Handball:Dank Rudolphs Moneten

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Beim HSV Hamburg finden Finanzkraft und Sachverstand zusammen. Am Wochenende soll beim Final-Four-Turnier auch noch der DHB-Pokal dazu kommen.

Jörg Marwedel

Wer der Uli Hoeneß des Handballs sei, war jahrelang klar. Uwe Schwenker sei dies, der Manager des Rekordmeisters THW Kiel, hieß es landauf, landab. Und der damalige Geschäftsführer Theo Storm vom permanenten Tabellenzweiten SG Flensburg-Handewitt (heute Manager der Rhein-Neckar Löwen) reklamierte brav den Posten des zweitbesten Obmanns. Er verglich sich gerne mit Klaus Allofs. Nun aber gibt es einen neuen Anwärter für den Hoeneß-Titel. Nach Meinung vieler ist Andreas Rudolph ein heißer Kandidat. Jedenfalls, was den Geldbeutel angeht. Rudolph, 53, ist Präsident des HSV Hamburg.

Grund zum Jubel gibt es beim HSV Hamburg zuletzt immer öfter (Foto: Foto: dpa)

Nachdem er die mit drei Millionen Euro verschuldete "Ruine", wie er sagt, zum Jahreswechsel 2004/2005 übernommen hatte, kam der Erfolg. 2006 wurde der Klub DHB-Pokalsieger, 2007 Europacup-Sieger und punktgleicher Zweiter nach dem THW Kiel. Und in diesem Jahr stehen sie wieder im Final Four des DHB-Pokals, das an diesem Wochenende in Hamburg ausgetragen wird, dazu im Halbfinale der Champions League, und als Tabellendritter der Bundesliga gibt's trotz eines derzeit halben Dutzends Verletzter zumindest noch eine winzige Chance auf den Titel. "Wir wollen nächstes Jahr Meister werden und 2010 die Champions League gewinnen", kündigte Rudolph zu Saisonbeginn vollmundig an, was im Flensburger Fanforum so verstanden wurde, dass dem HSV "2010 eigentlich niemand mehr (weltweit) die Suppe versalzen könne".

Doch Rudolph, ein Unternehmer in der Medizinbranche, der nach Schätzungen bereits knapp 14 Millionen Euro in sein Steckenpferd gesteckt hat, jagt den Mitbewerbern auch einen kräftigen Schrecken ein. Während Magdeburgs Handballer-Legende Stefan Kretzschmar den Hut zieht vor dem, was Rudolph geschaffen hat ("Der HSV ist schon jetzt auch international einer der Favoriten"), gilt er anderswo nur als der Mann mit dem dicksten Scheckbuch.

Oleg Velyky kaufte er im Winter aus seinem Vertrag mit der SG Kronau-Östringen heraus, ebenso Marcin Lijewski aus Flensburg, der nun zur neuen Saison kommt. Auch SG-Spieler Blazenko Lackovic wird wohl vor Vertragsende kommen - dank Rudolphs Moneten und seines in Flensburg nun ramponierten Rufes. Lackovic wurde von den Fans schon als "Söldner" abgestempelt, während sein neuer Klub mit "Anti-HSV"-Transparenten madig gemacht wird. Auch SG-Präsident Frerich Eilts nennt den Widersacher Rudolph "charakterlos", während Sportchef Anders Dahl-Nielsen die von Rudolph publik gemachte Einigung mit Lackovic so einordnete: "Man braucht sich nicht groß zu machen, um andere klein wirken zu lassen."

Natürlich hat Andreas Rudolph eine andere Wahrnehmung. Über das Geld, das er in den Verein gesteckt habe, sagt er: "Das ist nur die halbe Wahrheit." Man dürfe ja nicht vergessen, dass der Handball für seine Firmen eine "erstklassige Werbeplattform" sei. In dieser Spielzeit etwa sei der HSV schon fünfzehn Mal live im Fernsehen gewesen. Das sei ein viel größerer Wert, als er zahle. "Handball", sagt Rudolph, sei für Public Relation "viel günstiger als Fußball". Auch die Profigehälter des HSV seien keineswegs überhöht. "Ich kenne doch die alten Verträge oder Angebote", sagt er. Viele Spieler, behauptet er, wollen in erster Linie nach Hamburg kommen wegen der sportlichen Perspektiven.

Wahrscheinlich ist auch das nur die halbe Wahrheit. Einfach ist es jedenfalls nicht mit dem einstigen Bundesliga-Handballer von Phoenix Essen und OSC Rheinhausen. Denn Rudolph, der für sich reklamiert, "auch ein bisschen Ahnung zu haben", ist durchaus machtbesessen. Manchmal kauft er einen Spieler, ohne sich mit der sportlichen Leitung abgesprochen zu haben, wie etwa Michal Jurecki. Trainer Martin Schwalb, eigentlich Rudolphs Lieblingscoach, musste sich nach einer Punkteteilung gegen die HSG Wetzlar sagen lassen: "Das lasse ich mir von dir nicht mehr länger bieten!" Manchmal flucht der Präsident während des Spiels, man müsse doch den Torwart auswechseln. Und als Geschäftsführer Peter Krebs von Rudolph über die Medien attackiert wurde, sagte er: "Entweder du schmeißt mich jetzt raus, oder du verlängerst meinen Vertrag."

Rudolph verlängerte und rühmt nun sein "gutes, nein sehr gutes Team", zu dem auch Sportchef Christian Fitzek und der im Prinzip aussortierte Manager Dierk Schmäschke als geschäftsführendes Präsidiumsmitglied zählt. Das Team auf dem Platz ist nicht nur wegen Trainer Schwalb und eines seit Jahren bestehenden Stammes (die Gille-Brüder, Hens, Jansen) so gut zusammen gewachsen, sondern auch, weil Kräfte wie die Torhüter Bitter und Sandström, Schröder, Yoon oder Lindberg sich als Volltreffer erwiesen. Ob das Glück ist? "Nein", sagt Rudolph, "man muss nur große Ziele haben. Sonst braucht man gar nicht anzutreten."

© SZ vom 29.3.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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