchner Bayern. Insgesamt reisen 16 Leverkusener zu ihren Nationalteams, weshalb Schmidt in den kommenden zehn Tagen vor allem mit Nachwuchsspielern trainieren wird. Vielleicht ist auch dadurch zu erklären, dass Leverkusens Trainer immer wieder junge Leute für seinen Kader findet. Die neueste Entdeckung heißt Kai Havertz. Zum ersten Mal hatte Schmidt den 17-Jährigen am Samstag in die Startelf berufen. Der Rechtsaußen ist als Preisträger der "Fritz-Walter-Medaille" in Silber einer der talentiertesten deutschen Nachwuchsspieler und hat zum deutschen Meistertitel der Leverkusener B-Jugend in der vergangenen Spielzeit 18 Saisontore beigetragen. Das Spiel gegen Darmstadt begann als Werbeveranstaltung für den Leverkusener Nachwuchs.

Havertz zeigte genauso wie seine Kollegen eine dominante erste halbe Stunde, allerdings hatten die Leverkusener so gut wie keine Chance, während die Darmstädter sich über ein paar vergebene Treffermöglichkeiten ärgerten. So etwas rächt sich bekanntlich. Es lief die 32. Minute, als Hakan Calhanoglu am rechten Strafraumeck frei zum Schuss kam. Der Ball schlug gegen den linken Pfosten des Darmstädter Tors und von dort ins Tor ein.

Beim Gegentor macht Henrichs nicht die beste Figur

Schon überlegte man in Leverkusen, warum die Bayer-Mannschaft nach einer Sperre des Trainers Schmidt immer so erfolgreich spielt, da schrieb Darmstadt die Geschichte dieses Spiels noch einmal um. Marcel Heller schlug in der 47. Minute von links eine Flanke in den Strafraum und fand am Fünfmeterraum als Vollstrecker den gerade eingewechselten Antonio-Mirko Colak, der vom Leverkusener Abwehrmann Wendell gänzlich unbeaufsichtigt war. Vor Hellers Flanke hatte auch der junge Henrichs keinen allzu souveränen Eindruck erweckt.

Aber Leverkusens Qualität war zu groß für ein tatsächlich ausgeglichenes Spiel. Julian Brandt drückte in der 57. Minute Flanke von Julian Baumgartlinger über die Torlinie. Das Tor zum 3:1 schoss Charles Aranguiz, fünf Minuten vor dem Ende traf Mario Vrancic zum 2:3.

Zwei Gegentreffer durch die schwächste Auswärtsmannschaft - nun ja, das war zwar nicht gerade eine Auszeichnung für Henrichs, allerdings tröstete ihn der Sieg über die beiden Gegentreffer hinweg. Ob er zurzeit den schönsten Moment seiner noch jungen Karriere erlebe? Er antwortete mit strahlenden Augen: "Das ganze Jahr ist schon ein schöner Moment für mich."

© SZ vom 06.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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