Frankfurt torlos gegen den HSV:Ganz viel enttäuschte Liebe

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Nach dem vierten sieglosen Spiel in Serie dreht sich die Stimmung bei der Frankfurter Eintracht gegen den dort einst gefeierten und sehr erfolgreichen Trainer Armin Veh.

Von Tobias Schächter, Frankfurt

Zuerst waren die Pfiffe nur leise im allgemeinen Gegrummel nach dem Schlusspfiff zu vernehmen. Als sich aber die Spieler der Frankfurter Eintracht nach diesem krampfigen Nullnull gegen den Hamburger SV ihrer Fankurve näherten, wurden die Pfiffe immer lauter. Geklatscht hat Freitagnacht ohnehin kaum jemand, die Leistung der Eintracht war einfach zu trostlos. Wieder einmal. Der HSV hatte es in der ersten Halbzeit versäumt, die verunsicherten Frankfurter noch tiefer in die Krise zu befördern. Die kleine Steigerung in Halbzeit zwei vermittelte dem Eintracht-Publikum aber auch keine Zuversicht, alsbald dem Abstiegskampf entkommen zu können.

Die Stimmung in Frankfurt bleibt eher schlecht, und viele hegen Zweifel, ob die Wende mit Trainer Armin Veh gelingen kann. Veh eilt der Ruf voraus, kein Trainer für den Kampf gegen den Abstieg zu sein. Einen positiven Lauf moderieren - ja, das könne er, heißt es. Aber gegen Widerstände ankämpfen? Beim VfB Stuttgart schmiss er vergangene Saison schon kurz nach Saisonstart hin, nachdem er das Gefühl hatte, der Mannschaft nicht weiterhelfen zu können. Noch einmal kann er sich das nicht leisten, in Frankfurt will der 55-Jährige beweisen, auch Krisen meistern zu können. Aber besitzt er dafür das Handwerkszeug?

Sorgenfalten auf der Stirn: Die Stimmung in Frankfurt dreht sich erstmals gegen den Trainer Armin Veh. (Foto: Arne Dedert/dpa)

"Wenn man Probleme hat, wird niemand besser"

Veh, das spürte man bei jedem Satz, ist tief im Innern gekränkt wegen der negativen Stimmung. "Wenn die Jungs nach diesem Spiel ausgepfiffen werden, dann verstehe ich das nicht", sagte er: "Das hilft keinem." Er ist bekannt dafür, dünnhäutig auf Kritik zu reagieren. Veh führte 2007, als er erstmals in Stuttgart war, den VfB zur Meisterschaft - er ist schon "ewig" dabei, wie er oft betont. Wahr ist aber auch: Außer den drei Jahren in seiner ersten Frankfurter Amtszeit (2011 bis 2014) gelang ihm nach dem Titelgewinn mit dem VfB nicht mehr allzu viel. Weder in Wolfsburg noch in Hamburg noch in Stuttgart.

Der kicker veröffentlichte am Donnerstag eine Statistik, nach der sich kein Eintracht-Spieler außer Mittelfeld-Mann Marc Stendera in dieser Saison verbessert habe. "Ich hab' doch gesagt: Wenn man Probleme hat, wird niemand besser", meinte Veh Freitagnacht. Aus den Worten von Veh sprach der Trotz des Unverstandenen. Der Augsburger wird nicht mehr geliebt in Frankfurt, das kränkt ihn. Schon beim Verlesen seines Namens vor dem Anpfiff gab es Pfiffe. In seiner ersten Amtszeit bei der Eintracht wurde er gefeiert, weil er den Klub nach langen Jahren mal wieder in den Europacup führen konnte. Dass er sich bei seinem Abschied jedoch despektierlich über die begrenzten Möglichkeiten der Eintracht geäußert hatte, verzeihen ihm viele Fans bis heute nicht.

Jetzt, in der Krise, hat er auch deswegen weniger Kredit als gedacht. Dabei hätte Veh die Entwicklung voraussehen können. Schon in Augsburg und in Stuttgart endete seine jeweils zweite Etappe in viel enttäuschter Liebe. Wiederholt sich nun in Frankfurt die Geschichte einer misslungenen Rückkehr an den Ort früherer Erfolge?

Die fünf Winter-Zugänge greifen noch nicht

Die Trainerfrage stelle sich nicht, sagt Manager Bruno Hübner. Doch auch Hübner steht in der Kritik. Fünf Neue kamen im Winter. Bisher deutete nur Offensivkraft Marco Fabian an, die Mannschaft besser machen zu können, gegen den HSV aber konnte sich der leichtgewichtige Mexikaner auch nicht durchsetzen. Der von der Hertha aus Berlin gekommene Änis Ben-Hatira schaffte es gegen den HSV nicht in den Kader. Der Ungar Szabolcs Huszti wirkt nach seinem Abstecher nach China in der Bundesliga überfordert, Rechtsverteidiger Yanni Regäsel (zuvor Hertha BSC) ist höchstens solide und Innenverteidiger Kaan Ayhan (zuvor Schalke) nur Ergänzungskraft. Und trifft Torjäger Alexander Meier einmal nicht, verströmt die Mannschaft kaum Torgefahr, im Mittelfeld fehlen Spielwitz und Kreativität, zudem befindet sich Rechtsaußen Stefan Aigner in einer epischen Formkrise. "Wir sind genötigt, Punkte zu holen", klagte Vorstandschef Heribert Bruchhagen. Aber wie? Vier sieglose, schwache Spiele vertrieben Selbstbewusstsein und Zuversicht.

Im Sommer 2015 war Armin Veh zum zweiten Mal nach Frankfurt gekommen, "um ein bisschen träumen zu können", wie er damals sagte. Im kaltnassen Februar 2016 geht es für die Eintracht nur noch darum, sich durchzuwurschteln, damit diese Saison nicht wie in einem Albtraum endet. Viele Fans glauben, Veh müsse abgelöst werden. Auf einem Betttuch hatten Eintracht-Anhänger den Namen des Trainers geschrieben, den Anfangsbuchstaben seines Nachnamens aber rot durchgestrichen und ein großes G darüber platziert. Holt die Mannschaft gegen Schalke, in Berlin und gegen Ingolstadt nicht einige Punkte, wird die Forderung "Armin Geh!" in Frankfurt noch lauter werden.

© SZ vom 21.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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