Greuther Fürth:Heavy Metal in der Scheißliga

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Stefan Ruthenbeck (Foto: Micha Will/Getty)

Die Fürther spielen unter Trainer Ruthenbeck anspruchsvoll, ziehen aber kaum Interesse auf sich.

Von  Christoph Ruf

Im Frühjahr hat Stefan Ruthenbeck dem Heavy-Metal-Magazin Deaf forever ein Interview gegeben. Man erfuhr darin einiges über einen Musikfreak, der harten Sound von Alter Bridge bis Slayer mag, "viele tausend CDs" besitzt und sich "im Monat sicher 25, 30 Alben kauft - manchmal einfach auf Verdacht". Im Grunde genommen passte ein Special-interest-Magazin mit kleiner Auflage bestens, um einem leitenden Angestellten der SpVgg Greuther Fürth ein Forum zu geben. Auch die Fürther sind ja ein Special-interest-Verein, dessen kleines Stammpublikum jede Woche neu motiviert werden muss.

Am Freitag vor einer Woche - drei Tage nach dem Derby-Sieg beim 1. FC Nürnberg, kamen gerade einmal 6900 Zuschauer in den Ronhof. Das entspricht einer Drittliga-Kulisse und hat in Fürth für die Bestätigung einer traurigen Gewissheit gesorgt: Man kann machen, was man will. Jede Niederlage des FCN gegen Heidenheim ist in Franken länger Thema als ein Kantersieg der Fürther im Franken-Derby. Der ist natürlich auch Thema, aber nur, sofern sich daraus Geschichten über den kriselnden Club stricken lassen.

Dabei war der Sieg gegen den Club schon der dritte der Saison, mit einem vierten, den gegen Sandhausen nur eine Unachtsamkeit in der Nachspielzeit verhinderte, stünde man nur einen Punkt hinter Platz zwei. Das wäre angesichts des wieder nur im Mittelfeld angesiedelten Etats überraschend, ist aber intern durchaus ein Planspiel, wie eine Formulierung von Trainer Ruthenbeck verrät, der nach dem Spiel zu Protokoll gab, man habe "raus aus dem Mittelmaß" gewollt. Die nächste Chance dazu bietet sich dem Team am Montag (20.15 Uhr) beim VfB Stuttgart.

Tatsächlich sind die Fürther gerade im Vergleich zu den vermeintlichen Topteams der Liga durchaus konkurrenzfähig - vor allem in Sachen Spielkultur. "Fürth ist eine der wenigen Mannschaften, die einen klaren Plan verfolgen", lobte Sandhausens Trainer Kenan Kocak. Was er meinte: In einer Liga, in der eine gute Defensivorganisation die halbe Miete und lange, hohe Bälle auf die Flügel oft die andere Hälfte sind, spielt Fürth gepflegten, strukturierten Offensivfußball mit schnellen Passfolgen. Und im Gegensatz zur vergangenen Saison steht die Defensive. Im Tor wurde der zuweilen unsichere Sebastian Mielitz durch Balazs Megyeri ersetzt. Dass der Versuch, den ehemaligen Bremer Mielitz trotz laufenden Vertrags zu einem Vereinswechsel zu drängen, dabei einigermaßen skrupellos betrieben wurde, ist ebenso wahr wie die Tatsache, dass Megyeri ein guter Torwart ist. Auch Khaled Narey, ein in Leverkusen und Dortmund ausgebildeter, sehr talentierter Rechtsverteidiger und Innenverteidiger Marcel Franke machen ihre Sache prima. Regisseur Jürgen Gjasula fällt nach einer Achillessehnen-OP dagegen monatelang aus.

Womöglich stünde die SpVgg sogar jetzt schon ganz oben, wenn einzelne Spieler nicht immer wieder mit dem Hintern umstoßen würden, was alle anderen zuvor aufgebaut haben. Gegen Sandhausen war es Berisha, der mit einem unüberlegten Schuss aus 40 Metern den Gästen den Ballbesitz bescherte, der ihnen zum Ausgleich verhalf. "Weit weg von Cleverness" war das, fand Franke: "Da müssen wir zur Eckfahne laufen und ein bisschen Jojo mit der Abwehr spielen."

Für Ruthenbeck hatte der Abend dennoch einen netten Nebenaspekt. Dass er sich über das Kompliment des Kollegen Kocak freute, war ihm jedenfalls anzusehen. Kein Wunder, schließlich hatte er im kleinen Heavy-Metal-Magazin bereits erklärt, warum er die zweite Liga mal als "Scheißliga" bezeichnet hat: "Wenn er null Risiko spielt und am Ende einsnull gewinnt, hat der Gegner alles richtig gemacht - und du bist am Ende der Depp, weil du versucht hast, Fußball zu spielen." Von seiner Linie werde er dennoch nicht abgehen: "Ich will Doppelpässe sehen, Kombinationen wiedererkennen, die wir im Training hatten. Es geht um einen Wiedererkennungswert."

© SZ vom 01.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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