Formel 1:Gute Pointe

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Es war eine wirklich außergewöhnliche Saison. Dass sie am Ende einen Sieger hervorbringt, den lange niemand auf der Rechnung hatte, passt.

René Hofmann

Die Formel-1-Saison 2007 ist spannend gewesen, abwechslungsreich, bunt, packend, ausgeglichen, turbulent, voller Anekdoten, Geschichten, Dramen, aufgeheizt, wild diskutiert, angereichert mit Polizei-Possen und Gerichtsshows. Es war das Jahr eins nach Michael Schumacher. Der alte Meister geriet schnell in Vergessenheit. Kimi Räikkönen gewann gleich sein erstes Rennen für die Scuderia Ferrari. Lewis Hamilton, dem ersten schwarzen Stammpiloten, glückte mit 22 Jahren ein atemberaubendes Debüt. Fernando Alonso, der Titelverteidiger, geriet schnell in Bedrängnis. Schon beim vierten Rennen stritten er und Hamilton lauthals, wer der Bessere sei.

Es war ein Jahr das Zanks. Alonso und Felipe Massa gerieten zweimal aneinander, vor laufenden Kameras, die sämtliche Schimpfworte aufzeichneten. Es war auch ein Jahr der spektakulären Unfälle. Robert Kubica überlebte in Kanada einen Crash, der an einen Flugzeugabsturz erinnerte, mit einer Knöchelprellung. Räikkönen, der in Monza mit Karacho in die Leitplanken flog und Hamilton, dem auf dem Nürburgring Gleiches zustieß, schüttelten sich auch bloß kurz und stiegen wieder ein. Es war ein Jahr, in dem viel geschah, was kaum einer für möglich gehalten hätte. Vor dem Monaco-Rennen hatten die Ferrari Düngemittel im Tank, angeblich gestreut vom verbitterten, ehemaligen Chefmechaniker.

Es war das Jahr der Spionageaffäre. 780 Seiten voller geheimer Ferrari-Informationen fanden sich im Haus des McLaren-Chefdesigners. Der Ideenklau flog auf, als der mit Millionen entlohnte Spezialist seine Frau mit dem Packen in einen Copyshop um die Ecke schickte. Es gab zwei Verhandlungen vor dem Sportgericht, McLaren flog aus der Konstrukteurswertung und wurde zu einer Strafe von hundert Millionen Dollar verurteilt.

Es war das Jahr der unerwarteten Wendungen. Alonso, der im Januar mit hehren Versprechungen bei McLaren einzog, verlor die Freude an seinem neuen Team recht schnell- und terrorisierte es. Er versuchte, seinen Chef zu erpressen, er schalt ihn einen Lügner und gab den Kronzeugen in der Spionageaffäre. Auf der Strecke tat er alles, um seinen Teamkollegen klein zu halten. In Budapest behinderte er ihn beim Tanken, in Spa jagten die beiden nebeneinander in die sagenumwobene Senke Eau Rouge hinein. Ihr Duell prägte das Jahr, in dem es viele kuriose Rennen gab. Auf dem Nürburgring schlitterte ein halbes Dutzend Fahrkünstler im Regen von der Strecke, in Fuji wurde rund ein Drittel des Rennens hinter dem Safety Car absolviert. In China, wo sich ihm ein Matchball bot, leistete sich Hamilton den ersten Fehler.

Es war eine wirklich außergewöhnliche Saison. Dass sie am Ende einen Sieger hervorbringt, den lange niemand auf der Rechnung hatte, passt. Es ist eine gute Pointe.

© SZ vom 22.10.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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