Kommentar:Überwachte Wachhunde

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Erst wird die eigene Wettbetrugskontrolle im Tennis hochgelobt und nun plötzlich selber überwacht. Die neue, groß vorgestellte Aufräumaktion passt zum Stil des Sports. Sie wirkt wie ein Feigenblatt.

Von Gerald Kleffmann

Die wichtigsten Tennisorganisationen wollen stärker gegen Wett- betrug vorgehen. Bei den Australian Open stellten sie nun Maßnahmen vor, mit denen sie gegen Match-Absprachen vorgehen wollen. Eine Task Force namens "Independent Review Panel" soll das bisherige Anti-Korruptionsprogramm nach Effektivität überprüfen und Verbesserungsvorschläge erarbeiten. Das klingt gut. Für diese Untersuchungseinheit wurde ein Sportrechtsexperte aus London verpflichtet. Der Anwalt Adam Lewis soll als unabhängige Instanz helfen, "Vertrauen in unseren Sport zurückzugewinnen", wie Chris Kermode, Präsident der Männertour ATP, erklärte. Das klingt noch besser. Aber wirklich überzeugen kann der Vorstoß nicht. Er wirkt wie ein Feigenblatt. Hauptsächlich soll der Öffentlichkeit vermittelt werden, dass etwas unternommen wird. Wären die Wachhunde bisher schon wachsam genug gewesen, bräuchte man ihnen nicht noch einen Wachhund vorzusetzen.

Die 2008 erst ins Leben gerufene "Integrity Tennis Unit" (TIU) war nach zwei Medienberichten zum Start des ersten Grand-Slam-Turnieres des Jahres in den öffentlichen Fokus geraten. Die BBC und das Onlinemedium Buzzfeed hatten berichtet, dass 16 Profis aus den Top 50 in den vergangenen zehn Jahren an Match-Absprachen beteiligt gewesen seien. Obwohl es offenbar eindeutige Hinweise gegeben hatte, hatten alle ihre Karriere weiterführen dürfen. Alles altbekannte Geschichten, entgegnete dem Wimbledon-Chef Philip Brook, der auch dem Tennis Integrity Board vorsitzt. Geklärt sind sie trotzdem nicht. Ob das jetzt geschieht - daran müssen sich die Tennisorganisationen messen lassen, nun, da sie unter Druck viel versprechen.

Künftig wollen die Autoritäten des weißen Sports transparenter und geschlossener agieren - was ein interessantes Versprechen ist: Vor einer Woche bewerteten die Regelhüter ihre eigene Arbeit noch als exzellent. "Die Ergebnisse der Untersuchung werden veröffentlicht, und Tennis hat zugesichert, alle Empfehlungen der Untersuchung umzusetzen", versicherte Brook. Lewis, der neue Wachhund, kann ganz aktuell bei den Australian Open mit der Inspektion beginnen. Eine Partie im Mixed-Wett-bewerb ist unter Manipulationsverdacht geraten, nachdem ein großer Wettanbieter das Erstrundenspiel aufgrund auffälliger Wettbewegungen aus dem Angebot nahm, die Verdächtigten schlecht spielten und glatt verloren.

© SZ vom 28.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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