Frankfurt verliert 0:1:Harte Landung

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Die Eintracht rutscht am letzten Spieltag aus den internationalen Rängen. Um die Saison zu retten, bleibt nur noch die vage Hoffnung auf einen Coup im Pokalfinale gegen Bayern München.

Von Jörg Strohschein, Gelsenkirchen

Niko Kovac musste sich sichtlich Mühe geben, ein freundliches Gesicht zu bewahren. Schließlich hatte seine Mannschaft, Eintracht Frankfurt, nur wenige Minuten zuvor die Teilnahme am internationalen Wettbewerb verspielt, war vom siebten auf den achten Tabellenplatz abgerutscht. Das verdiente 1:0 (1:0) des FC Schalke 04 gegen die Hessen, nach einem sehenswerten Kopfballtreffer von S04-Angreifer Guido Burgstaller (26.), glich einem K.o.-Schlag in letzter Sekunde. Nahezu die gesamte Rückrunde hatten die Hessen darauf gehofft, international mitspielen zu können, zwischenzeitlich hatten sie sich sogar auf einen Champions-League-Platz vorgekämpft. "Natürlich bin ich enttäuscht. Ich bin Sportler, und wir sind alle ehrgeizige Menschen", sagte Kovac. Aber der 46-Jährige wollte sich diese Saison, in der er die Hessen in kaum für möglich gehaltene tabellarische Höhen getrieben hatte, nicht schlecht reden lassen. "Wir haben es nicht geschafft, aber man muss auch fragen: Wo kommen wir her?", sagte der Eintracht-Coach.

Aufwachen in der Realität: Kevin-Prince Boateng und seine Eintracht verpassen nach dem 0:1 auf Schalke die Ränge, die fürs internationale Geschäft qualifizieren. (Foto: Sascha Schürmann/AFP)

So versöhnlich wie sein Trainer ging Torhüter Lukas Hradecky, der die Hessen am Saisonende wohl in Richtung Leverkusen verlassen wird, eine Etage tiefer in der Gelsenkirchener Arena nicht mit seinem Team um. "Es war wie letztes Jahr. Es war eigentlich alles drin, aber es hat wieder nicht gereicht", sagte der 28-Jährige. Auch im vergangenen Jahr war die Eintracht zwischenzeitlich auf internationalem Kurs, ehe es am Ende sogar gegen den Abstieg ging. "Die erste Halbzeit war katastrophal, so haben wir in Europa nichts zu suchen", sagte Hradecky. Doch die Ursache für diesen deprimierenden Tabellenabsturz machte er nicht alleine am Spiel gegen den Ruhrgebietsklub fest, in dem die Hessen nach der Halbzeit vier Großchancen vergaben. "Die letzten sechs Wochen waren schlecht", urteilte der Torhüter und beschrieb damit einen Zeitraum, in dem der Wechsel von Trainer Kovac zu den Bayern bekannt gegeben worden war.

Niko Kovac' künftiger Klub droht der Eintracht innerhalb von sieben Tagen zweimal zu schaden

Die Kritiker im Umfeld der Frankfurter Eintracht, die früh einen Zusammenhang zwischen dieser speziellen Personalie und einem möglichen Leistungsabfall der Mannschaft vorausgesehen hatten, dürften sich spätestens am Samstagabend in Gelsenkirchen bestätigt gefühlt haben. Fredi Bobic versuchte das Scheitern dann noch irgendwie zu relativieren. "Wir haben ja nicht gegen Laufkundschaft gespielt, sondern gegen The Best of the Rest", sagte der Eintracht-Manager und versuchte, diese Niederlage einzuordnen und die Enttäuschung ein wenig abzumildern. Allerdings bleibt Kovac und seinem Team nur noch eine Chance, diese Saison doch zu einem guten Ende zu führen. Am kommenden Samstag tritt die Eintracht im DFB-Pokalfinale gegen den FC Bayern an. "Im Leben braucht man manchmal Glück. Vielleicht haben wir dann davon mehr als heute", sagte Kovac. Fortune alleine dürfte den Frankfurtern gegen die Münchner aber kaum helfen. Kovac' künftiger Klub könnte der Eintracht innerhalb von einer Woche alles nehmen: Frankfurt rutschte ja auch wegen der unerwarteten Münchner Niederlage gegen Stuttgart ab; und am kommenden Samstag in Berlin gilt der FC Bayern als hoher Favorit.

Reingeschaut: Schalkes Guido Burgstaller (M.) erzielt gegen Frankfurt das Siegtor zum 1:0. (Foto: Bernd Thissen/dpa)

Von einer solchen Anhäufung von Leid sind die Schalker derzeit weit entfernt. Die Welt des Zweiten ist derzeit eher rosarot. Selbst der Abschied von Leon Goretzka, der zu den Bayern wechseln wird und um den es viele Diskussionen und Kontroversen während der Saison gegeben hatte, war einigermaßen freundlich vonstatten gegangen. Außer ein paar Pfiffen gab es keine weiteren Unmutsbekundungen des Publikums. "Ich bin sehr glücklich über meinen Abschied", sagte der 23-Jährige. "In dieser Konstellation hätte ich mir nichts anderes wünschen können. Das zeigt die Größe der Schalker Fans."

Und auch in dieser Partie hatten die Schalker aufgrund ihres Engagements und ihrer disziplinierten Spielweise fast alle Argumente auf ihrer Seite. "Es fühlt sich gut an, wenn eine Mannschaft trotz Vize-Meisterschaft so zur Sache geht. Das spricht für sich", sagte Trainer Domenico Tedesco, der gemeinsam mit seinen Spielern noch lange nach Schlusspfiff gemeinsam mit den Fans feierte. "In erster Linie freut es uns, dass wir den Menschen, die diesen Verein so lieben, so viel zurückgeben konnten", sagte der 32-Jährige. Das klang als Fazit pathetisch. War aber völlig angemessen.

© SZ vom 13.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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