Kommentar:Der Aufseher aus dem Skandalklub

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Der Weltverband bestellt den Griechen Giannikos als Servicemann für seine Mitgliedsverbände. Dabei irritiert, dass er auch die Aufräumarbeiten im hellenischen Verband überwachen soll.

Von Thomas Kistner

Kürzlich hat Reinhard Grindel die Gründe benannt, warum der Deutsche Fußball-Bund im September bei der Uefa-Thronwahl den unbekannten Slowenen Aleksandar Ceferin unterstützte - anstelle des niederländischen Transparenz-Verfechters Michael von Praag. Ein Kernpunkt sei, so der DFB-Chef im SZ-Interview, dass van Praag nicht mit Uefa-Generalsekretär Theodore Theodoridis hätte arbeiten wollen - das halte man "für falsch". Immer wieder müssen die DFB-Oberen ihr Votum pro Ceferin verteidigen. Der Aufsteiger wirft heikle Fragen auf, von seiner Funktionärsvita bis zum Umgang des Nationalverbands mit einem Kredit, der großenteils in eine Onlinelotterie geflossen ist. Zudem steht hinter Ceferins Aufstieg Gianni Infantino, der affären- umtoste Boss des Weltverbandes Fifa.

Giannikos Qualifikation? Er hat jahrelang nix mitgekriegt

Dabei wollen die DFB-Vertreter ja nun gerade für einen sauberen, runderneuerten Fußball sorgen. National, wo das Sommermärchen der Aufklärung harrt; und international, wo das Kickergewerbe dank Ermittlungen, Verhaftungen und Anklagen in mafiösen Ruch geraten ist.

Nun zeichnet sich eine Entwicklung ab, die die DFB-Position als naiv entlarvt. Just mit Blick auf den geschätzten Uefa-General Theodoridis, der sein Amt von dem an die Fifa-Spitze gewechselten Freund Infantino übernahm, ist ja seit langem eine irritierende Liaison bekannt. Vater Theodoridis ist Vizepräsident beim griechischen Traditionsklub Olympiakos Piräus, den die Staatsanwaltschaft seit Jahren im Visier hat. Klubeigentümer Evangelos Marinakis wird die Leitung einer kriminellen Bande angelastet, es geht um Erpressung, Bestechung - und verschobene Spiele. Marinakis und Mitarbeiter würden, so Staatsanwalt Aristeidis Koreas, "Polizei, Richter, Politiker und andere Funktionäre benutzen", um die Dominanz des Klubs zu festigen. Dutzende Funktionäre, nicht nur von Olympiakos, stehen im Fokus.

Der griechische Fußball ist ein korruptes Chaos, gerade brannte das Haus eines hohen Schiedsrichterfunktionärs ab. Ordnungsversuche der Regierung unterlaufen die Dachverbände selbst; die beeindruckend gut unterlegten Spielmanipulationsvorwürfe gegen Olympiakos hat die Uefa 2015 nicht einmal zum Anlass für eine Sperre genommen. Da hieß der Generalsekretär noch Infantino.

Und der neue DFB spielt das alte Fifa-Spiel weiter mit

Marinakis bestreitet die Vorwürfe; gegen den Klubvize und Vater des Uefa- Generals Theodoridis liegen konkret keine vor. Auch nichts gegen dessen früheren Amtskollegen Theodore Giannikos - aber dieser arbeitete fast eine Dekade lang als wichtiger Ratgeber des schillernden Klubeigners. Deshalb klingt die nun verbreitete Personalrochade bei Infantinos Fifa wie ein schräger Scherz: Giannikos soll Chef der Serviceabteilung für die Mitgliedsverbände werden, berichten internationale Medien; eingeweihte Kreise bestätigen es. Die Fifa schweigt dazu.

Giannikos fiele so auch die Aufsicht über die Aufräumarbeiten im hellenischen Fußball zu. Braucht ein Krisenhelfer, der (ungeachtet seiner persönlichen Rolle) jahrelang wichtige Funktionen bei einem Skandalklub ausübte, nicht stärkere Qualitätsnachweise als den, nie etwas von den offenkundig kriminellen Umtrieben mitgekriegt zu haben? Das immer engere Dreieck Olympiakos, Uefa und Fifa zeugt nicht von Aufbruch. Es bringt die Verbände in Erklärungsnot.

Neun Monate währt die Ära Infantino, sie hat aber schon das Zeug, die Ära Sepp Blatter in den Schatten zu stellen. Und der neue DFB spielt mit, wie es der alte stets tat. Er ist gut bedient, wenn ihm nur Naivität unterstellt werden darf.

© SZ vom 15.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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