golf spielen:Knabe, Lebemann, Buchhalter

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Von Sergio Garcia bis Marcel Siem: Stars und Favoriten bei den BMW International Open 2004 in Eichenried

Um 1,8 Millionen Euro Preisgeld geht es bei den BMW International Open vom 26. bis zum 29. August. Für die Europäer bietet sich hier die letzte Chance, Punkte für das Ryder Cup Team zu sammeln - zum Beispiel auch für den Engländer Lee Westwood, der als Titelverteidiger in Eichenried antritt. Die Konkurrenz wird ihm das Leben schwer machen. Hier ein Blick auf prominente Namen im Feld.

Titelverteidiger Lee Westwood (Foto: Foto: BMW)

Sergio Garcia, 24, Spanien, Turniersiege: 9,Weltrangliste: 10, Karriere-Preisgeld: ca. 15 Mio. Euro. Fünf Jahre ist es erst her, dass Sergio Garcia einer der wenigen Auserwählten zu sein schien, denen in jungen Jahren der direkte Weg in die Unsterblichkeit des Golfsports offen steht. 1999, man erinnert sich an den Ryder Cup in Brookline/Massachusettes,wo Garcia im Vierer zusammen mit dem Schweden Jesper Parnevik wie entfesselt spielte und 3,5 von fünf möglichen Punkte holte. Vor allem aber blieb im Gedächtnis haften die US PGA Championship in Medinah, die geballte Faust und sein herausfordernder Blick Richtung Tiger Woods, dem er am Ende nur knapp unterlag. Garcia hätte der jüngste Sieger eines Major-Turnieres in 130 Jahren werden können. El Nino, der Knabe, sorgte wenig später durch eine Liaison mit Tennisprofi Martina Hingis für Aufsehen. Doch die ersten Aufregungen haben sich längst gelegt, und er hat immer noch kein Major-Turnier gewonnen, aber das ist kein Drama mit 24 Jahren. Garcia hat hart an sich gearbeitet, ist nicht mehr der Zappelphilipp, der sich mit seiner überbordenden Energie selbst aus der Ruhe bringt. Er hat seinen Schwung umgestellt, hat ihm mehr Stetigkeit verliehen, und er erntete nach Monaten der quälenden Ungewissheit zu Beginn der Saison die ersten Früchte: zwei Siege auf der US-Tour, die ihn prompt wieder zu einem Sieganwärter bei den Majors machten. Er nahm erneut vergeblich Anlauf, und trotzdem:Wenn man sich einen europäischen Herausforderer für Tiger Woods, Phil Mickelson, Ernie Els und Retief Goosen vorstellt: Die Idealbesetzung ist immer noch er, El Nino, der wilde kleine Spanier.

Padraig Harrington, 32, Irland, Turniersiege: 8,Weltrangliste: 8, Karriere-Preisgeld: ca. 10,5 Mio. Euro. Padraig Harrington, in einem Wort: Beständigkeit. Kaum ein Golfer verbringt so viel Zeit mit seinem Fitnessprogramm, keiner steht so lang auf der Driving Range, kaum einer beschäftigt sich so intensiv mit seinem Schwung. Bevor er sich entschloss, die Laufbahn als Profigolfer einzuschlagen, brachte der Mann aus Dublin eine Lehre als Buchhalter hinter sich. All die, natürlich positiven, Eigenschaften, die man mit diesem ehrenwerten Beruf verbindet, bringt Padraig Harrington in seinen Sport ein. Er führt ein Tagebuch über all seine Turniere, alle seine Runden, alle seine Schläge, über Umfang und Inhalt seines Trainings. Er zerlegt sein Spiel in Statistiken. Zum Saisonende wertet er seine Aufzeichnungen aus, versucht, Schlüsse zu ziehen. Er gibt ein Beispiel: "Ich halte einen schlechten Schwung fest.Mache ich den selben Fehler ein Jahr später wieder, kann ich zurückschauen und herausfinden, wie ich das damals gelöst habe." So führte ihn sein Weg in den Ranglisten stetig nach oben, bis hinein in die Top Ten der Weltrangliste und in den Kern des europäischen Ryder-Cup-Teams. Sehr häufig taucht in seinen Bilanzen die Zahl zwei auf. Zu seiner beachtlichen Zahl von Siegen gesellten sich über 20 zweite Plätze hinzu. Nicht zuletzt sein kleiner Sohn Patrick half ihm, die zweiten Plätze mit Gelassenheit zu ertragen. Er gilt nun schon seit einiger Zeit als einer der heißesten Anwärter auf einen Major- Titel unter den Europäern. Als Werbeträger für seine irische Heimat ist der sympathische Golfer ohnehin nicht zu toppen. Er tut das auf seine buchhalterische Art und Weise. Irland, verregnet? Ein Klischee, sagt er: "Einer Studie zufolge regnet es nur acht Prozent der Zeit in Irland, 92 Prozent der Zeit regnet es also nicht."

Darren Clarke, 36, Nordirland, Turniersiege: 15, Weltrangliste: 14, Karriere-Preisgeld: ca. 14 Mio. Euro. Der vor zwei Wochen 36 Jahre alt gewordene Clarke ist ein echter Genießer. Er raucht nicht nur feine Zigarren und isst im eigenen Spezialitätenrestaurant, er fährt zudem Ferrari und nutzt freie Stunden bei Turnieren zum Lesen guter Bücher. Seine Amateurzeit beendete Darren Clarke mit Handicap plus 4 und zeigte schon im zweiten Jahr als Pro, dass er keine Bange vor Rekorden hat: In Monte Carlo beendete er 1992 eine Runde mit 60 Schlägen und wiederholte dieses Kunststück als bisher einziger 1999 bei der European Open. Als ständige Erinnerung an diese Rekorde trägt das Nummernschild seines Ferraris die Kombination DC 60. Auch in Eichenried hat er 1992 bei den vierten BMW International Open beeindruckt, als er mit seiner62er-Runde einen weiteren seiner insgesamt sieben Platzrekorde aufstellte. Sein Gesamtscore von 270 reichte dann am Schluss jedoch nur zum (mit vier anderen) geteilten neunten Rang in St. Eurach. Clarke kann zudem in einigen Bereichen mit Tiger Woods konkurrieren. So ist er der einzige neben Woods, der mehr als eine der World Golf Championships gewann und im direkten Vergleich eines Lochspiels hat er die Nummer eins im 36-Löcher-Finale der Accenture Match Play Championship 2000 in Kalifornien besiegt. Eine weitere Gemeinsamkeit: Auch Clarke hat eine Stiftung unter seinem Namen ins Leben gerufen, die helfen soll, die Nachwuchsförderung im Golf in seiner Heimat voran zu bringen.

John Daly, der Amerikaner,will den Europäern das Leben wieder schwer machen. 2001 beendete er mit seinem Sieg in Eichenried eine lange Durststrecke (Foto: Foto: AP)

John Daly, 38, USA, Turniersiege: 13, davon zwei Majors: US PGA Championship 1991, British Open 1995, Weltrangliste: 57, Karriere-Preisgeld: ca. 7 Mio. Euro. Daly hat sich 2001 in die Siegerliste der BMW International Open eingetragen, 2002 spielte er sich auf den geteilten zehnten Rang, im vergangenen Jahr scheiterte der 38- jährige Kalifornier am Cut, konnte jedoch später im Jahr doch noch einen Erfolg feiern: Er gewann die Kolon Korean Open. In diesem Jahr war Daly auf der PGA Tour bereits erfolgreich mit seinem Sieg beim Buick Invitational. Seine Position in der US Money List verdeutlicht die unterschiedlichen Einkommensmöglichkeiten zwischen USund Eurotour:Mit rund 1,6 Millionen Dollar liegt Daly auf Rang 20, der 20. in Europa, Ian Poulter, hat etwa ein Drittel auf seinem Preisgeldkonto.

Lee Westwood, Titelverteidiger, 31, England, Turniersiege: 25, Weltrangliste: 43, Karriere-Preisgeld: ca. 10 Mio Euro. Im Jahr 2000 wurde über Lee Westwood nur in Superlativen gesprochen und geschrieben: Erster Europäer mit mehr als drei Millionen Euro Preisgeld in einem Jahr, Einstellung des "ewigen Rekords" mit sechs Siegen in einem Jahr auf der Euro-Tour (ein weiterer kam mit der Cisco World Match Play Championship dazu), Westwood galt als ernster Konkurrent von Tiger Woods. Doch dann - wie abgeschnitten. Fast drei Jahre wartet er auf einen weiteren Sieg, bis er am 31. August 2003 in Eichenried endlich wieder ganz oben auf das Treppchen steigen konnte. Einen weiteren begehrten Titel holte er sich noch gegen Ende der Saison bei der Dunhill Links Championship in Schottland. 2004 hat er zwar noch nicht gewonnen, war jedoch bei der Smurfit European Open im K-Club bei Dublin ganz dicht dran mit dem zweiten Platz. Und auch bei der British Open in Troon hat er an der Siegerpforte angeklopft, der vierte Rang brachte ihm seinen größten Scheck bisher mit rund 314.000 Euro. Am 18. Juli war Westwood 14. der Order of Merit mit rund 750.000 Euro, ein Sieg in Eichenried könnte ihm also durchaus noch ins Ryder Cup Team verhelfen.

Nick Faldo, 47, England, Turniersiege: 39, davon drei Mal US Masters, drei Mal British Open,Weltrangliste: 48, Karriere-Preisgeld: knapp 10 Mio Euro. Nick Faldo und Bernhard Langer haben viel gemeinsam: Ihre Geburtstage liegen nur rund einen Monat auseinander, sie sind im selben Jahr ins Profilager gewechselt, beide haben ihren Beruf sehr ernst genommen und stetig an sich gearbeitet. Faldo allerdings hat seit 1997 nicht mehr gewonnen, die Tourkarte hat er noch, weil sein Sieg beim US Masters von 1996 ihm das Spielrecht für zehn Jahre gesichert hat. Man darf sehr gespannt sein, wann Nick Faldo den Ruf zum Ryder Cup Captain erhalten wird.

Alexander Cejka, 33, Deutschland, Turniersiege 11, Weltrangliste: 68, Karriere-Preisgeld: ca. 6 Mio. Euro. Wo der Schwerpunkt für Cejka liegt, lässt sich am besten ablesen an seiner Statistik für dieses Jahr: 22 Turniere gespielt bis zum 18. Juli, davon 20 in den USA, zwei auf der European Tour, beide Male unter den Top 20. Die BMW Asian Open beendete er als 14., in St. Leon Rot wurde er im Mai Neunter. Nachdem er im vergangenen Jahr erst auf der Zielgeraden von Lee Westwood überholt und "nur" Zweiter wurde, würde es ihm selbst und seinen Chancen auf eine Wildcard von Bernhard Langer gut tun, hier in diesem Jahr zu gewinnen.

Marcel Siem, 24, Deutschland, Turniersiege: 1, Weltrangliste: 146, Preisgeld: ca. 900 000 Euro. Mit sechs Jahren begann Marcel Siem Golf zu spielen, und er hatte bereits mit 14 ein Handicap von +1. Als er nach der Mannschafts-WM 2000 in Bad Saarow ins Profilager wechselte, lag seine Vorgabe bei +6! In diesem Jahr hat Siem bereits zwei Ziele erreicht: Er hat sein erstes Turnier gewonnen, die Dunhill Championship in Johannesburg, und er wollte unbedingt mehr als 400.000 Euro gewinnen. Das ist ihm dank weiterer drei Top-Ten-Platzierungen auch bereits im Juli gelungen. Sein 29. Rang in der Order of Merit nach der Scottish Open lässt aber wenig Hoffnung auf einen Platz im Ryder Cup Team.

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