HSV enttäuscht beim 1:1 gegen den FCI -:Giftiges Schweinespiel

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Kaum zu trennen: Der Hamburger Gotoku Sakai (l.) und Ingolstadts Robert Bauer geraten aneinander. (Foto: Philipp Szyza/imago)

Man weiß beim HSV eigentlich gar nicht so genau, ob er immer noch in der Krise steckt oder sie schon hinter sich hat. Und schon weist ein Mäzen darauf hin, dass die Leistungen nicht zuim Etat passen.

Von Thomas Hahn, Hamburg

Über sein Tor hat Josip Drmic dann doch noch ein bisschen schwärmen können. "Das darf man nicht vergessen", sagte der Schweizer Nationalspieler des Hamburger SV, "das war sensationell von uns." Flüssiges Direktpass-Spiel über rechts, eine selbstlose Quervorlage von Spielmacher Aaron Hunt - Drmic musste nur noch den Fuß hinhalten, um die frühe 1:0-Führung gegen den FC Ingolstadt zu bewerkstelligen. "Da war jeder krass präsent."

Trotzdem konnte Drmic jetzt, kurz nach dem Spiel, nicht nochmal seinen Jubeltanz aus der 9. Minute aufführen. Erstens: Weil der Treffer nicht zum Sieg gereicht hatte, sondern nur zu einem 1:1 im Volksparkstadion. Zweitens: Weil ihm die Partie gegen die zähen Gäste überhaupt keinen Spaß gemacht hatte. "Das war nur hohe Bälle, kämpfen", sagte Drmic, "das war eigentlich kein Fußball. Nicht schön."

Dieser Samstag hat dem Hamburger SV mal wieder schmerzhaft vor Augen geführt, dass der Weg zurück zu altem Glanz lang und steinig ist. Der Klub steckt gerade in der ersten Saison nach dem zweiten knapp verhinderten Abstieg. Es geht darum, das in zwei verkorksten Spielzeiten abgeholzte Renommee wieder aufzuforsten. Zeichen des Aufschwungs sind gefragt, die Fans und die anderen Beobachter sollen den HSV wieder als Fußball-Bastion ernst nehmen können.

Die Hoffnung war groß. Und sie war trügerisch

Dass es gegen den FC Ingolstadt so ein Signal geben würde, lag nicht unbedingt nahe. Der Aufsteiger ist ein unbequemer Gegner, und das HSV-Personal kommt grundsätzlich nicht gut zurecht mit kompakten Widersachern, die gut verteidigen und keinen Ball verloren geben. Aber dann gelang den Hamburgern die frühe Führung, die noch dazu elegant herausgespielt war und die Drmic mit seinem ersten Treffer für den HSV erzielte. Besser konnte diese Partie gar nicht beginnen. Die Hoffnung der HSV-Fans war groß, dass ihr Team diesmal überzeugen würde. Und sie war trügerisch.

Man weiß beim HSV eigentlich gar nicht so genau, ob er immer noch in der Krise steckt oder sie schon hinter sich hat. Die Mannschaft von Bruno Labbadia ist wehrhafter und ausgeschlafener als im vergangenen Jahr. Die ganz große Verunsicherung ist weg. Um den Verbleib in der Liga macht sich gerade keiner verschärfte Sorgen, dazu agiert das Team zu solide. Andererseits ist ein elfter Platz, wie ihn der HSV derzeit belegt, nicht gerade das Zwischenergebnis, das zur glorreichen Vergangenheit des Bundesliga-Gründungsmitglieds, ehemaligen Meisters und Europapokal-Gewinners passt. Außerdem spiegelt die Lage des HSV in der Liga nicht den finanziellen Aufwand, den der Traditionsklub betreibt, was vor dem Ingolstadt-Spiel auch der HSV-Mäzen und frühere Aufsichtsratschef Alexander Otto in einem Interview mit dem NDR anmerkte.

69 Millionen Euro gibt der HSV laut Vereinsführung an Personalkosten aus, da erlaubte sich Otto den Hinweis, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis etwas schief liege: "Wir leben über unseren Verhältnissen mit einem sehr teuren Kader", sagte der Unternehmer, "und die Leistungen passen nicht zum Etat."

Ingolstadt machte unbeeindruckt vom Rückstand einfach weiter so

Aber so einfach ist das eben nicht mit dem Comeback im Spitzenfeld des deutschen Fußballs. Frische Mannschaften wie Ingolstadt stellen sich dem alten HSV in den Weg. Es gab am Samstag Ansätze zu erfolgversprechenden Offensivaktionen, aber dass die Hamburger ihre Gäste je im Griff gehabt hätten, kann man nicht sagen. Im Gegenteil. Unbeeindruckt vom Rückstand arbeiteten die Ingolstädter auf die Ergebniskorrektur hin. Wirklich zwingende Chancen brachte das zunächst nicht, aber immerhin verheißungsvolle Distanzversuche von Pascal Groß und Mathew Leckie. Den Takt der Partie bestimmten eindeutig die Oberbayern.

Es rumpelte und krachte zeitweise auf dem Feld. Beide Mannschaften spielten ohne Rücksicht auf Verluste. Ingolstadts Verteidiger Benjamin Hübner nannte das Spiel "giftig", HSV-Coach Labbadia wertete es als "Schweinespiel". Und Drmic hatte recht: Dieses Kräftemessen war wirklich nicht besonders ansehnlich. Aber je länger die Partie dauerte, desto klarer war, dass der FC Ingolstadt noch einen Treffer erzielen würde. Und in der 61. Minute war HSV-Torwart René Adler dann tatsächlich geschlagen. Eckstoß Pascal Groß. Kopfball Lukas Hinterseer. 1:1. "Wir haben uns das Spiel zu sehr aufzwingen lassen", klagte Labbadia. "Wir haben versucht, so viel zu investieren, dass das Tor fallen muss", sagte Ingolstadts Trainer Ralph Hasenhüttl.

Torschütze Drmic war froh: Endlich Feierabend!

"Es wäre vielleicht noch mehr möglich gewesen", sagte Hasenhüttl noch. Auch seine Spieler bedauerten leise, dass sich ihre Überlegenheit nicht in einem zweiten Treffer ausdrückte. Es war, als wollten die Ingolstädter den Hamburgern noch ein bisschen deutlicher machen, dass ihr HSV gerade ein ziemlich durchschnittlicher Bundesligist ist, der nicht so richtig vom Fleck kommt und dazu auch noch zu viel Geld verbraucht.

Bruno Labbadia gestand etwas kraftlos ein, dass der FC Ingolstadt sein Team überfordert hatte "durch die Intensität, die sie spielen". Und auch der Torschütze Josip Drmic war froh, als er nach dem schmerzhaften Dienst gegen die Kampfsportler aus Ingolstadt endlich in den Feierabend gehen konnte.

© SZ vom 28.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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