Golfprofi Singh:König und Kaiser der Tüftler

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Vijay Singh von den Fidschi-Inseln gilt als Kauz der Golfszene, gewinnt aber plötzlich Turniere. Sein neuestes Hilfsmittel: Ohrstöpsel.

Gerald Kleffmann

Im Golf, das ist eine der Begleiterscheinungen dieses komplexen Sports, kann sich jeder herrlich zum Narren machen. Es gibt Menschen, die klemmen sich Handtücher unter die Achseln, um ihren Schwung auf die richtige Ebene zu bringen. Andere erhoffen sich durch Mentalgurus ein besseres Spiel. Ärzte und Anwälte decken sich mit Bergen an Literatur ein, um ihr Seelenheil auf Fairways und Grüns zu finden. Kaum eine Disziplin bietet so viele Gelegenheiten zum Tüfteln, manchmal denkt man: Mehr geht nicht. Was wollen sich diese Verrückten noch einfallen lassen? Und genau in diesem Moment kommt Vijay Singh lächelnd um die Ecke und zeigt, dass die Möglichkeiten der Inspirationen lange nicht ausgereizt sind.

(Foto: Foto: AFP)

Drei hochdotierte Turniere der US PGA Tour hat der 45-Jährige von den Fidschi-Inseln innerhalb der vergangenen fünf Wochen gewonnen und den verletzt abwesenden Tiger Woods gar in der Geldrangliste abgelöst. Natürlich geht Singh als Favorit in den dritten von vier Wettkämpfen des FedEx-Cups, der an diesem Donnerstag beginnt, in St. Louis, Missouri. Wenn er abschlägt und puttet wie am vergangenen Wochenende, als er mit fünf Schlägen Vorsprung auf Mike Weir in Norton/Massachusetts triumphierte - wer soll ihn stoppen? Höchstens er selbst, denn seitdem Singh erstmalig während der US Open vor zwei Monaten beim Einschlagen mit einem seltsamen Etwas am Körper gesichtet wurde, läuft es, als hätte er einen Chip eingepflanzt bekommen. Singh, Präsident, König und Kaiser der Tüftler, hat wieder zugeschlagen.

Seine neueste Errungenschaft beruht auf amerikanischer Wissenschaft. Robert D. Grober, ein Professor für angewandte Physik an der Universität in Yale, hat ein Gerät erarbeitet, das Singh - chronisch damit beschäftigt, Putt- wie sonstige anfallende Probleme in den Griff zu kriegen - zu späten Erfolgen in dieser Saison verhalf. Über zwei Ohrstöpsel vernimmt der Golfprofi summende Laute, die ihm den Rhythmus vorgeben, wie er am besten den Ball zu schlagen hat. Die Töne werden dabei von einem Sender übermittelt, der am Schlägerende befestigt ist. "Mein Rhythmus beim Schlagen ist viel konstanter", sagt Singh, der während der Turnierrunden das Gerät nicht benutzen darf. Es wäre ein unerlaubtes Hilfsmittel. "Selbst wenn ich das Gerät abnehme, höre ich das Summen im Kopf", versichert aber Singh, "ich summe auf dem Platz vor mich hin." Schon trifft er Fairways und locht Putts. Kann das so einfach sein? Nicht ganz.

Singh ist jemand, der sich permanent ganzheitlich mit Körper und Geist beschäftigt, deshalb ist der verbesserte Rhythmus im Schwung, ohnehin stets einer der geschmeidigsten, nicht der einzige Grund, warum Konkurrenten wie der Spanier Sergio Garcia zugeben: "Ich bin froh, dass ich ihm zuschauen durfte." Früher wechselte Singh Putter und Caddie wie andere ihre Unterwäsche, heute tut er gerade dieses nicht mehr. Zu viel Ausprobieren kann eben auch konfus machen. Chad Reynolds trägt seit längerem seine Tasche, und von all den vielen Puttervariationen auf dem Markt kommt Singh offensichtlich mit dem Besenstiel-Putter am besten zurecht. Zuletzt in Norton hat er jedenfalls die Bälle reihenweise aus weiter Entfernung gelocht und dabei selbst ungläubig geschmunzelt.

Singh, dem manchmal nachgesagt wird, in seiner eigenen Welt zu leben, hat also seinen Ruf als Kauz bestätigt. Folglich stört ihn nicht, dass seine allerneuesten Psychotricks - teuer erkauft bei einem Trainer - nicht neu klingen. "Ich stelle mir beim Putten vor, dass ich der beste Putter der Welt bin", sagt er, "und beim Abschlag stelle ich mir vor, dass ich die besten Abschläge der Welt mache." Regel Nummer eins in jedem Lehrbuch besagt: Glaube an dich und alles wird gut! Wenigstens diesen Tipp hätte Singh günstiger haben können.

© SZ vom 04.09.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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