José Mourinho:Favorit Nummer drei des Playboys

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In Ermangelung anderer Optionen denkt Trainer José Mourinho an Bayern - und rechnet mit baldigem Kontakt.

Raphael Honigstein, London

An diesem Montag, 10 Uhr, beginnt mit der ersten Trainingseinheit 2008 für den FC Bayern offiziell die Rückrunde. Ottmar Hitzfeld wird wie gewohnt die Kondition der Spieler testen, für Fußballdeutschland aber steht ab sofort das Stehvermögen des zum Saisonende scheidenden Trainers auf der Probe. "Dead man Walking" - sinngemäß: einen "Zombie-Trainer" - nennt man in England einen Coach, der nicht mehr ganz da ist, aber auch noch nicht völlig weg. Und diese Zwischenwelt ist nur mit immensem Kraftaufwand schadlos zu navigieren. "Die nächsten Monate werden für mich hart", sagte der 58-Jährige bereits der Schweizer Zeitung Blick.

Während also die Medien tagtäglich einen neuen Trainer-Kandidaten durchs Dorf treiben, muss der Verein aufpassen, dass ihn die emsige Suche nach dem Nachfolger nicht am rot-weißen Nerv trifft. Der ganz große Zeitdruck besteht im Gegensatz zur Situation vor zwölf Monaten, als sich Felix Magaths Demission abzeichnete, diesmal nicht. Doch monatelange Spekulationen wären dem sportlichen Erfolg kaum dienlich, zudem erschweren sie die Kaderplanung. Allein eine schnelle Lösung verspricht Ruhe, doch bis diese präsentiert werden kann, wird es zwangsläufig hektisch sein. Das ist das Paradoxon der Säbener Straße.

"Bayern München - warum nicht?"

Nun hat sich zu allem Überfluss im fernen Setúbal auch noch das mutmaßlich größte Biest selbst von der Leine gelassen. "Bayern München - warum nicht?", ließ José Mourinho über seinen Sprecher Eliado Parames via Welt verkünden. Klubchef Franz Beckenbauer hatte den Portugiesen kürzlich als "Hochkaräter" gerühmt; und einen namhafteren Trainer als den im Herbst beim FC Chelsea gefeuerten 44-Jährigen gibt es derzeit nicht auf dem Markt. Bemerkenswert ist, dass sich der Egozentriker jetzt ins Gespräch bringt. Bis auf einen nicht ernst gemeinten Halbsatz im September ("Ich will Italienisch lernen oder Deutsch") hatte er bisher nicht das geringste Interesse an München gezeigt. "Bayern? Keine Chance", sagte einer seiner engsten Vertrauten noch vor einem Monat; Mourinho spekuliere vielmehr auf einen Posten bei Real Madrid, Barcelona, Inter oder dem AC Mailand.

Doch zu seiner großen Enttäuschung hat sich in der Zwischenzeit von dem großen Quartett niemand gemeldet. Roberto Mancini und Bernd Schuster sitzen ja bei Inter und Real fest im Sattel; Milan wird Carlo Ancelotti wahrscheinlich durch einen anderen ehemaligen Spieler ersetzen. Und in Barcelona soll Johan Cruyff, die graue Eminenz hinter den Kulissen, ein Veto gegen den Portugiesen eingelegt haben. Da sich auch Englands Verband nach Verhandlungen nicht in der Lage sah, Mourinhos massiven Forderungen nachzukommen - der ehemalige Dolmetscher hätte als Nationaltrainer strukturelle Reformen, eine gewaltige Kompetenzmacht und sogar Einfluss auf die Trainingsarbeit in den Premier-League-Vereinen beansprucht -, hat es Bayern, so sein Vertrauter zur SZ, jetzt zumindest in Mourinhos engere Wahl geschafft: Momentan, so heißt es in Setúbal, rangiere der Rekordmeister hinter Barcelona und Liverpool, wo Mourinhos Erzfeind Rafael Benítez wohl spätestens im Sommer gehen muss, auf dem dritten Platz der persönlichen Favoritenliste.

Seine Berater erwarten nun in dieser Woche eine Kontaktaufnahme der Münchner, denn wenn überhaupt, betonen sie, müsse alles sehr schnell gehen. Und zwar nicht nur mit den Verhandlungen - Mourinho will am liebsten schon im Frühjahr zurück auf die Trainerbank. Das macht die Sache für die Bayern mit Sicherheit komplizierter.

Aurokrat, Klassenplayboy, Meister der Eigenpropaganda

Selbst wenn die vorzeitige Trennung von Hitzfeld theoretisch denkbar wäre, müssten sich die Münchner im Klaren sein, welcher Preis für José, den Provokateur, zu zahlen ist. Damit ist nicht nur das kaum unter sieben Millionen Euro rangierende Gehalt und die endgültige Hollywoodisierung des Vereins gemeint. Es müssten gewaltige Investitionen getätigt werden. Das Problem mit fortschrittlichen Trainern ist ja, dass sie neben feinen Konzepten auch eine Armee aus Scouts, Spezialtrainern und Gehilfen mitbringen. Bestenfalls entsteht, wie beim von Arsène Wenger geführten FC Arsenal, ein stimmiges Gesamtkunstwerk - wenn es jedoch nicht funktioniert, muss gleich eine komplette Betreuer-Mannschaft ausgetauscht werden. Was in England gern als Kontinuität verkauft wird, ist nicht selten aus der Not geboren: Den Klubs fehlt schlichtweg das Geld, öfter die Trainer zu wechseln.

Noch wissen die Münchner Macher um Manager Uli Hoeneß und Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge wohl selber nicht, ob man wirklich so einen Autokraten haben möchte. In der Zwischenzeit wird José Mourinho, der Meister der Eigenpropaganda, weiter amüsiert mit dem Zaunpfahl winken, allein aus Lust an der Sache. Der Klassenplayboy flirtet schon mal heftig mit sehr vielen Mädchen. Und wenn nur, um sich seinen Status zu bestätigen.

© SZ vom 07.01.2008/lsp - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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