Fürths Stephan Schröck:"Ich habe nie so eine Atmosphäre erlebt"

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Eine außergewöhnliche Reise: Stephan Schröck, Nationalspieler der Philippinen, über Fußball in Nordkorea - und 250 Dollar für 50 Megabyte.

Interview von Johannes Kirchmeier

SZ: Herr Schröck, Sie haben mit der SpVgg Greuther Fürth am vergangenen Spieltag in der zweiten Bundesliga 0:5 gegen den VfL Bochum verloren. Da ist es doch ganz schön, wenn man erst einmal auf Länderspielreise gehen darf, oder?

Stephan Schröck: Oh ja! Für mich war es auf jeden Fall schön, dass ich auf Reisen gehen durfte. Bis dato war ein 1:5 mit den Philippinen gegen Usbekistan die höchste Niederlage meiner Karriere - und dann kam das Bochum-Spiel. Bei dem ich ja auch nicht unbedingt geglänzt habe.

Anders als jetzt in Nordkorea, wo Sie mit der Nationalmannschaft der Philippinen zu Gast waren und beim 0:0 überraschend einen Punkt geholt haben.

Die Nordkoreaner waren überlegen, aber wir haben die Null gehalten. Nordkorea ist uns in der fußballerischen Entwicklung um einiges voraus. Für den Großteil von uns war es auch das erste Mal, dass wir vor so einer großen Kulisse gespielt haben.

41 000 Menschen haben sich das Spiel im Kim-Il-Sung-Stadion in Pjöngjang angeschaut. Wobei natürlich in Nordkorea nicht sicher ist, ob die alle aus eigenem Antrieb da waren. Wie sah es im Stadion aus?

Ob die freiwillig da waren, kann ich nicht beurteilen. Wir sind etwa zwei Stunden vor dem Spiel eingetroffen, da war das Stadion schon voll. Auf der Haupttribüne saßen die Parteigrößen, gegenüber das normale Fußvolk, wenn man so will. Und das war so angezogen, dass es im Ganzen gesehen die Nordkorea-Flagge ergeben hat. So etwas erlebt man nicht mal in der Bundesliga.

Tatsächlich?

Ich habe ja das Vergnügen gehabt, zwei Jahre erste Liga zu spielen, habe aber noch nie so eine Atmosphäre erlebt - und die werde ich in meiner Karriere wohl auch nicht mehr erleben. Während des Spiels hat man bei der unglaublichen Geräuschkulisse sein eigenes Wort kaum verstanden.

Waren Sie darauf vorbereitet?

Wir hatten in etwa eine Idee, was auf uns zukommt. Aber dass es so laut und so wahnsinnig voll sein würde, damit hat keiner gerechnet.

Was unterscheidet ein Spiel in Nordkorea noch von einem Spiel in der Bundesliga? Kann man den Rasen vergleichen?

Wenn man nach Asien reist, schauen die Plätze generell eher schlecht aus. In Nordkorea gab es einen Kunstrasen. Der war aber auch schon ein paar Jahre alt. Statt schönem Granulat war das eher ein Teppich, der auf Beton verlegt war. Der Platz war also richtig hart. Aber zum Kicken hat's gereicht.

Wie stand es um die Sportlernahrung? Die Essensversorgung in Nordkorea soll ja nicht gut sein.

Etwas eintönig war es natürlich. Wir haben im Hotel jeden Tag dasselbe bekommen, aber das war schon in Ordnung.

Was gab's denn?

Reis, Hühnchen und eine Auswahl an Salaten. Das war okay für uns.

Sie waren zum ersten Mal in Nordkorea. Wie haben Sie das Land erlebt?

Alles war sehr aufgeräumt. Im Prinzip habe ich mir so die DDR vorgestellt. Also nach dem, was ich dazu so gehört und gelesen habe. Wenn wir im Bus zu den Trainingseinheiten gefahren sind, haben wir kaum Leute auf den Straßen gesehen - und wenn, sind sie alle hintereinander gelaufen ( lacht). Wir haben einmal in der Lobby auf den Bus gewartet. So fünf, sechs Minuten. Da standen auch Soldaten in Reih' und Glied. Die sind alle hintereinander hergelaufen und im Dreieck marschiert, ohne ersichtlichen Grund.

Haben Sie herausgefunden, wieso?

Es war wohl wegen des großen Feiertages am 10. Oktober: des "Tages der Gründung der Partei". Ganz Pjöngjang hat sich darauf eingestimmt. Auf den Plätzen standen tausende Erwachsene und Kinder mit nordkoreanischen Fähnchen, die alle dasselbe anhatten und Choreografien geübt haben.

Konnten Sie von dort aus mit der Heimat kommunizieren?

Nein, das war schlecht. Wir hatten kein Signal mit den Handys, und das Internet war unglaublich teuer: Ein Zeitungsreporter von den Philippinen hat 250 Dollar für 50 Megabyte Datenvolumen bezahlt. Der konnte sich vielleicht mal ein paar Bilder runterladen, und dann war's das.

Als Nationalspieler der Philippinen war es ja nicht Ihre erste ungewöhnliche Länderspielreise. Wie macht Ihr Körper die vielen Trips mit?

Dieses Mal war es schon sehr extrem. Ich war 28 Stunden nach Nordkorea und dann noch einmal 17 Stunden nach Bahrain zum nächsten Spiel unterwegs, so lange war es noch nie. Aber ich mache es ja, um für mein Land zu spielen - und das ist das Schönste und Ehrlichste, was es im Fußball gibt.

Ihre Mutter ist Filipina. Sie sind in Schweinfurt geboren, haben Jugendländerspiele für Deutschland gemacht. Haben Sie nicht mal davon geträumt, für die deutsche Nationalmannschaft zu spielen?

Doch, sicher. Ich habe die Zeit in der Jugendnationalmannschaft sehr genossen. Wenn es für mehr gereicht hätte, hätte ich natürlich gerne für Deutschland gespielt.

Andererseits wären Sie dann nicht nach Nordkorea gekommen.

(lacht) Das stimmt natürlich auch wieder. Das werde ich nicht vergessen. Es war schon einzigartig.

© SZ vom 14.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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