Grand-Slam-Tennis:Kein Drama, Baby

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"Das ist eine Backpfeife": Andrea Petkovic in Melbourne. (Foto: Jack Thomas/Getty Images)

Erstaunlich fröhlich registriert Andrea Petkovic ihr Erstrunden-Aus bei den Australian Open gegen die Nummer 109 der Rangliste.

Von Gerald Kleffmann, Melbourne

Als Andrea Petkovic ihr Erstrundenmatch aufarbeitete, musste sie nicht weinen. Man darf darauf ohne jede Häme verweisen, die 28-Jährige aus Darmstadt spricht ja selbst oft offen darüber, dass sie nah am Wasser gebaut sei. Mit klarem Blick resümierte Petkovic: "Das ist eine Backpfeife, die ich nehmen muss auf dem Weg nach oben." 5:7, 4:6 lautete die Ohrfeige, sie hatte an diesem Montag gegen eine Spielerin namens Jelisaweta Kulitschkowa verloren, die 2014 als Juniorin in Melbourne die Australian-Open-Titel im Einzel und im Doppel geholt hatte. Die 19-jährige Russin aus Nowosibirsk spielte ganz gut, ja. Aber: Ihre Gegnerin hatte ihr auch geholfen.

In wichtigen Momenten waren Petkovic zu viele Fehler unterlaufen, aber ihr Blick richtete sich diesmal nicht auf zermürbende Kleinigkeiten. Schließlich befindet sie sich an einer Schnittstelle ihrer Karriere. Erst im Herbst musste sie tief in sich hinein horchen, um zu erfahren, dass sie ihren Beruf noch liebt. "Meine Happiness ist zurück", betonte Petkovic nun und führte das auch auf "mein neues Team" zurück. Der Westfale Jan de Witt, 50, leitet sie seit Dezember an, aber er betreut auch den Franzosen Gilles Simon, hat eine Tennisschule und somit nicht immer Zeit; dann springt Simon Goffin ihn ein, der Bruder des belgischen Profis David Goffin arbeitet in Halle für de Witt. Das Jobverhältnis zum neuen Trainer sei in jedem Fall professionell, aber auch angenehm distanziert, sie brauche keinen, "der mein Händchen dauernd hält", sagt Petkovic. Worum es der Weltranglisten-24. geht, weiß sie: Lösungen selbst zu finden, wie beim Montessori-Prinzip "Hilf mir, es selbst zu tun".

Trotz der frühen Niederlage bei diesen Australian Open sieht Andrea Petkovic Fortschritte. Sie sagt, sie fühle einen Spielplan "durchschimmern". Sie analysiere neutraler, was in ihrer früheren Sprache heißt: Nicht immer gleich Drama, Baby! "Ich bin vom Kopf her ziemlich stabil", versichert Petkovic: "Wenn ich nur den Ball rein spiele, reicht das, um Platz 20 bis 30 in der Weltrangliste zu halten. Aber nicht, um nach vorne zu stoßen." In Melbourne hat sie bereits viel mit Top-Ten-Spielerinnen trainiert, um ihr Tempo zu steigern.

© SZ vom 19.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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