Ländervergleich:Deutschland-Italien 4:3

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Xavier Naidoo gegen Gianna Nannini, Audi gegen Fiat, Mutter Beimer gegen die Mamma - die Halbfinalgegner im Ländervergleich.

AutosAlfa Giulia, Fiat Spider, Ferrari Dino, oder gar der kleine Cinquecento, das waren Zeiten. Während Deutschland im Opel Kadett, Volkswagen oder Ford Taunus über Bundesstraßen ratterte, schwebte Italien formvollendet über die Piazza. Dass beim Alfa nach 35,6 Kilometer der Auspuff über den Asphalt schleifte, beim Fiat der Seitenspiegel abfiel, beim Dino der Rückwärtsgang klemmte und der Fiat 500 wegen feuchter Zündkerzen schon erst mal gar nicht ansprang - was war dies im Vergleich zu italienischer Eleganz. Heute fallen bei Alfa & Co. Außenspiegel und Auspuffe immer noch ab, doch inzwischen gleiten die Deutschen in stromlinienförmigen BMWs, in Wolf-im-Schafspelz-Audis RS6, in Sternen-geschmückten SLCs 500 ohne Tempolimit durch die Staus. Wenn das nicht ein erstes automobilistisches Tor für Deutschland ist! Karl Forster

Zwischenstand 1:0

ModeJedes deutsche Mädchen, das in den Ferien an der Adria vorschriftsgemäß in einen italienischen Bademeister verliebt war, weiß seither: Italiener ziehen sich einfach besser an als die Jungs zuhause. Und sie erfinden die schöneren Kleider. Okay, der nordische Clean-Look von Jil Sander und Epigonen mag perfekt sein für den Business Lunch. Ein Hosenanzug von Boss, Metzingen, ist wie der Name: Gut verarbeitet, kein Firlefanz. Wenn es aber darum geht, die Frau zu zelebrieren, indem man ihr zunächst etwas anzieht, müssen die Italiener her. Keine Kleidernaht war je wieder so glamourös wie die Sicherheitsnadeln von Versace für Liz Hurley. Salvatore Ferragamo ersinnt Schuhe, die jeden Senkfuß elfengleich erscheinen lassen. Und die konsequent miederfixierten Kollektionen von Dolce&Gabbana sind eine hymnische Negation des Wortes androgyn. Tor und Ausgleich. Anne Goebel

Zwischenstand 1:1

EssenWer hat das bessere Essen - Italien oder Deutschland? Diese Frage ist ungefähr so spannend wie jene, ob Juventus Turin oder der TSV München-Laim die bessere Fußballmannschaft stellt. Die italienische Küche ist das Nonplusultra. Die deutsche Küche spielt dagegen praktisch überhaupt keine Rolle. Gut, es gibt ein paar ambitionierte Köche, die das Sauerbraten- , Schweinshaxen- und Knödel-Einerlei mit irgendwelchen Chichi-Rezepten aufzumotzen versuchen. Ein schlimmes Missverständnis, denn die deutsche regionale Küche ist herzhaft und gut, wie sie ist - wenn man riesigen Hunger hat und auf Geschmacksnuancen keinen Wert legt. Die phantasievolle toskanische Landküche, die Leichtigkeit der sizilianischen Fischrezepte oder das geniale Saltimbocca ist davon so weit entfernt wie der Ätna vom Brenner. Führungstreffer für Italien. Arno Makowsky

Zwischenstand 1:2

GesangAuf Italienisch hört sich alles schöner an. Selbst "Forza Italia!" klingt angenehmer als "Sieg! Sieg! Sieg!" Vielleicht könnte man in dieser Sprache sogar Grönemeyers verquasten Hymnenversuch "Zeit, dass sich was dreht" gut finden. Im Singen ist Italien längst Weltmeister. Solange sich im Land mit der Trällerkapitale Sanremo noch Sole auf Amore reimt und Eros Ramazzotti ordentlich Parmesan über seine öligen Schnulzen streut, ist der Sommer für deutsche Adriafahrer gerettet - egal, wie die WM ausgeht. Das deutsche Team hört vor dem Spiel aber lieber Xavier Naidoos "Dieser Weg". Dieser Summs macht natürlich aggressiv. Und: Gianna Nannini, die David Beckham in einem Interview für einen Deutschen hielt, sang 1990 die WM-Hymne "Un' estate italiana" - laut Stürmer Kalle Riedle haben die Deutschen damals wegen diesem Lied gewonnen. Treffer für Deutschland. Jochen Temsch

Zwischenstand 2:2

RegierungVor einer Woche sollten die Italiener über den Föderalismus abstimmen, aber sie setzten sich lieber in die Cafés und guckten Fußball. Hätten sie an diesem Tag einen Ministerpräsidenten wählen sollen, hätte er Totti geheißen. Ähnlich zufällig kam einst Berlusconi an die Fleischtöpfe, ehe er gegen den europäischen Obernuschler Prodi ausgewechselt wurde. Italienische Politik ist ein Kind des Zufalls, sie legt sich nicht fest, sie laviert, sie jammert, sie taktiert. Möglichst alt und männlich sollte ein Politiker sein, denn Weisheit und Alter gehören in Italien zusammen. Allenfalls toleriert wird Jugend und Schönheit, weshalb sich Berlusconi Haare einpflanzen ließ. Der Mann war aber weder jung noch schön. Deutschland wird hingegen von einer jungen Politikerin regiert, deren Haare höchstens Udo Walz nötig haben. Treffer für Deutschland! Stefan Kornelius

Zwischenstand 3:2

TiereDer Umgang des Deutschen mit dem Tier ist zwiegespalten. Entweder er nimmt sein Tier zu sich ins Bett. Oder er knallt es ab. Wenn er es mit ins Bett nimmt, so lässt er es auch in Grünanlagen urinieren oder von Starfriseuren frisieren. Tendiert der Deutsche eher zum Abknallen, so fordert er gleichzeitig Maulkorbpflicht selbst für Zwergdackel und Grenzübertrittsverbote für Braunbären. Der Umgang des Italieners mit Tieren ist entspannter. Italiener lieben Katzen auf dem Schoß (Der Pate), Tauben in der Stadt (Venedig) und Pferde in der Menge (Siena). Italiener halten Strände und Restaurants angenehm tierausscheidungsfrei, und wenn sie mit ihrem Tier auf Reisen gehen bevorzugen sie Bildungsreisen (siehe "Herr Rossi in den Ferien"). Statt Bello nennen sie ihre Rüden Paolo oder Eros. Das hat Stil. Tor für Italien. Martin Zips

Zwischenstand 3:3

MamasItalienische Mammas stehen Tag und Nacht in der Küche, um Nudelteig zu kneten, Ravioli mit leckeren Sachen zu füllen und Espresso zu kochen. Zu ihren Füßen spielt eine Schar lustiger Bambini, für die feststeht: "la mamma c'è una sola" - die Mamma gibt's nur einmal. Soweit der Mythos. Aber das Klischee der italienischen Großfamilie stimmt schon lange nicht mehr. Italien ist das Schlusslicht in der Geburtenstatistik Europas. Die wenigen bambini werden verhätschelt, erwachsene Männer müssen noch jeden Sonntag zum Mittagessen heim zu Mutti. Dafür gibt es sogar ein eigenes Wort, "mammismo". Was kommt bei dieser Erziehung heraus? Männer, die wie Francesco Totti öffentlich Daumen lutschen. Würde Ballack so etwas machen? Niemals, seine Mutter würde sich schämen dafür. Siegtreffer für die deutschen Mamas. Titus Arnu

Endstand 4:3

© SZ vom 4.7.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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