Kommentar:Dieter Nuhr spielt Cristiano Ronaldo

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Der Portugiese gewinnt wieder einmal den Ballon-d'Or-Titel. Es wäre gutes Kabarett - wenn nur geklärt wäre, um welche Wahl es genau geht.

Von Benedikt Warmbrunn

Es überrascht dann doch, dass niemand vor Robert Lewandowski auf diese Idee gekommen ist. "Le cabaret" schrieb der Angreifer des FC Bayern am Montagabend als Reaktion auf die Ballon-d'Or-Wahl, und wer das nun interpretierte als die Aussage eines Frustrierten, der gerade einmal auf Platz 16 gelistet wurde, der hatte Lewandowski nicht verstanden. Es war vielmehr ein ausgesprochen sachdienlicher Hinweis, der eine Lücke im Programm des deutschen Kabaretts aufdeckte.

Die Eitelkeit, die Gier, die Selbstbezogenheit des Profifußballs, all das bündelt sich in der Frage nach dem besten Fußballer der Welt. Ich, ich, ich, lauter wird das in diesem vermeintlichen Mannschaftssport selten geschrieben und gefeiert - bester, abendfüllender Kabarettstoff also.

Die Besetzung dürfte schnell geklärt sein: Dieter Nuhr spielt Cristiano Ronaldo, den einen Seriensieger. Urban Priol übernimmt den Part von Lionel Messi, dem anderen Seriensieger. Den Dritten, also den Seriennichtsieger, spielt Dirk Stermann, der ist Niederlagen gewohnt als Fan des MSV Duisburg. Durch den Abend führt Didi Hallervorden.

Es wäre also wirklich einfach, ein Kabarettprogramm zum Getöse um den besten Fußballer der Welt zusammenzustellen. Wenn geklärt wäre, um welche Wahl genau es gehen sollte.

Die Wahl, die Lewandowski am Montag zu seinem Kabarett-Vorschlag inspirierte, trägt den Titel Ballon d'Or, der Sieger, in diesem Jahr Nuhr/Ronaldo vor Priol/Messi und Stermann/Griezmann, bekommt also einen goldenen Ball. Durchgeführt wird die Wahl von der Zeitschrift France Football, seit 1956. Nicht durchgeführt wird sie vom Weltverband Fifa, der seit 1991 einen Weltfußballer des Jahres wählen lässt. Von 2010 bis 2015 gab es nur eine Wahl: Wer den goldenen Ball bekam, war auch Weltfußballer. Aber das passte der Fifa nicht in ihr ansonsten durchaus kabaretttaugliches Auftreten. Also ist Nuhr/Ronaldo seit Montag zwar Gewinner des Ballon d'Or, Weltfußballer ist er aber nicht. Zu diesem wird er erst auf einer Gala der Fifa im Januar in Zürich gekürt, es sei denn, es gewinnt Priol/Messi, aber das wäre etwas überraschend in einem Jahr, in dem Nuhr/Ronaldo die Champions League mit Real Madrid und die Europameisterschaft mit Portugal gewonnen hat.

Um welche Wahl genau es in diesem Kabarettprogramm gehen sollte, ob um den Ballon d'Or oder die Wahl zum Weltfußballer, das wäre zumindest dem Initiator Robert Lewandowski reichlich egal. Er würde wohl nur eine Kleinigkeit ändern. Den Seriensieger Cristiano Ronaldo, den würde er anstelle von Dieter Nuhr doch ganz gerne selber spielen.

© SZ vom 14.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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