Herbstmeister SC Freiburg:Nichts zu motzen

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Nach dem 3:0 gegen Union Berlin ist der SC Freiburg Herbstmeister in der zweiten Liga. Selbst der chronisch unzufriedene Trainer Christian Streich hat Mühe, die Euphorie zu dämpfen.

Von Christoph Ruf, Freiburg

Christian Streich hat am vergangenen Donnerstag eine interessante Selbsteinschätzung geliefert. "Weil ich so einer bin, der immer motzt", falle es ihm schwer, in den Jubelchor einzustimmen, der seine Mannschaft schon als geborenen Aufsteiger in die erste Bundesliga besingt. Dass zu diesem Chor auch grob geschätzt 16 der 16 Trainer zählten, gegen deren Mannschaften der Sportclub bisher gespielt hatte, hob Streichs Laune nicht unbedingt.

Und das aus zwei Gründen: Zum einen unterstellt er dem ein oder anderen Kollegen insgeheim, er verfolge das perfide Vorhaben, den SC vorschnell in Sicherheit zu wiegen. Und zum anderen meint der gestrenge Trainer nur allzu gut zu wissen, dass sein Team bislang nicht halb so stabil ist wie die Ergebnisse vermuten lassen. Vor allem defensiv lief bislang vieles nicht so, wie es sich Streich vorstellt. Künftig dürfte es für den Freiburger Coach allerdings noch schwieriger werden, die Euphorie zu dämpfen. Der Sportclub ist nach dem ungefährdeten 3:0-Sieg gegen Union Berlin am Samstag Herbstmeister.

35 Zähler haben die Freiburger nach 17 Spielen gesammelt, bei einer Tordifferenz von 39 zu 20. RB Leipzig müsste am Sonntag gegen Duisburg schon mit 12 Toren Unterschied gewinnen, um noch Erster zu werden. Das dürfte selbst für ein Team, dessen Sponsor Flügel verleiht, nicht zu schaffen sein. "Es ist schon eine Entwicklung zu sehen", freute sich Freiburgs Mittelfeldspieler Mike Frantz, der das 1:0 erzielt hatte (20.). "Es ist ja mit das Schwerste im Fußball, gegen tiefstehende Mannschaften zu spielen. Das hat heute aber gut geklappt."

Auch der überragende Immanuel Höhn gibt sich ganz bescheiden

Dabei waren die extrem defensiv eingestellten Berliner die Partie eigentlich gar nicht schlecht angegangen. Freiburg musste auf die Flügel ausweichen und brauchte 20 Minuten, ehe sich die Selbstsicherheit einstellte, die den Sportclub seine fußballerische Überlegenheit ausspielen ließ. Der erste Treffer der Partie zeigte dann exemplarisch, wozu der SC imstande ist, wenn es gut läuft: Einen scharf geschossenen Freistoß von Vincenzo Grifo konnte Union-Keeper Daniel Haas nur zur Seite abprallen lassen, von wo aus Immanuel Höhn, anstatt selbst zu schießen, den Ball mit hohem Tempo in die andere Strafraumhälfte bugsierte, wo Frantz nur den Fuß hinhalten musste.

Zehn Minuten später fiel dann das 2:0 durch Marc-Oliver Kempf, der im Strafraum völlig frei zum Kopfball gekommen war (30.). Die Berliner spielten im zweiten Durchgang mutiger, aber mussten dennoch hinnehmen, dass der überragende Höhn in der 69. Minute den 3:0-Endstand nachlegte - ehe er in den Freiburger-Bescheidenheits-Modus überwechselte: "Die Herbstmeisterschaft ist höchstens eine schöne Momentaufnahme, von der wir uns nicht blenden lassen dürfen."

Das mag sogar stimmen, so lange die jeweiligen Gegner so geblendet sind, wie es am Samstag auch die Berliner waren: "Das war heute die beste Mannschaft, gegen die wir bislang gespielt haben", sagte Union-Kapitän Benjamin Kessel. Klingt also, als hätte Freiburg ganz gute Chancen, in der kommenden Spielzeit nicht mehr gegen Union spielen zu dürfen. Sondern gegen Hertha BSC.

© SZ vom 06.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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