Handball-Insolvenz:Klagende Klubs

Diverse Bundesligisten erwägen rechtliche Schritte gegen den HSV Hamburg. Sie fürchten nicht nur die Verluste durch ausgefallene Spiele.

Von Jörg Marwedel, Hamburg

Die Spieler des HSV Hamburg sind bei den Handball-Bundesligaklubs derzeit äußerst beliebt: Sie kosten keine Ablöse, sind nach der EM sofort einsetzbar und sie spielen auf einem Niveau, das ihren neuen Teams bestens bekommen sollte. Der HSV Hamburg ist bei den Handball-Bundesligaklubs dagegen eher unbeliebt: Er kostet sie Geld. Derzeit prüfen sieben Klubs, ob sie gegenüber dem HSV Schadensersatzansprüche geltend machen können, weil ihnen ein fehlendes Heimspiel ein sechsstelliges finanzielles Loch reißt.

Am Montag hatte der in Insolvenz befindliche ehemalige Champions-League-Sieger und deutsche Meister den Spielbetrieb eingestellt. Am Dienstag konnte bereits der elfte HSV-Profi einen neuen Arbeitgeber vermelden. Der dänische Rechtsaußen Hans Lindberg, 34, der am Mittwoch mit seinem Nationalteam bei der EM auf Deutschland trifft, unterzeichnete bei den Füchsen Berlin einen Vertrag bis 2019. Füchse-Geschäftsführer Bob Hanning, gleichzeitig Vizepräsident des Deutschen Handballbundes, freute sich: "Mit Hans Lindberg holen wir einen der besten Rechtsaußen der Welt."

Ansonsten gibt es keine Freude über den Ausstieg eines der sportlichen Aushängeschilder der Liga. Zwar hat sich auch der THW Kiel, der bei der EM gerade seine Leistungsträger Steffen Weinhold und Christian Dissinger verletzungsbedingt verlor und lange auf die mit Kreuzbandrissen ausfallenden Kreisläufer Patrick Wienczek und René Toft-Hansen verzichten muss, in Hamburg bedient - es kommt der kroatische Kreisläufer Ilija Brozovic. Doch in Kiel widersprechen sie Ligapräsident Uwe Schwenker, der nach den annullierten Ergebnissen in der Tabelle "keinen entscheidenden Einfluss auf die Meisterschaft und den Abstieg" erwartet: Weil Tabellenführer Rhein-Neckar Löwen mit 29:28 in Hamburg siegte, der Tabellenzweite THW sein Heimspiel aber 29:23 gegen den HSV gewann, fehlt den Kielern ein Plus von fünf Toren. 2014 hatte der THW nur dank eines Zwei-Tore-Vorsprungs gegenüber den Rhein-Neckar Löwen den Titel gewonnen.

Die SG Flensburg-Handewitt, die am 10. Februar gegen den HSV angetreten wäre, appellierte an die eigenen Zuschauer, ihr Eintrittsgeld für diese Partie doch bitte nicht zurückzuverlangen. Und Geschäftsführer Dierk Schmäschke sagte, "natürlich" Schadensersatzansprüche geltend machen zu wollen - "wenn wir Aussichten auf Erfolg haben". Auch Vorjahresabsteiger GWD Minden erwägt eine Klage, da der HSV sich seine Lizenz im vergangenen Frühjahr quasi erschlichen hatte. Auch die Liga prüft, ob sie vor Gericht gehen will.

Dem HSV fehlt derweil das Geld für die Insolvenzkosten. Nur wenn Insolvenzverwalter Gideon Böhm eine Klage gegen den früheren Mäzen Andreas Rudolph gewinnt, könnte es etwas Geld geben. Rudolph hatte mit einer Verpflichtungserklärung über 2,5 Millionen Euro die Lizenzerteilung möglich gemacht - diese mit einer Zusatzvereinbarung jedoch stark eingeschränkt.

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