Leipzig schlägt Stuttgart:Bereit für die Bayern

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Der Mann für die genialen Momente gegen Stuttgart: Leipzigs Torschütze Marcel Sabitzer. (Foto: Jens Meyer/AP)

Die Leipziger können auch dreckige Siege - ein Geniestreich von Kapitän Sabitzer sichert den 1:0-Sieg gegen Stuttgart. Die Pokal-Partie gegen München sieht RB-Trainer Hasenhüttl nun als Test dafür an, wo sein Team steht.

Von Javier Cáceres, Leipzig

Mit der Champions-League-Schlacht gegen den FC Porto vom Mittwoch in den Knochen und dem bevorstehenden Doppel-Duell mit dem FC Bayern im Kopf hat der RB Leipzig seine Rolle als Spitzenteam der Fußball-Bundesliga bestätigt. Am Samstag errang der Zweite der vergangenen Saison einen zwar mühsamen, aber verdienten 1:0 (1:0)-Sieg gegen den VfB Stuttgart. Aufsteiger Stuttgart wartet hingegen trotz einer beachtlich souveränen Vorstellung weiter auf den ersten Auswärtssieg. "Langsam nervt's", stöhnte Stuttgarts Torwart Ron-Robert Zieler mit Blick auf den Umstand, dass man zum fünften Mal in dieser Saison eine Heimreise ohne verbuchte Punkte antreten musste.

Schon vor der Partie hatte der Trainer der Leipziger, Ralph Hasenhüttl, erklärt, dass er sich mit einem "schmutzigen Sieg" gegen die Schwaben zufrieden geben würde. Nicht, dass das als Bestellung gemeint war. Aber nachdem er sein Team im Vergleich zum 3:2 vom Dienstag gegen Porto auf fünf Positionen umgestellt hatte (anstelle von Upamecano, Halstenberg, Kampl, Bruma und Augustin spielten Konaté, Bernardo, Demme, Poulsen und Werner), war es exakt das, was er geliefert bekam - "einen dreckigen Sieg bei dreckigem Wetter", wie Torschütze Marcel Sabitzer nach einem letztlich heftig verregneten Spiel erklärte.

Ein Offensiv-Spektakel wie zuletzt war nicht mehr zu sehen

Die Stuttgarter versuchten zunächst, den Leipzigern das Spiel zu vermiesen. Und es gelang ihnen auch. Sie standen tief und bei Leipziger Ballbesitz, also meistens, in einer strammen 5-3-2-Formation, die überdies sehr mannorientiert und zweikampfbetont war. Daraus sprach vor allem der Respekt für die zuletzt von den Leipzigern dargebotenen, beeindruckenden Offensiv-Spektakel gegen Porto und Dortmund, die jeweils mit 3:2-Siegen für die Sachsen geendet hatten. Davon war gegen Stuttgart nichts zu sehen. Leipzig hatte zwar eminent mehr Ballbesitz. Veritable Gefahr brachten sie aber kaum vor das gegnerische Tor - obwohl die Stuttgarter nach nur zehn Minuten die verletzungsbedingte Auswechslung eines stabilisierenden Faktors wie Dennis Aogo zu verwinden hatten.

Auch deshalb bedurfte es eines Geniestreichs von Kapitän Sabitzer, um die Spielstandsanzeige auf der Stadionleinwand nach 23 Minuten abzuändern. Das hatte insofern eine kuriose Bewandtnis, als ebendieser Sabitzer ursprünglich nicht in der ersten Elf stehen sollte - und nur deshalb ins Team rückte, weil die portugiesische Offensivkraft Bruma beim Aufwärmen Muskelbeschwerden verspürte und vorsichtshalber geschont wurde. Sabitzer also wurde etwa 20 Meter vor dem Tor vom endgültig genesenen und wie stets fleißigen DFB-Mittelstürmer Timo Werner angespielt - und schlenzte den Ball mit Bedacht und technischer Finesse über den etwas zu weit vor dem Tor postierten Keeper Zieler. Weil Werner eine gute Chance nicht nutzen konnte (41.), hatte diese Führung auch zur Halbzeit noch Bestand.

"Uns hat die Kaltschnäuzigkeit gefehlt", klagte VfB-Torwart Zieler

Nach der Pause nahm die Partie größere Fahrt auf, vor allem wegen der Stuttgarter, die einen Schritt nach vorn taten. Sie agierten nun nicht nur mit taktischer Umsicht und Disziplin, sondern auch mit größerem Mut als in den ersten 45 Minuten. Sie wussten zu nutzen, dass die Reihen der Leipziger nun etwas weiter auseinanderstanden und sich insgesamt größere Konzentrationsschwächen einschlichen. Die kräftezehrenden Aufgaben der vergangenen Wochen forderten augenscheinlich ihren Tribut. "Wir können nicht im Dreitages-Rhythmus ein Spektakel bieten", entschuldigte sich Hasenhüttl, derweil sein Kollege Hannes Wolf seiner Mannschaft "inhaltlich ein großes Kompliment" machte, "wir haben Leipzig maximal gefordert". Jedoch: Die Stuttgarter vermochten es nicht, ihre Chancen in Tore umzumünzen. Der Japaner Takuma Asano, der in der 57. Minute von Außenbahnspieler Andreas Beck bedient wurde, setzte den Ball nur mit der Hacke an den Pfosten. In der 70. Minute tauchte dann der für Asano eingewechselte Chadrac Akolo im Strafraum auf - und scheiterte aus kurzer Distanz an Leipzigs Torwart Peter Gulacsi.

"Uns hat die Kaltschnäuzigkeit gefehlt", ärgerte sich Stuttgarts Torwart Zieler. Auch deshalb wurden aus der latenten Gefahr, die Leipzig verströmte, mit der Zeit wieder konkrete Chancen. Der eingewechselte Kevin Kampl setzte aus 15 Metern den Ball nur knapp neben das Tor, ein Schuss von Sabitzer aus mehr als 20 Metern wurde vom Torwart geblockt, und als der für Werner eingewechselte Franzose Jean-Kévin Augustin im Strafraum auftauchte, konnten die Stuttgarter von Glück reden, dass der Franzose den Ball hinter sich vergaß. Auch der Schlussakkord gehörte den Leipzigern: Ein Volley-Schuss Kampls landete in der Nachspielzeit nur knapp neben dem Tor. Nun steht am Mittwoch im DFB-Pokal die Visite des Meisters FC Bayern an, der sich am Ende der vergangenen Saison in Leipzig noch einen 5:4-Sieg erzielt hatte. Weil Leipzig auch schon in der Hinrunde in München verloren hatte, erinnerte Trainer Hasenhüttl daran, dass Leipzig bislang noch keinen Punkt gegen den Rekordmeister holen konnte. "Wir wollen uns in erster Linie selbst beweisen, wie weit wir sind", sagte Hasenhüttl. Mit einem schmutzigen Sieg wäre er wohl wieder zufrieden.

© SZ vom 22.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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