Formel 1:Dritte Kraft! Aber...

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Nick Heidfeld und sein Team haben bei den ersten Formel-1-Rennen sich und die Gegner überrascht. Dennoch gibt es viele Probleme.

René Hofmann

Die Saison 2007 ist Nick Heidfelds achtes Jahr in der Formel 1. Dass er dieses ganz gewissenhaft an- gehen würde, war früh zu erkennen. An seinem Flugplan: Vom 22. bis zum 24.Februar testeten die meisten Teams auf der Insel Bahrain im Persischen Golf. Von dort flog Heidfeld direkt weiter nach Melbourne, wo am 18. März das erste Rennen stattfand. Ähnlich früh ist kaum ein anderer Pilot zum Saisonauftakt gereist, ähnlich viel hat sonst kaum einer zur Akklimatisierung getan. Der Einsatz lohnte sich. Beim ersten Kräftemessen wurde Heidfeld Vierter - eine feine Leistung, die er am Ostersonntag in Malaysia wiederholte. Die ersten Gewinner des Jahres eins nach Michael Schumacher stehen damit bereits fest: In der prestigeträchtigen Wer-ist-der-beste-Deutsche-Wertung hat Heidfeld Ralf Schumacher und Nico Rosberg den Rang abgelaufen. Sein BMW-Team hat sich als dritte Kraft etabliert.

Nick Heidfeld: zwei Top-Teams sind interessiert. (Foto: Foto: rtr)

Viel Wolfram im TF 1.07

,,Ich bin überglücklich'', sagt der 29-Jährige denn auch. ,,Wir sind in die Phalanx der Top-Teams eingedrungen'', konstatiert sein Chef, BMW-Sportdirektor Mario Theissen. Der Leistungssprung kommt nicht überraschend, aber er fällt unerwartet deutlich aus. Das Jahr 2006 hatte der Rennstall mit 36Punkten auf Rang fünf in der Konstrukteurswertung beendet, Heidfeld hatte 23 Zähler erreicht und Platz neun im Fahrerklassement. Für den Anfang war das nicht schlecht, hieß es dazu in der Firmenzentrale in München. Schließlich hatten sich die Motorenwerke erst im Jahr zuvor die Schweizer Firma Sauber einverleibt, bei der die Karosserien der Rennwagen entstehen. Die Formel 1 ist ein penibel geplantes Projekt. 2007 war der Anschluss an die Spitze geplant. 2008 sollen Siege aus eigener Kraft möglich sein. Der Titel steht für 2009 im Konzernplan.

Bisher geht das Konzept auf. Gründe dafür gibt es einige. Die Neuentwicklung, die den nüchternen Namen F1.07 trägt, ist gelungen. Der lange Radstand und die vielen Kilogramm Wolfram, die zur besseren Balance im Wagen verschoben werden können, weil der weit weniger als das vorgeschriebene Mindestgewicht wiegt, helfen, die neu eingeführten Einheitsreifen gut zu nutzen. Die Konstrukteure von Renault, Honda und Toyota haben das Rechenspiel weitaus schlechter gelöst. Zudem läuft der Formel-1-Windkanal von Sauber in Hinwil inzwischen im Drei-Schicht-Betrieb, so dass sich BMW bei der Weiterentwicklung inzwischen mit den Branchenführern Ferrari und McLaren messen kann.

Zudem kamen die Regeländerungen Nick Heidfeld entgegen. Der Mann, der seit diesem Winter einen Bart trägt, dreht behutsam am Lenkrad, was die klügste Art ist, mit den vergleichsweise harten Einheitspneus umzugehen. Vom ersten Testtag an ließ Heidfeld seinen Teamkollegen Robert Kubica schlecht aussehen. Der 22-Jährige, der mit seinem gelungenen Debüt im vergangenen Jahr für viel Furore sorgte, greift gerne beherzt ans Volant. Mit seinem arglosen Hau-Ruck-Stil brachte er Heidfeld zunächst arg in Bedrängnis, unter den neuen Voraussetzungen aber haben sich die Verhältnisse umgekehrt - was Heidfeld offensichtlich gut tut: Sowohl in Australien als auch in Malaysia zeigte er von Freitag bis Sonntag konstant so gute Leistungen, dass sein Manager eine Chance witterte, mit der Aussage, zwei Top-Teams seien hinter seinem Klienten her, den Poker um einen neuen Vertrag zu eröffnen.

Das zu erwartende Feilschen ist nicht das Einzige, was die Stimmung in der Equipe in den nächsten Monaten belasten könnte. Anders als bei anderen Teams, bei denen die Maxime gilt ,,Bloß kein kritisches Wort laut sagen!'', wird die Streitkultur bei BMW recht offen kultiviert. So waren weder Heidfeld noch Kubica darüber erfreut, dass sie bei den Tests an den Freitagen vor den Rennen abwechselnd 90 Minuten aussetzen müssen, damit der 19-jährige Sebastian Vettel Erfahrungen sammeln kann. Die beiden formulierten ihre Kritik so hartnäckig, dass Sportchef Mario Theissen nun ankündigte, die Regelung nach dem Großen Preis von Bahrain am kommenden Wochenende zu überdenken.

Auch mit einer anderen Entscheidung war zumindest Heidfeld nicht recht einverstanden. Als er beim Auftaktrennen nach Kubicas erstem Boxenstopp hinter den Teamkollegen geriet, der zu diesem Zeitpunkt mehr Benzin an Bord hatte und deshalb langsamer war, hätte sich Heidfeld eine Überholerlaubnis per Stallregie gewünscht, wie sie im Jahr zuvor einmal an Kubica ergangen war. Doch das Funkgerät blieb stumm.

Heidfelds Verhältnis zum Teamkollegen ist ohnehin nicht das Beste. Die Beziehung birgt Konfliktpotential. In Malaysia kamen sich die beiden erneut nahe. Am Start touchierte Kubicas Frontflügel Heidfelds rechtes Hinterrad. Der Deutsche konnte unbehindert weiterfahren, bei dem Polen aber war die Aerodynamik kaputt. Frustriert lenkte er seinen Wagen als Letzter ins Ziel. Er bekommt im Moment die geballte Ladung Pech ab. In Australien streikte das Getriebe, in Malaysia zickte das gleiche Teil erneut; hinzu kamen noch ein platter Reifen und ein Defekt am Funk. Die Strategie in der Qualifikation stimmte ebenfalls nicht. Die Boxencrew bestellte Kubica zu spät zum Reifenwechsel ein. So entging ihm ein besserer Startplatz als Rang sieben. Neben viel Freude haben die ersten beiden Auftritte dem Team deshalb noch einiges gebracht: Erkenntnisse, was nach wie vor fehlt.

© SZ vom 11.4.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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