Kaiserslautern besiegt Kiel:Kein Platz für Frusttrinker

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Starker Start: Unter Neu-Trainer Michael Frontzeck hat Kaiserlautern wieder Anschluss an die Nichtabstiegsplätze gefunden. (Foto: Uwe Anspach/dpa)

Der 1. FC Kaiserslautern zeigt beim 3:1 gegen Kiel die beste Leistung seit langem. Die Pfälzer bleiben zwar Letzter, doch es keimt Hoffnung auf - auch weil sich der Klub binnen sechs Wochen komplett neu aufgestellt hat.

Von Tobias Schächter, Kaiserslautern

Auch knapp zwei Stunden nach dem Abpfiff feierten in der Halle unter der Südtribüne des Fritz-Walter-Stadions noch ziemlich viele Menschen. Wer in den vergangenen acht Monaten nach Heimspielen des 1. FC Kaiserslautern den Heimweg antrat, sah dort schnell meist nur noch ein paar Frusttrinker. Und wer in diesen unseligen Monaten der steigenden Hoffnungslosigkeit weiter Richtung Stadt gegangen war, fand auch hinter der Westkurve, dort, wo die ganz harten Fans des FCK stehen, sehr schnell nach den Spielen verwaiste und geschlossene Buden vor.

Am Freitag aber war alles ganz anders. Statt Frust herrschte dank dieses umjubelten 3:1-Sieges gegen Holstein Kiel plötzlich wieder Hoffnung. "Der FCK ist wieder da", riefen die rund 20 000 Fans stolz und sangen sogar selig: "Oh wie ist das schön". Dabei ist der FCK noch immer Tabellenletzter - aber statt zehn Punkten Rückstand auf Relegationsplatz 16 wie noch vor zehn Tagen, sind es seit Freitag nur noch vier. Hinter der Westkurve diskutierten ein paar Anhänger schon mögliche Relegationsspiele gegen den verhassten Rivalen Karlsruher SC, der in Liga 3 im Kampf um den Relegationsplatz mitmischt. "Das wäre der Knaller", meinte einer. Ein anderer sagte: "Ach was, wir brauchen keine Relegation: Wir schaffen es auch so."

Trainer Frontzeck wurde nicht freundlich empfangen, inzwischen hat er sich Respekt erarbeitet

Die Stimmung kann bei einem Traditionsklub wie dem 1. FC Kaiserslautern unheimlich schnell von einem Extrem ins andere wechseln. Die Lage des FCK ist immer noch schlecht, zumal auch finanzielle Altlasten den Klub stark belasten. Doch es ist nicht nur der zweite Sieg in Serie unter dem neuen Trainer Michael Frontzeck, 53, der Hoffnung macht, wo bislang nur Endzeitstimmung herrschte. Eine sostarke Leistung hat man von einer FCK-Mannschaft auf dem Betzenberg sehr lange nicht gesehen.

In den vergangenen sechs Wochen hat sich der FCK komplett neu aufgestellt - auf und neben dem Platz. Der im Dezember neu gewählte Aufsichtsrat berief mit Martin Bader endlich einen Sportvorstand. Der ehemalige Sportchef des 1. FC Nürnberg und von Hannover 96 brachte zum Amtsantritt am 1. Februar Frontzeck als neuen Trainer mit. Nötig war das geworden, weil Vorgänger Jeff Strasser wegen Herzproblemen in der Halbzeit des Spiels bei Darmstadt 98 vor drei Wochen in eine Klinik gebracht werden musste. Strassers Genesung wird Zeit brauchen.

Frontzeck, der mit Bader schon in Hannover gearbeitet hat, wurde nicht freundlich empfangen. Doch er hat sich durch zwei Siege und unerschütterliches Auftreten Respekt verschafft. Er hat das in der Vorbereitung unter Strasser eingeübte System mit zwei Spitzen übernommen, trotzdem läuft einiges anders. Besonders Stürmer Osayamen Osawe erlebt einen Leistungsschub, gegen Kiel war der Sprinter bester Mann auf dem Platz. Dabei hatten ihn viele Fans schon abgeschrieben. Aber nun geht es dem Angreifer wie der gesamten Mannschaft: Man traut ihm wieder etwas zu. "So viele Chancen hatten wir die gesamte Vorrunde nicht wie heute", staunte FCK-Kapitän Christoph Moritz, der Frontzeck lobt: "Der Trainer strahlt Ruhe und Erfahrung aus, nimmt unter die Woche die Spieler in Gesprächen in den Arm und packt sie."

Als Altintop eingewechselt wurde, riefen 20 000 Fans seinen Namen

Moritz, der einst in Mainz und Schalke in der Bundesliga spielte, musste in der Vorrunde noch alleine vorangehen. Im Winter aber hat Sportdirektor Boris Notzon dem Kader drei Routiniers hinzugefügt, die die Mannschaft stabilisieren: Innenverteidiger Jan-Ingwer Callsen-Bracker, 33, ausgeliehen vom FC Augsburg, ist bereits eine unumstrittener Führungsspieler. Rückkehrer Ruben Jensen (Groningen) verstärkt das Mittelfeld. Ein zweiter Rückkehrer, Halil Altintop (Slavia Prag), hat zwar noch Trainingsrückstand, gilt aber bereits als Identifikationsfigur. Als der ehemalige türkische Nationalspieler in der 65. Minute gegen Kiel eingewechselt wurde, riefen 20 000 Fans seinen Namen.

Altintop hat eine besondere Beziehung zum Verein und zur Stadt, seine Frau kommt von hier. In Kaiserslautern gelang ihm einst der Durchbruch. Er kennt die Geschichte des Klubs und hat seine Mitspieler auch darauf eingeschworen. Wegen Typen wie Altintop, Jensen und Callsen-Bracker sagt Torwart Marius Müller: "Endlich haben wir wieder einen Spirit in der Kabine drin." Es scheint, als entwickle diese Mannschaft gerade eine innere Kraft. Ein paar Zuschauer mehr dürften es aus Altintops Sicht schon sein: "Ich kenne das Stadion nicht mit so wenig Fans. Wenn das Flutlicht hier an war, dann hatten die Gegner zu meiner Zeit richtig Angst - da müssen wir wieder hinkommen."

© SZ vom 11.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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