Kommentar:Respektabel vorgelegt

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Roger Federer wird viel daran setzen, mit dem Millionen-Projekt Laver Cup nicht so rasch zu verschwinden, wie es der Showliga IPTL in Asien nun droht.

Von Gerald Kleffmann

Emotionale Szenen spielten sich ab am Sonntag in der O2-Arena von Prag. Als Roger Federer seinen Matchball gegen Nick Kyrgios verwandelt hatte, jubelte er wie bei seinem Triumph im Januar, als er nach einem halben Jahr Pause wie aus dem Nichts die Australian Open und seinen 18. Grand-Slam-Titel gewann. In der Kabine wurde der Pokal, hoch wie eine Statue, herumgereicht und aus ihm getrunken. Zuvor war drei Tage lang gebrüllt, geklatscht, mitgefiebert worden, und zwar: auf den Spielersitzen. Ein derartiges Spektakel hatte die Tenniswelt noch nie gesehen - sportlich war es ja um nichts gegangen, zumindest gab es nicht einen Weltranglistenpunkt zu gewinnen beim neu eingeführten Laver Cup.

Sechs Europäer gegen sechs Profis vom Rest der Welt, dieses Konzept, angelehnt am Modus des Ryder Cups im Golf, hatte sich Federers Manager Tony Godsick auf Wunsch seines Mandanten ausgedacht. In Prag erzählte Federer, er wolle dem Australier Rod Laver, der als einziger zweimal alle vier Grand Slams in einer Saison gewann, ein Denkmal setzen und dem Tennis Gutes tun. Beides ehrenwerte Ansätze. Gleichwohl ging es aber natürlich auch ums große Business und vielleicht auch um ein Projekt, das Federer nach seiner Karriere eine erste Positionierung sichert abseits seiner Stiftungsarbeit. Der Milliardär Jorge Paulo Lemann stieg mit ein, der australische Verband auch, globale Sponsoren zahlten viel, vermarktet wurde der Cup wie ein Weltereignis. Die alten Rivalen Björn Borg und John McEnroe mimten die Kapitäne. Und als Federer und Rafael Nadal, die noch nie Doppel zusammen gespielt hatten, gemeinsam antraten und im letzten Einzel Federer nach Abwehr eines Matchballs den Sieg Europas sicherte, wirkte der Plot wie von einem Regisseur inszeniert. Und dennoch war dieser Cup ein Erfolg, ein krachender, lauter, greller. Vor allem bei den Tennis-Organisationen ATP (Männertour) und ITF (Weltverband) wird man das Event mit gemischten Gefühlen verfolgt haben.

Während die ITF es seit Jahren nicht schafft, dem Davis Cup mit einer Reform eine Relevanz einzuhauchen, damit Branchengrößen öfter antreten, hat Federer gezeigt, dass es für Teamtennis kreative Formen gibt, die Spieler, Fans und Geldgeber faszinieren. Auch ist seine Veranstaltung planbarer für alle. 2018, das steht fest, ist Chicago Gastgeber. "Die Zeit wird zeigen, wie groß der Laver Cup werden kann", gab Federer zu, der schlau genug ist, um zu wissen: Sein Name ist der Motor des Erfolgs. Dass er andeutete, nach der Karriere als Kapitän bereitzustehen, ist daher auch eine Ansage: Federer wird viel daran setzen, mit dem Millionen-Projekt nicht so rasch zu verschwinden, wie es der Showliga IPTL in Asien nun droht. In Prag hat er schon mal respektabel vorgelegt, nach dem Motto: Den Laver Cup braucht keiner, aber jetzt ist es klasse, dass es ihn gibt.

© SZ vom 26.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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