Joachim Löw entzürnt:Deutlicher Konter

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Nach Mehmet Scholls überfallartigem Angriff auf Urs Siegenthaler, den Taktik-Berater des DFB, fällt die Reaktion harsch aus. Der Bundestrainer rügt den Stil des ARD-Experten: "Das finde ich nicht in Ordnung."

Von Christof Kneer, Évian

Es ist bis heute umstritten, wie im Halbfinale der EM 2012 diese umstrittene Elf auf den Platz kam. Glaubt man dem ARD-Experten Mehmet Scholl, dann muss alleine Urs Siegenthaler vor vier Jahren jene deutsche Aufstellung ausgeheckt haben, die sich damals im Halbfinale gegen Italien als fatal erwies. Scholls überfallartiger Angriff am vergangenen Samstag auf Joachim Löws Chefscout ("Er soll bitte morgens liegenbleiben und nicht mit irgendwelchen Ideen kommen") hat die DFB-Verantwortlichen aus mehreren Gründen etwas ratlos gemacht; sie haben Scholls Motiv auch nach zwei Nächten Schlaf nicht recht begriffen, und vor allem wissen sie, dass Siegenthaler zumindest für 2012 nicht das richtige Zielobjekt ist. Die EM in Polen und der Ukraine verpasste der Schweizer wegen einer Erkrankung, und er hat zumindest immer wieder behauptet, dass er bei besagter Aufstellung keinerlei Hände im Spiel hatte.

Scholls rüder Ritt hat den DFB zu mehreren Klarstellungen veranlasst, nach Teammanager Oliver Bierhoff hat nun auch Bundestrainer Joachim Löw in die Debatte eingegriffen. Er habe "das Medienrauschen mitbekommen", sagte Löw am Montag und wirkte recht entspannt dabei, Taktikdebatten seien "das Recht jedes Einzelnen, für solche Dinge bin ich immer offen". Das war aber nur eine kleine diplomatische Vorrede, ihr folgte ein deutlicher Konter: "Ich finde es äußerst negativ, wenn man wertvolle Mitarbeiter von mir in meinem Stab persönlich angreift", sagte Löw, "das finde ich nicht in Ordnung, weil Außenstehende die Abläufe, die es intern gibt, nicht beurteilen können. Da sollte sich der ein oder andere mal Gedanken machen." Gemeint war wohl vor allem der eine.

Auch Siegenthaler selbst hat sich inzwischen zu Wort gemeldet, auch ihm war wichtig zu betonen, dass ihm partout kein Grund für Scholls Offensive einfalle. "Ich weiß nicht, was ich Herrn Scholl getan habe", sagte er der Bild-Zeitung, "jeder kann erzählen, was er will, sich so zu äußern, ist Scholls gutes Recht. Ich kenne ihn allerdings persönlich nicht." Und etwas spitz fügte der Schweizer noch hinzu, vor 1000 Jahren hätten "die Menschen auch gedacht, die Erde sei eine Scheibe. Es hat einige Zeit gebraucht, bis sie begriffen haben, dass sie eine Kugel ist."

Was das, auf den Fernsehexperten Mehmet Scholl gemünzt, genau bedeuten solle, hat er offen gelassen. Das Finale überträgt übrigens die ARD.

© SZ vom 05.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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