Kommentar:Kontrast in der Heimat

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Der forsche Auftritt der Deutschen bei der Handball-EM wird getrübt vom Skandal zu Hause. Der Imageschaden durch den HSV wiegt schwer.

Von Joachim Mölter

Die Funktionäre der Handball-Bundesliga (HBL), die in diesen Tagen bei der Europameisterschaft in Polen vorbeischauen, können gar nicht so richtig genießen, was die junge Nationalmannschaft mit ihrem erfolgreichen Auftreten für das Ansehen dieses Sports in Deutschland tut. Denn so weit die Auswahl den Handball auch voranbringt in der öffentlichen Wahrnehmung - daheim in Deutschland wirft die Insolvenz des Bundesligisten HSV Hamburg alles wieder zurück.

Die HBL hat dem ehemaligen deutschen Meister und Champions-League-Gewinner am Mittwoch zwar die Lizenz entzogen, wegen "gravierender Verstöße gegen zwingend einzuhaltende Verpflichtungen", wie das unseriöse Geschäftsgebaren der HSV-Verantwortlichen umschrieben wird. Damit ist der Fall aber nicht erledigt. Nach den HBL-Statuten gilt der HSV Hamburg als erster Absteiger dieser Saison, darf sie aber noch zu Ende spielen, um Wettbewerbsverzerrung und finanziellen Schaden für die anderen 17 Erstligisten zu vermeiden. Aber das ist schon nicht mehr zu verhindern: Etliche HSV-Profis haben sich bereits neue Arbeitgeber gesucht, der Klub kann jetzt allenfalls noch Nachwuchsspieler aufbieten, die aber wohl kaum jemand sehen will in der höchsten Liga. Der Konkurrenz entgehen dadurch eingeplante Einnahmen aus dem Eintrittskartenverkauf. Es ist zudem gut möglich, dass der Insolvenzverwalter den HSV Hamburg auch sofort abmeldet, weil sich der Spielbetrieb nicht bis zum Saisonende finanzieren lässt. Wer steckt denn jetzt noch Geld in ein Unternehmen, das gerade zum Scheitern verurteilt worden ist?

Da sich die HSV-Verantwortlichen die Lizenz für dieses Jahr allem Anschein nach auf betrügerische Weise erschlichen haben, weil der Liga beim Lizenzantrag nicht alle Verträge und Vereinbarungen mit dem Hauptgeldgeber vorgelegt wurden, werden die Klubs und die Liga auch sorgfältig prüfen, ob sie Regressansprüche haben - und an wen die zu richten sind.

Die HBL wollte dem seit längerem klammen HSV Hamburg schon im vorigen Sommer keine Spielberechtigung mehr erteilen, musste es aber auf Geheiß seiner Schiedskommission doch tun. Die Lücken in den Regularien, auf denen dieses Urteil beruhte, sind inzwischen repariert, heißt es aus der HBL. Den Scherbenhaufen zusammenzukehren, den der HSV Hamburg nun hinterlässt, wird längere Zeit dauern. Um den Imageschaden der Liga auszugleichen, muss die Nationalmannschaft wohl noch einige erfolgreiche Turniere spielen.

© SZ vom 22.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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