Kommentar:Besser ohne Trauschein

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André Schubert eilt mit Mönchengladbach von Sieg zu Sieg, und nach jedem neuen Erfolg muss sich der Übergangstrainer zu seiner Zukunft befragen lassen. Dabei ist der Beziehungsstatus gut, so wie er ist: ungeklärt.

Von Filippo Cataldo

Am Ende ist es vielleicht wirklich eine Frage der Definition. "Wir sind doch alle Interimstrainer. Ich habe nur keinen Vertrag", hat André Schubert also gesagt nach dem sechsten Sieg Borussia Mönchengladbachs im sechsten Ligaspiel unter der Anleitung des früheren Germanistik-Studenten und heutigen Rekord-Starters. Sechs Siege zu Beginn einer Amtszeit gelangen zuvor nur Willi Entenmann. Zwischen dem 26. und 31. Spieltag gewann der VfB Stuttgart 1986 alle Spiele, schoss dabei 18 Tore - drei weniger als Schuberts Gladbacher jetzt.

Mit dem 4:1 in Berlin hat sich Schubert, besondere Merkmale Glatze und Kapuzenpulli, endgültig zum Winning One aufgeschwungen - und einen herrlich pragmatischen und ebenso ehrlichen Blick auf das Geschäft offenbart.

Nicht beziehungsfähige Klubchefs schmeißen mit Verträgen um sich

1,2 Jahre beträgt die durchschnittliche Verweildauer eines Bundesliga-Trainers, Tendenz: stark sinkend. Trotzdem werden Trainer wie Armin Veh (schließt konsequent nur Einjahresverträge ab) oder Huub Stevens (plant nur von Rettungsmission zu Rettungsmission) immer noch als Sonderlinge angesehen. Übrigens auch von den Entscheidungsträgern der Klubs, die mit langfristigen Verträgen für die Trainer um sich schmeißen, wohl um zu vergessen, dass sie eigentlich nicht beziehungsfähig sind. Die Folge: Die Manager sammeln Trainer, auf den Gehaltslisten der Klubs tummeln sich manchmal sogar zwei, drei freigestellte Übungsleiter gleichzeitig.

Wie wohltuend ist da der Gladbacher Weg! Nach dem - übertragen gesehen - traumatischen, weil wenigstens nach außen abrupt erscheinenden Ende der Liebes-Ehe mit Lucien Favre verweigert der findige Klub-Manager Max Eberl beharrlich ein Bekenntnis zur neuen Beziehung.

Nicht, weil am Horizont vielleicht doch noch eine schönere Braut auftauchen könnte - "wir sprechen mit keinem anderen Trainer", hat Eberl in Berlin wiederholt. Sondern weil es doch auch so wunderbar funktioniert mit Schubert. Wieso immer gleich heiraten, wenn die wilde Ehe doch genauso gut funktioniert? Schubert scheint es sowieso herzlich egal zu sein, ob er nun Interims-, Chef- oder eigentlicher Amateurtrainer genannt wird - und seine Bezüge soll Eberl inzwischen auch schon angepasst haben auf gehobenes Bundesliga-Niveau.

Statt also Schubert und Eberl Woche für Woche die ewig gleiche Frage nach ihrem aktuellen Beziehungsstatus zu stellen, sollte man die beiden einfach so weitermachen lassen. Gerne bis zur Winterpause, gerne bis zum Saisonende, gerne auch darüber hinaus. Solange es eben auch so super funktioniert, ohne Trauschein glücklich.

© SZ vom 01.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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