Kommentar:Wie Schumi und Federer

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Pause oder mehr? Tiger Woods wird in dieser Golf-Saison nicht mehr abschlagen. Die Ankündigung wirft einige heikle Fragen auf.

Von René Hofmann

Von Sportlern heißt es häufig, sie seien Marken. Figuren, die weltweit bekannt sind und beim Publikum Assoziationen wecken, wie das auch Mercedes oder Coca-Cola tun, existieren tatsächlich. Aber es gibt nur wenige. Michael Schumacher war als Rennfahrer eine solche Figur. Der Tennisspieler Roger Federer ist eine solche Figur. Und beim Golfprofi Tiger Woods stellt sich gerade die spannende Frage: Bleibt er eine solche Figur?

Am Mittwoch sagte der inzwischen 40-Jährige seinen Start bei der PGA Championship ab. Überraschend kam das nicht. Woods hat den kleinen weißen Ball schon lange nicht mehr wirklich gut getroffen. Aber die Absage markiert einen Einschnitt. Zum ersten Mal, seit Woods sich dem Profi-Zirkel anschloss, wird er in diesem Jahr an keinem der vier bedeutendsten Turniere teilnehmen. Die Absage lässt eine Erkenntnis reifen: Der Mann, der den Golfsport lange prägte und diesen nachhaltig veränderte - er könnte eines Tages den Schläger tatsächlich ganz aus den Händen legen. Und dieser Tag ist womöglich gar nicht mehr so fern. An Woods' Künsten zu zweifeln, galt lange als Sakrileg. Inzwischen aber türmen sich die Bedenken. Selbst der meist zurückhaltende Bernhard Langer meinte kürzlich: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass er noch einmal das Level von früher erreicht."

Woods, der im September 2015 am Rücken operiert wurde, will sich schonen. Die nächste Golf-Saison beginnt Mitte Oktober. In ihr will Woods wieder mitmischen. Ob er sich und seiner Marke aber einen Gefallen tut, wenn er sich dann erneut nur dort tummelt, wo er sich zuletzt bewegte - im Mittelmaß?

Für die Karrieren von Profi-Sportlern gibt es kein natürliches Ende. Die Frage, wann es genug ist, wann es genug sein sollte - sie ist deshalb kniffelig. Und häufig wird sie aus der Sicht des Publikums gestellt, das mit einem bekannten Athleten eben immer auch bestimmte Assoziationen verbindet. Michael Schumacher bekam das zu spüren, als er nach drei Jahren Pause im Alter von 41 ein Comeback wagte. Roger Federer bekommt das aktuell zu spüren, wenn er nach jedem verpassten Grand-Slam-Titel gefragt wird, warum er denn noch weiterspielt. Und auf Tiger Woods werden diese Fragen auch zurollen, sollte er sich irgendwann wieder einmal bei einem Golfturnier zeigen.

Marken wecken eben Erwartungen - und wie alle Konsumenten werden auch Sport-Konsumenten nicht gerne enttäuscht. Aus Gründen der Markenpflege aber abzutreten: Das tun wenige. Warum? Vielleicht deshalb: Michael Schumacher hatte Spaß an dem, was er tat. Roger Federer hat Spaß an dem, was er tut. Und solange Tiger Woods Spaß am Golf hat, wird er auch Golf spielen.

© SZ vom 21.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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