Kommentar:Macht es wie Ingolstadt!

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Der dritte Bundesliga-Spieltag entkräftet die voreilig aufgestellte These, der FC Bayern München sei mal wieder unschlagbar - und liefert dem Rest der Liga mit den Auftritten von Bremen und Ingolstadt zwei Blaupausen.

Von Sebastian Fischer, München

Pep Guardiola hat der Bundesliga viele Euphemismen hinterlassen, die irgendwann niemand mehr ernstnahm. Eine Behauptung aus dieser Kategorie hat sich nun im Nachhinein überraschend als zutreffend herausgestellt. Sie stammt aus dem Dezember 2015, er sagte: Der FC Ingolstadt sei "die beste Mannschaft". Man sollte den Satz nur ein wenig präzisieren: Der FC Ingolstadt ist das beste Beispiel. Das beste Beispiel, dass der FC Bayern schlagbar ist. Für 16 Mannschaften in Deutschland.

Unter Guardiola schlugen die Bayern den damals noch von Ralph Hasenhüttl trainierten FCI mit gerademal 2:0, Lukas Hinterseer vergab eine Großchance zur Führung. Nun, unter Carlo Ancelotti, haben die Bayern mit 3:1 gewonnen, 13:10 Torschüsse sprachen allerdings für die Ingolstädter, die sogar in Führung gingen, und bei denen wieder Hinterseer eine Großchance vergab, diesmal zum möglichen Ausgleich. Ingolstadt spielte mutig, selbstbewusst und mit hohem Pressing. Ingolstadt entwarf eine Blaupause, wie der FC Bayern an einem schwachen Tag durchaus zu schlagen ist.

Der dritte Spieltag ist einer, der eine voreilig aufgestellte These für diese 54. Bundesliga-Saison vorsichtig entkräftet, das lag nicht nur am mutigen Auftritt des FC Ingolstadt. Schon nach einem Spiel hatten sogar führende Fußball-Funktionäre in Deutschland ja den Alleingang des FC Bayern ausgerufen. Den kann es freilich immer noch geben, aber die Aussagen am ersten Spieltag basierten auf einer falschen Grundlage: Der Grundlage nämlich, dass der FC Bayern am ersten Spieltag mit 6:0 gegen eine echte Fußball-Mannschaft gewonnen habe. Werder Bremen allerdings, das ist spätestens jetzt klar, ist zurzeit nur die Karikatur einer Fußballmannschaft.

Bremen tritt auf, wie eine professionelle Fußballmannschaft nicht auftreten darf

Selten sah eine Gruppe hauptberuflicher Kicker so lust- und planlos aus wie die Bremer am Samstagabend während der ersten Halbzeit beim 1:4 in Gladbach: riesige Abstände zwischen den Mannschaftsteilen, amateurhafte individuelle Fehler, Slapstick. Bremens Leistung (in der ersten Halbzeit, in der zweiten Halbzeit zeigten sie immerhin so etwas wie eine Reaktion) war die zweite Blaupause des Samstags; und zwar dafür, wie eine Bundesligamannschaft sich niemals präsentieren sollte, wenn sie ihren Anhängern Eintrittskarten und Merchandise verkaufen will.

Bremen und Ingolstadt trennt in der Tabelle nur ein Punkt, aber fußballerisch trennt die zwei Mannschaften gerade eine ganze Menge; die eine hat sich ihrem Schicksal ergeben, die andere hat es für 90 Minuten vorbildhaft bekämpft. Beide eint, auch wenn das beide am Samstag nicht freuen wird, dass sie der Liga ein wenig Hoffnung zurückgebracht haben. Denn rechnet man das 6:0 der Bayern am ersten Spieltag heraus (so wird es üblicherweise auch bei Kreisligisten gemacht, die während der Saison aufgeben), hat der Meister zweimal mühevoll gewonnen, gegen Schalke und gegen einen Abstiegskandidaten. Das bedeutet Hoffnung für die am Samstag gegen chancenlose Darmstädter erfolgreichen Dortmunder; das bedeutet vielleicht sogar Hoffnung für Hasenhüttls RB Leipzig, das Ingolstadt 2.0.

Ob es auch noch Hoffnung für Bremen gibt? Die Fehler liegen wie so üblich tief, in der Kader- und Personalplanung und der taktischen Ausrichtung der letzten Jahre. Pep Guardiola hat zwar bei seinem letzten Aufeinandertreffen mit Werder im April im DFB-Pokal behauptet, der Gegner sei top-top-super-super, würde gute Standards schießen und könne sogar den FC Bayern schlagen. Aber das gehörte schon in diese Kategorie der Euphemismen, die niemand ernstnahm.

© SZ vom 18.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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