Ingolstädter Niederlage:Fußball ist ungerecht

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Beim FC Ingolstadt sind sie sich einig, dass die Qualität der Mannschaft für die erste Liga reichen muss. Doch das Team nutzt seine Chancen nicht. Nun ist der Rückstand auf den Relegationsplatz schier uneinholbar.

Von Ulrich Hartmann, Dortmund

Der Fußballtrainer Maik Walpurgis glaubt an die Gerechtigkeit. Und Gerechtigkeit im Fußball findet ihren Ursprung in der These: "Das gleicht sich alles im Laufe einer Saison wieder aus." Wem Unrecht durch die Schiedsrichter widerfährt, der will an diesen Satz gerne glauben und sich privilegiert fühlen, bei einer kritischen Entscheidung beim nächsten Mal einen Vorteil zu erfahren. Walpurgis glaubt an die Gerechtigkeit, aber er ist in jüngster Vergangenheit zu oft enttäuscht worden von der Annahme, dass sich Bevor- und Benachteiligung die Waage halten. Wobei das ja auch eine Frage des Zeitrahmens ist.

Nachdem seinem FC Ingolstadt am Freitagabend in Dortmund ein klarer Foul-Elfmeter verweigert worden war und die Bayern womöglich auch deshalb am Ende mit 0:1 verloren, ironisierte Walpurgis den Gerechtigkeits-Gedanken. Er sagte: "Wenn es stimmt, dass sich im Fußball alles irgendwann wieder ausgleicht, dann haben wir noch neun tolle Spiele vor uns." Es war Sarkasmus, kein Fatalismus.

BVB-Torwart Bürki gibt sein - ungeahndetes - Foul an Lezcano zu

Die Ingolstädter, die den Kontakt zum drittletzten Tabellenplatz sukzessive verlieren, hatten zuvor in Dortmund ein gutes Spiel abgeliefert. Sie hatten den Champions-League-Viertelfinalisten BVB dominiert, sich mehr Chancen herausgespielt und hinten selbst nur ganz wenige zugelassen. Nur hatten sie ihre Chancen für zwei, drei Tore nicht genutzt. Nachdem die Gastgeber mit ihrer einzigen wahren Gelegenheit durch Pierre-Emerick Aubameyang in der 14. Minute das 1:0 erzielt hatten, drängten die furchtlosen Ingolstädter auf den Ausgleich, aber sie drängten 76 Minuten lang vergeblich. Eine der Chancen unterband der Dortmunder Torwart Roman Bürki, indem er den Ingolstädter Stürmer Dario Lezcano in der 52. Minute mit einer rustikalen Grätsche von den Beinen holte, aber der Schiedsrichter Daniel Siebert pfiff keinen Elfmeter. "Wenn er ihn gepfiffen hätte", sagte Bürki später, "hätte ich mich nicht beschwert." Diese Formulierung steht im Fußball für ein klares Schuldeingeständnis.

Elfmeter hin oder her, für Ingolstadts Kapitän Marvin Matip wurde über die Niederlage nicht in der 52. Minute entschieden. "Wir hatten heute so viele Chancen, da dürfen wir die Schuld nicht beim Schiedsrichter suchen", sagte er. Man habe "alles reingepackt" und "ein tolles Auswärtsspiel" gezeigt, sagte Matip - "aber wir haben leider absolut versäumt, ein Tor zu machen". 23 Treffer haben die Ingolstädter in dieser Saison bislang erzielt. So viele Tore hat Aubameyang für Dortmund ganz allein geschossen.

"Wir sind stolz auf unsere Leistung"

Die bedeutsamte und hoffnungsvollste Erkenntnis für Matip aber war nach dem Gastspiel in Dortmund: "So spielt kein Absteiger." Und in dieser Meinung waren sich auch fast alle einig. "Die Mannschaft spielt einen super Fußball", lobte der Präsident Peter Jackwerth. "Wir sind stolz auf unsere Leistung", sagte der Stürmer Matthew Leckie. "Ich bin mit dem Spiel sehr zufrieden", sagte der Trainer Walpurgis, "nur das Ergebnis ist bitter." Und nur das letztere zählt aber am Saisonende, wenn über Abstieg und Klassenerhalt entschieden wird.

Von den jüngsten sieben Spielen haben die Ingolstädter nur ein einziges gewonnen. Aus Dortmund haben sie die Hoffnung mitgenommen, dass es fußballerisch für die Erstklassigkeit eigentlich reichen müsste. Nur das mit der Gerechtigkeit, das ist eine andere Sache.

© SZ vom 19.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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