Ironman in Frankfurt:Bereit, sich zu schinden

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Einer der besten Triathleten der Welt: Sebastian Kienle beim Ironman in Frankfurt am Main. (Foto: Heiko Blatterspiel/dpa)

Sebastian Kienle will mit einem Sieg beim Ironman Europe in Frankfurt in die Saison starten - und dann Jan Frodeno herausfordern. Die Voraussetzungen sind so gut wie seit Jahren nicht mehr.

Von Frank Ketterer, Frankfurt

Sebastian Kienle war acht Jahre alt, als er seinen ersten Triathlon absolvierte. Damals, vor 25 Jahren, gab er als Drittklässler den Berufswunsch "Triathlonprofi" an, so jedenfalls ist es in der Schülerzeitung dokumentiert. "Meine Klassenlehrerin meinte zwar, ich solle doch besser etwas Realistisches eintragen, aber das war mir ziemlich egal", sagt Kienle. Er lacht, wenn er sich daran erinnert. Schließlich hat er es tatsächlich geschafft: Seit ein paar Jahren schon ist er einer der weltbesten Triathleten.

Nun, an diesem Sonntag, will sich Kienle, Gewinner des Ironman in Hawaii 2014, einen weiteren Wunsch erfüllen. Zum vierten Mal geht er beim Ironman Europe in Frankfurt an den Start, zum dritten Mal möchte er ihn gewinnen. Der Wunsch ist realistischer als damals, in der dritten Klasse, denn Kienle ist der große Favorit. Doch ambitioniert ist es trotzdem.

So eine Schinderei über 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Rad fahren und 42,195 Kilometer Laufen, das weiß er, ist, immer eine Gratwanderung entlang der eigenen Grenzen. Zum andern kann sich Kienle noch gut an die Erfahrungen bei seinem Vorjahressieg erinnern. "Ich hatte das Gefühl, an die Himmelspforte geklopft zu haben", hatte er nach dem Rennen gesagt. Vor allem sein Freund und Trainingspartner Andreas Böcherer trieb ihn damals zum Äußersten, nämlich zu einer neuen persönlichen Bestzeit (7:52:43 h) und der schnellsten Marathonzeit (2:44:12h), die Kienle jemals gelaufen ist.

Lange sah man ihn öfter beim Aqua-Joggen als in Laufschuhen

Nach zehn Jahren als Profitriathlet ist Kienle klug und erfahren genug, um sich an diesem Sonntag auf eine ähnliche Schlacht einzustellen. "Alles andere wäre naiv" sagt er, zumal auch Böcherer wieder an der Startlinie stehen und versuchen wird, seinem Freund das Leben so schwer wie möglich zu machen. Doch auch der Darmstädter Patrick Lange, im Vorjahr Überraschungs-Dritter auf Hawaii, sowie der Kanadier Nick Kastelein, müssen erst mal in Schach gehalten werden. "Es wird definitiv knallhart", sagt Kienle.

Allerdings hat er die beste Saisonvorbereitung seit fünf Jahren hinter sich, wie er selbst sagt. Nicht nur die klimatischen Bedingungen im zweimonatigen Wintertrainingslager in Tucson im Süden Arizonas waren nahezu optimal, erstmals war auch Kienles Ehefrau Christine Schleifer, 2012 selbst deutsche Duathlon-Meisterin, mit dabei. Die größte Veränderung und Neuerung indes dürfte gewesen sein, dass Kienle endlich und erstmals seit langem wieder ein ganz normales Lauftraining absolvieren konnte. In den Vorjahren hatten dies Achillessehnenprobleme weitgehend unmöglich gemacht. Selbst 2014, in seinem bislang erfolgreichsten Jahr, in dem Kienle in Frankfurt und auf Hawaii gewann, konnte er phasenweise gerade mal 30 Kilometer pro Woche laufen. Sogar in der direkten Hawaii-Vorbereitung sah man ihn damals mehr beim Aqua-Jogging als in Laufschuhen. "Lange Zeit war es so, dass meine Achillessehnenprobleme den Trainingsplan diktiert haben. Jetzt ist es so, dass wir einfach einen Plan machen - und ich kann ihn umsetzen", sagt Kienle. "Es ist kein ständiges Abwiegen mehr, ob ich noch eine Einheit machen kann oder nicht." Was er in den Vorjahren im Training in einer Woche lief, läuft er heute bisweilen an einem Tag.

Es scheint, als sei Kienle gerüstet. Nicht nur für diesen Sonntag in Frankfurt, sondern auch für den Oktober auf Hawaii. Dort steht der große Showdown mit Jan Frodeno an, dem Olympiasieger, dem Hawaii-Champion der beiden vergangenen Jahre, dem Nonplusultra auf der Ironman-Distanz. Dass Frodeno in Frankfurt fehlt, weil er bereits letztes Wochenende beim Ironman Austria in Klagenfurt startete und gewann, bedauert Kienle ein wenig. Andererseits weiß er, dass es die Aussichten auf seinen dritten Sieg in Frankfurt durchaus ein gutes Stück steigert.

© SZ vom 09.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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