Frauenfußball:Abschied von der Titelsammlerin

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Unter ihr gewannen die deutschen Fußballerinnen zwei EM-Titel, Bronze bei Olympia und wurden Weltmeister. Jetzt geht die Ära der Frauen-Bundestrainerin Tina Theune-Meyer zu Ende - der DFB plant schon die Zeit danach.

Von Kathrin Steinbichler

Da ist es wieder. Dieses kleine, feine Lächeln, das Tina Theune-Meyers Augen umspielt, wenn die Bundestrainerin besonders amüsiert ist. Und das ist sie in diesen Tagen vor dem letzten Frauenfußball-Länderspiel des Jahres, keine Frage.

Titelsammler am Spielfeldrand: Nationaltrainerin Tina Theune-Meyer (3 v. li.) mit Betreuerinnen nach dem Gewinn der Europameisterschaft 2001. (Foto: Foto: dpa)

Das Training der Nationalmannschaft beim Berliner Traditionsklub BFC Dynamo - "wunderbar, fast kultig". Die Aussicht auf das erste Frauenfußball-Länderspiel in Berlin überhaupt - "tolle Sache, so mitten in der Hauptstadt".

Tina Theune-Meyer hat gute Laune, und daran kann weder die kurzfristige Absage des ursprünglich eingeplanten Gegners Ghana etwas ändern noch die öffentliche Spekulation über ihre Abschiedsgedanken.

Heute Nachmittag wird die Frauenfußball-Nationalmannschaft mit einem Testspiel gegen die Niederlande ihr Sportjahr beschließen (15 Uhr/live im ZDF). Und das war, wieder einmal, ein erfolgreiches: Nach der souveränen und vorzeitigen Qualifikation für die EM 2005 in England holten die Weltmeisterinnen von 2003 Bronze bei den Olympischen Spielen in Athen.

Danach, Anfang Juli, hatte Theune-Meyer das erste Mal davon gesprochen, ans Ende ihres Traineramts zu denken. "Hätten wir in Athen Gold geholt, hätte ich sofort aufgehört", sagt Tina Theune-Meyer. Am 31. Juli 2005, nach der EM in England, läuft ihr Vertrag mit dem DFB aus.

Und "ich habe schon immer gesagt: Wenn ich mal um die 50 bin, habe ich vielleicht die Chance, nochmal Dinge anzupacken, die ich vorher nicht anpacken konnte". Im November wird Tina Theune-Meyer 51, und ihre Augen blitzen vor Lebenslust.

Sie gewinnt zwei EM-Titel, Bronze bei Olympia - und die WM

Noch, sagt Tina Theune-Meyer, sind das nur Überlegungen, über die der Deutsche Fußball-Bund (DFB) schon lange informiert ist. "Da ist noch keine Entscheidung gefallen. Aber mein Vertrag läuft aus, da ist es doch verständlich, dass man sich Gedanken macht", sagt Tina Theune-Meyer.

Wer die Bundestrainerin kennt, weiß, wie ernst es ihr mit dem Wunsch nach neuen Herausforderungen ist. Mit Dingen, die ihr am Herzen liegen, geht Tina Theune-Meyer nicht leichtsinnig um.

"Meine Leidenschaft für den Fußball ist ungebrochen", beteuert sie, doch "der Bundestrainerberuf bedeutet für mich, sich ständig damit zu beschäftigen, von morgens bis abends, zu 100 Prozent. Ich mache das gerne, aber es gibt auch noch anderes im Leben."

Internationaler Konkurrenzdruck

Für den DFB bedeutet dieser Fingerzeig nicht nur, dass er vielleicht bald den zweiten Bundestrainerposten neu besetzen muss. Nach Jahren der Kontinuität und des Aufschwungs im deutschen Frauenfußball muss der DFB auch ein Konzept entwerfen, mit dem er der Modernisierung des Frauenfußballs und dem wachsenden internationalen Konkurrenzdruck in den nächsten Jahren begegegnen kann.

Seit Theune-Meyer vor acht Jahren von Gero Bisanz als erste DFB-Trainerin die Nationalmannschaft übernahm, holte sie mit Assistentin Silvia Neid nicht nur zwei EM-Titel, zwei Olympische Bronze-Medaillen und die Weltmeisterschaft. Bei der WM 2003 urteilte die Fifa: "Unter Tina Theune-Meyer zählen die deutschen Frauen zu den spielstärksten, taktisch klügsten und intelligentesten Nationalteams der Welt".

Jahrelang belächelt

Die Nationalmannschaft wurde professioneller, gleichzeitig baute die Bundesliga ihr spielerisches und infrastrukturelles Niveau aus. Seit diesem Jahr bietet eine Zweite Bundesliga weiteren Klubs und Nachwuchsspielerinnen hochklassige Wettkampfbedingungen. Gleichzeitig wuchs die Zahl der Aufgabenbereiche im Referat für Frauenfußball und in der Marketingabteilung des DFB.

Jahrelang belächelt, gilt der deutsche Frauenfußball seit dem WM-Gewinn als Qualitätsprodukt, das in Werbespots zur Hauptsendezeit über den Bildschirm flimmert. Wer auch immer einmal Tina Theune-Meyer nachfolgt - er oder sie wird diesem Anspruch gerecht werden müssen.

Doch neben Assistenztrainerin Silvia Neid haben bereits mehrere ehemalige Nationalspielerinnen wie Bettina Wiegmann, Maren Meinert oder Doris Fitschen die DFB-Fußballlehrer-Lizenz absolviert und Positionen im Verband übernommen. Das Potenzial der Frauen beim DFB ist auch an der Seitenlinie gewachsen.

Ihr Fachwissen will keiner missen

So gibt es Überlegungen, Nationaltorhüterin und DFB-Fußballlehrerin Silke Rottenberg in die Torhüterinnenausbildung einzubinden. Wie und wann auch immer Tina Theune-Meyer sich entscheidet - auf ihr Fachwissen wird der DFB auch in Zukunft nicht verzichten wollen. "Der DFB weiß sehr wohl, was er an Tina hat", sagt Pressesprecher Niels Barnhofer.

© SZ vom 14.10.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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