Kommentar:Unterm Heiligenschein

Lesezeit: 2 min

Die FIA hat eine Entscheidung getroffen, die der Formel-1-Show nicht unbedingt helfen wird. Gegen die Mehrheit der Protagonisten haben sie beschlossen, dass die Autos ab 2018 mit einem Sicherheitsteil ausrücken müssen, das alles andere als schön ist.

Von René Hofmann

Auf die Formel 1 kommen spannende Zeiten zu. Auf der einen Seite stehen die neuen Vermarkter, die vieles unternehmen, damit die teure Show wieder mehr Zuschauer findet. Auf der anderen Seite stehen die Regelhüter des Automobilweltverbandes FIA. Diese haben in dieser Woche eine Entscheidung getroffen, die der Show nicht unbedingt helfen wird. Gegen die Mehrheit der Protagonisten haben sie beschlossen, dass die Autos in der populären Rennserie ab 2018 mit einem neuen Teil ausrücken müssen, das der Sicherheit dient, aber alles andere als schön ist. Über die Köpfe der Fahrer spannt sich bald ein Sicherheitsbügel. Der erinnert an einen Heiligenschein und heißt deshalb - auf Englisch - auch so: Halo.

Schön ist dieser Schein nicht, weshalb die Puristen heute schon aufheulen: Die Formel 1 gebe ihre DNA preis. Zu der gehöre, dass die waghalsigsten Fahrer ihre Köpfe mutig aus den offenen Cockpits recken und in Traumautos an exotischen Orten um die Wette rasen. Mit Halo bleibt von den drei Merkmalen nur noch eines: die exotischen Schauplätze. Die Autos verlieren dramatisch an Reiz. Und die Köpfe der Helden verschwinden hinter breiten Bügeln, die im Fernsehen wie schwarze Balken wirken dürften. Den neuen Besitzern dürften die Neuerungen nicht gefallen. Aber ist es deshalb falsch, sie einzuführen? Nein.

Begrüßenswert ist, dass die FIA als Regelhüter wirkt

Die Puristen haben schon oft geheult. Als 1998 die profillosen Reifen verboten und in jeden Pneu Rillen gezogen wurden, um die Kurvengeschwindigkeit zu reduzieren, hieß es: Das wird der Show schaden! Als 2004 - um die Kosten zu dämpfen - die Regel eingeführt wurde, dass ein Motor ein komplettes Rennwochenende halten muss, stöhnten die Ingenieure: Das verstoße gegen den Grundsatz der Formel 1, dass dort alles im Überfluss vorhanden ist! Als es 2007 nur noch einen Reifenhersteller gab, klagten nicht wenige: Das ist das Ende des Wettbewerbsgedankens, die Formel 1 wird sozialistisch! Und als 2011 - als Hilfe beim Überholvorgang - der auf Knopfdruck abklappbare Heckflügel kam, fluchten die Fundamental-Fans: Das sei kein echter Kampf Mann gegen Mann mehr - und damit auch nicht Formel 1. Die Liste zeigt: Der Serie wurde schon so oft der Tod prophezeit, dass es einem Wunder gleichkommt, dass sie immer noch Runden dreht.

Halo wird den Nimbus auch nur bedingt beschädigen. Wie schlimm der Heiligenschein am Ende genau aussieht, wird sich erst 2018 zeigen; die Teams haben Zeit, schöne Ideen zu finden. Dass die FIA ihre Rolle als Regelhüter in diesem Punkt ernst genommen hat und die Einführung mit dem Argument der Sicherheit befiehlt, ist begrüßenswert. Sinnvolle Neuerungen müssen nicht durch Mehrheitsvotum legitimiert sein. Halo ist zunächst einmal ein Experiment. Falls es nicht funktioniert, wie heute berechnet, lässt es sich modifizieren oder wieder abschaffen. Mit den Rillenreifen ist das geschehen. Ständige Weiterentwicklung - das zeichnet die Formel 1 schließlich auch aus.

© SZ vom 21.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: