Wie langweilig! Schon wieder die Holländer. Gibt es denn keine anderen Gegner in Europa?
So oder ähnlich lauteten gestern in Prag, Budweis oder Teplice die spontanen Schmerzensschreie. Und tatsächlich können einem die Tschechen Leid tun. Immer stehen ihnen diese Holländer im Weg. Vor drei Jahren waren sie Tschechiens erster Gegner während der Benelux-EM, und nach dem 0:1 in Amsterdam war das Turnier für Koller & Co. schon passé, denn in der nächsten Partie warteten die unbezwingbaren Franzosen. Da nützte auch der abschließende Sieg gegen Dänemark nichts mehr.
Diesmal, in der EM-Qualifikation, hatten die Tschechen zwar mehr Erfolg bei ihren Duellen mit den Holländern, doch was hilft's? Am 19. Juni in Aveiro, dem zweiten Euro-Spieltag, sieht man sich wieder, und erneut wird es dann heißen: Nur der Sieger kommt durch. Denn im dritten Spiel treffen die Tschechen auf die unbezwingbaren Deutschen.
Dichtung oder Wahrheit? Dichtung. Heutzutage ist niemand mehr unbezwingbar. Und besonders die Deutschen nicht. Nicht mal Gerhard Mayer-Vorfelder würde das noch behaupten, obwohl das DFB-Oberhaupt ermutigend daran erinnerte, dass man die Tschechen beim letztenTurniertreffen gleich zwei Mal besiegt habe. Das geschah allerdings in England 1996, und ebenso gut könnte man dann den 1. FC Nürnberg zur zweiten deutschen Fußballgroßmacht erklären - weil er nach den Bayern die meisten Meistertitel gesammelt hat.
Wahr ist statt dessen, dass gemäß der jüngsten Entwicklung des deutschen Fußballs vor dem Losen in Lissabon folgende Gewissheit herrschte: dass jede erdenkliche Konstellation von den meisten deutschen Kommentatoren zum Härtefall erhoben würde, zur Hammer- alias Todesgruppe. Nur Lettland stört ein wenig in dieser vom Minderwertigkeitskomplex geprägten Wahrnehmung. Doch wie bemerkte Oliver Kahn voller Sarkasmus? "Die sogenannten Experten werden Lettland sicher als Außenseiter bezeichnen."
Unfug. Es gibt nur einen Außenseiter in dieser Gruppe: Deutschland. Aber die können jeden bezwingen.