Greuther Fürth:Das Kind ist erwachsen

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Helmut Hack zieht sich nach 22 Jahren von seinen Ämtern zurück - seine SpVgg muss nun eigene Entscheidungen treffen.

Von Sebastian Leisgang

Jetzt hätte Helmut Hack sonntagabends also Zeit für den Tatort. Er muss sich jetzt nicht mehr irgendwelche Videos von irgendwelchen Spielern anschauen oder mit Beratern telefonieren, wie das vor wenigen Jahren noch der Fall war. Hack kann jetzt all die Berater guten Gewissens Berater sein lassen. Er könnte es sich sonntagabends auf seinem Sofa gemütlich machen und den Fernseher einschalten, während seine Frau Karin in der Küche einen Tee aufsetzt.

Helmut Hack, 68, hätte jetzt Freiraum - denn er ist von seinen Ämtern bei der SpVgg Greuther Fürth zurückgetreten. Nach 22 Jahren.

All die Zeit war Hack nicht nur Präsident und Geschäftsführer des Vereins, er war nicht nur das Gesicht - er war auch Herz, Seele und Großhirn der Spielvereinigung. Er hat den Klub vor über zwei Jahrzehnten gezeugt, ausgetragen und in die Welt gesetzt. Er hat ihn großgezogen, bis er 2012 in der Bundesliga auf einmal den großen Jungs gegenüberstand. Und als seine Fürther stürzten, weil sich herausstellte, dass sie es mit den großen Jungs dann doch nicht aufnehmen können, da half Hack ihnen wieder auf - ehe er sie jetzt übergibt. "Ich habe Antennen", sagt Hack, "ich weiß, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, eine solche Entscheidung zu treffen." Er ist sich sicher: Der richtige Zeitpunkt ist jetzt gekommen.

Hack hat ein solides Fundament gelegt, er hat knapp 50 Millionen Euro investiert. Inzwischen hat Fürth ein Nachwuchs- und Trainingszentrum, der Ronhof eine neue, moderne Haupttribüne. Und: "Fürth spielt seit 22 Jahren im bezahlten Fußball", sagt Hack und betont noch einmal: "Nicht ein oder zwei Jahre. Zweiundzwanzig!"

Die SpVgg Fürth lag in Trümmern, sportlich wie wirtschaftlich - dann kam Hack

Hack sagt das nicht ohne Stolz. Der Klub ist sein Lebenswerk. Vor gut zwei Jahrzehnten, 1996, lag die damalige SpVgg Fürth in Trümmern, sportlich wie wirtschaftlich. Der Verein spielte in der dritten Liga, war hoch verschuldet und musste den Ronhof, seine Heimat, notgedrungen veräußern, um sich vor dem Ruin zu bewahren. "Das Geld war weg und das Stadion in einem trostlosen Zustand. Der Verein hatte keine Perspektive, kein Ansehen und keinen Stolz - nur seine tolle Geschichte", sagt Hack. Er hatte den Dorfklub TSV Vestenbergsgreuth zwei Jahre zuvor in die Regionalliga geführt, nun ging er auf die SpVgg Fürth zu und leitete nach dem Zusammenschluss zur SpVgg Greuther Fürth eine Zeitenwende ein.

Inzwischen ist der Verein der erfolgreichste der zweiten Bundesliga - und doch beschaulich geblieben. Selbst zu jener Zeit, als es plötzlich gegen die großen Jungs ging, wurde im Presseraum Kuchen von Hacks Frau gereicht. Familiär bleibt familiär. Bundesliga hin, Bundesliga her.

Abseits des Fußballs hat Hack ein Tee-Imperium geschaffen, im Fußball hat er all die Jahre mit dem Weitblick eines Geschäftsmannes, der Raffinesse eines Architekten und dem Spürsinn eines Schäferhundes Kader um Kader konstruiert, der der potenteren Konkurrenz standhalten konnte. Er hat in den verwinkeltsten Nischen für wenig Geld Spieler aufgetrieben und sie von Trainern derart formen lassen, dass sie auf einmal im Mittelpunkt standen und dem Klub jede Menge Geld einbrachten. Dafür hat er eben auch sonntagabends irgendwelche Spielervideos angeschaut, während andere, ob mit oder ohne Tee, den Fernseher für den Tatort eingeschaltet haben.

Helmut Hack lebte für die Spielvereinigung - und sah sich dennoch zeit seines Wirkens Kritik ausgesetzt. Manche monierten die Auswahl neuer Spieler, manche seine Entscheidungen bezüglich der Trainer. Auch Hack gibt zu, dass er Fehler gemacht habe. Im gleichen Atemzug betont er aber auch, dass er sich stets treu geblieben ist.

Er wird weiter unterwegs sein, auf den Sportplätzen in der Welt, und in Franken

Jetzt zieht er sich zurück. In den Ruhestand werde er allerdings nicht gehen, sagt Hack. Als Vizepräsident bleibt er der Deutschen Fußball-Liga noch ein Jahr erhalten, und seiner Spielvereinigung werde er, selbstverständlich, auch künftig als Berater zur Seite stehen. Für den Tatort bliebe künftig zwar trotzdem Zeit, Hack aber sagt: "Ich bin kein Mensch, der auf dem Sofa liegt. Ich habe es verlernt fernzusehen."

Hack wird oft unterwegs sein, auf den Sportplätzen in der großen, weiten Welt, in Eltersdorf und in Vach. Und er wird sich häufiger seinen Nachbarn und Freunden widmen. "Ich habe großes Glück, von diesen wunderbaren Menschen umgeben zu sein. Sie freuen sich wahnsinnig, dass ich jetzt mehr Zeit habe", sagt Hack. Er weiß: Die Freizeit wird ihm bekommen - weil er die Existenzsorgen um seinen Verein los ist. "Das ist ein Luxus, das wird meine Lebensqualität steigern."

All die Jahre war das nicht vorstellbar: Helmut Hack ohne die SpVgg Greuther Fürth und die SpVgg Greuther Fürth ohne Helmut Hack. Doch ab August ist das die Realität.

© SZ vom 25.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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