golf spielen:Kleine Golftierkunde

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Folge 5: Loblied dem Watschelgründler

Von Bernd Müllender

Arme, ignorierte Ente. Sie kommt auf unseren Golfplätzen so häufig vor wie Dogleg, Eagle oder Rabbit, und dennoch erfährt gerade dieses Spiel begleitende Wesen seit jeher besonders wenig Aufmerksamkeit. Schon die beiden nächsten Verwandten aus der Familie der Entenvögel (lateinisch Anatidae) haben eine deutlich bessere Reputation: Der majestätische Schwan steht für Eleganz und Erstaunen ("Mein lieber Sch."/Lohengrin), ist Mittelpunkt mannigfaltiger Dichtkunst, Alter Ego von Gottvater Zeus beim Seitensprung mit Leda und hat sogar einen eigenen See. Oder die Gans: Sie hat uns Gustav, Gänsemarsch und Gänsehaut geschenkt und konnte, quasi als Wachhund unter den Gefiedergeschöpfen, durch ihr kapitales Geschnatter schon ganze Städte retten (Rom).

(Foto: Foto: DPA)

Nicht so Frau Ente und Herr Erpel. Sie gelten als harmlos und plump, bieder und unbedarft. Im Pressewesen steht die Ente für einen kapitalen Bock, ein klappriges Auto heißt nach ihr, ein Sprichwort ("Enten können nur schnattern") verhöhnt sie genauso wie die Anrede "Du lahme E." Gut, Kinder füttern sie leuchtwangig, Mütter fahren instinktsicher auf ihre Knopfaugen ab und auf romantischen Biedermeier-Kitsch mit Entenbildchen auf Tassen, Taschentüchern, Gemälden. Aber sonst: Helden sind Enten (außer Fußballlegende Ente Lippens) nur im Zeichentrick. Und selbst Donald Duck neigt zum Tölpeltum.

Enten stehlen keinen Ball. Schon Brehm rühmte ihre Gutmütigkeit.

Die Missachtung liegt auch am langweilig häufigen Vorkommen der verbreitetsten Unterfamilie Stockente (Anas boschas). Dabei haben die Zahnschnäbler, wie die elfte Ordnung der Vogelwelt heißt, einiges zu bieten. Sie sind Allrounder der Fortbewegung, wie der Golfer gern Allrounder der Schlagtechniken wäre. Ihrem Wesen eigen ist das emsige Gründeln ("Schwänzchen in die Höh") und den Tauchenten eine fast marathoneske Jagdkunst unter Wasser. Zu Lande haben Enten ihre eigene Fortbewegungstechnik, die sie watscheln nennen. Gleichzeitig sind sie prima Flieger - mit bis zu 110 Stundenkilometern fliegen sie manchem Golfball davon. Sie tun das "unter pfeifendem, rauschendem und klingelndem Getöne", das der Naturfreund Alfred Brehm einst lobte.

Bei ihrer "lebhaften Begattungslust", beobachtete Brehm, überschritten sie nicht selten "die Grenzen der geschlossenen Ehe". Hieße heute: Die polygamen Vögel tun es gern, meist im Wasser übrigens - "durch Entfaltung eigentümlicher Schwimmkünste eingeleitet und mit vielem Geschrei begleitet". Brehm wusste auch ihr Dasein als Kulturfolger zu loben: Enten zeigten "sich bald höchst zutraulich", vor allem "wenn ihrer Gefräßigkeit abseiten des Menschen Vorschub geleistet wird": heißt, wenn wir ihr reichlich Speiseabfälle zuwerfen.

In heimischen Fairwayräumen leben Anatidae und Homo Sapiens Schwingens in friedvoller Symbiose, weil räumlich meist getrennt. Die einen tummeln sich im Wasserhindernis, die anderen bemühen sich, die gelb- und rotbepflockten Nasszonen panisch zu meiden. Wohl kann es akustische Probleme geben, wenn ein Trupp Ententiere losschnattert und der nervenschwache Golfer seinen Putt vorbeischiebt. Manchmal überschneiden sich die Wege, wenn der Golfer seinen Ball ins Entenland schlägt. Das kostet hier Punkte und dort Ruhe. Oder die Ente watschelt über die Randgebiete ihrer Zone, weil sie zu wenig weiß von des Grüns Heiligkeit. Indes darf der Golfer ihre Stoffwechselendprodukte wegfingern, sind sie doch klassisch loser Naturstoff.

Männchen und Weibchen sind meist verschieden gefärbt. Der Stockerpel hat ein buntes Prachtkleid mit grün-glänzendem Kopf, Füße leuchtend orangerot, Schnabel gelb. Das Weibchen ist bieder braun, damit es beim Brüten, oft im Droppingbereich der Wasserhindernisse, gut getarnt ist. Nur die Ente sagt "quaak, quaak", Erpel geben ein zischelndes "räb" von sich. Biologen rühmen sein phantasievolles Balzverhalten, das "einleitende Schütteln", die "Grunzpfiffe" und das "Nickschwimmen". Anbaggern der Entenbraut heißt "Räb-Palaver".

Schon Brehm wusste der Enten "Gutmütigkeit, Verträglichkeit und den Hang zur Geselligkeit" zu lobpreisen. Kein Wunder, dass sie das Golfspiel in ihrer Nachbarschaft tolerieren. Deshalb stehlen sie auch keine Bälle wie die freche Kollegin Krähe (siehe Heft 2/2004). Ente gut, alles gut.

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