Hopman Cup in Australien:Selfies mit einem Quokka

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Obwohl Angelique Kerber ihre starke Woche in Perth perfekt abschließt, verliert Deutschland das Finale im Hopman Cup gegen die Schweiz - auch weil Publikumsliebling Roger Federer unantastbar bleibt.

Von René Stauffer, Perth/München

Roger Federers erster und lange einziger Sieg beim Hopman-Cup, der inoffiziellen Mixed-WM in Perth, liegt schon so lange zurück, dass bei der Siegerehrung die Frage nicht gleich beantwortet werden konnte, wie viele Jahren seither vergangen waren. 17, das wäre die richtige Antwort gewesen. Man schrieb das Jahr 2001, und Belinda Bencic, die nun mit dem Pokal neben ihm stand und keinen Moment aufhörte zu lachen, war damals drei Jahre alt.

"Damals war ich jung und unerfahren, während Martina Hingis mich zu meinem ersten größeren Turniersieg führte", erinnerte Federer die über 14 000 Zuschauer in der Perth Arena. Nun sei er der Erfahrenere gewesen, während Bencic sich in jener Rolle wiederfand, die damals ihm zugekommen sei.

Federer brachte sein Team im Endspiel gegen Deutschland mit 1:0 in Führung. Nach einem fehlerhaften ersten Satz steigerte er sich beim 6:7 (4), 6:0, 6:2 im gleichen Maß, wie Alexander Zverev abbaute. Der nach einem langen Freitag müde wirkende Weltranglistenvierte, der Federer vor zwölf Monaten beim gleichen Turnier noch besiegt hatte, hatte in der Vorrunde schon gegen den Belgier David Goffin und den Australier Thanasi Kokkinakis verloren und dürfte sich eine Woche vor dem Beginn der Australian Open einige Gedanken machen über seine Form.

Dass dennoch erstmals seit 23 Jahren ein deutsches Team um den Titel spielen konnte, hatte er Angelique Kerber zu verdanken. Die Linkshänderin ist zwar in den vergangenen zwölf Monaten vom ersten auf den 21. Rang abgerutscht, sie spielte aber die ganze Woche groß auf, auch gegen Bencic. In 63 Minuten fügte sie ihr die erste Niederlage nach 18 Siegen zu. Nach einem 0:2-Rückstand drehte die Deutsche auf und gewann 6:4, 6:1.

Bencic macht die wichtigsten Punkte

Damit musste das Mixed entscheiden, das im Fast-4-Format ausgetragen wurde und von den Schweizern in 38 Minuten 4:3, 4:2 gewonnen wurde. Dabei glänzte Bencic mit einigen entscheidenden Punktgewinnen gegen den Aufschlag von Zverev. "Für mich war sie die wertvollste Spielerin auf dem Platz", lobte Federer. "Sie gewann drei Punkte, die einen großen Unterschied ausmachten." Wie vor einem Jahr, als sie das Endspiel knapp verpasst hatten, waren Bencic/Federer - oder "Benderer", wie sie auch genannt werden - die Lieblinge des Publikums. Ihre Partien waren alle ausverkauft und halfen mit, dass es erneut einen Zuschauerrekord gab (106 424). "Das ist für mich wie ein wahr gewordener Traum", sagte Bencic, die wie Federer ein mit Juwelen besetztes Schmuckstück in Form eines Tennisballs erhielt. Sie dürfte in Melbourne bei den Australian Open schon wieder zu den gefährlichsten Ungesetzten gehören, nachdem sich die frühere Top-10-Spielerin nach ihrer Handgelenksoperation seit September von Rang 318 auf 74 zurückgekämpft hat. Was Federer betrifft, deutet alles darauf hin, dass er als großer Favorit zu seiner Titelverteidigung antreten wird.

"Ich habe mir bewiesen, dass ich eine gute Aufbauphase hatte", sagt der 19-fache Grand-Slam-Gewinner, der alle vier Einzel und Mixed der Woche gewann. Verärgert war er nur nach einem verschlagenen leichten Flugball im Tiebreak gegen Zverev, der ihn den Satz kostete. Entnervt drosch er einen Ball in den Himmel Westaustraliens. Bei der Siegerehrung wurde er von Australiens Tourismusminister als bester Promotor dieses Landesteils bezeichnet - vor allem dank seines Selfies mit einem Quokka, einem kleinen Kurzschwanzkänguru, das weltweit große Beachtung fand. Die Gegend und der Hopman-Cup haben es Federer angetan. Bei der Siegerehrung äußerte er die Hoffnung, nächstes Jahr erneut antreten zu können. Genau wie Zverev, der den 36-Jährigen scherzhaft dazu aufforderte, endlich etwas nachzulassen. "Wir anderen wollen schließlich auch etwas gewinnen."

© SZ vom 07.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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